Kommentar:Alles bleibt, wie es ist

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In Island trat die Regierung ab und im Herbst gibt es Neuwahlen. Das war eine Folge der Panama Papers, dem weltweiten Enthüllungsprojekt. Doch in Panama selbst bleibt alles, wie es ist. So darf es nicht weitergehen, auch Panama sollte Konsequenzen ziehen.

Von Ulrich Schäfer

Man hat es ja irgendwie geahnt: Panama will, allen Enthüllungen über Steuerhinterziehung, Geldwäsche und Korruption zum Trotz, wenig an seinem erfolgreichen Geschäftsmodell ändern. Will sich nicht verabschieden aus dem Kreis der bedeutendsten Steueroasen der Welt. Nachdem im April die Panama Papers publik geworden waren, taten die Regierung und die Ermittler in dem mittelamerikanischen Land eine Weile so, als seien sie bereit, den Geschäften ein Ende zu bereiten. 27 Stunden lang durchsuchten Staatsanwälte und Polizisten damals die Kanzlei Mossack Fonseca und beschlagnahmten bergeweise Akten; wenig später berief Staatspräsident Juan Carlos Varela eine hochrangig besetzte Kommission, die Vorschläge erarbeiten sollte, was sich ändern muss; und selbst zum internationalen Austausch von Steuerdaten sei man nun endlich bereit.

Manche argwöhnten schon damals: All dies ist nur eine große Show! Die Durchsuchung von Mossack sei nur für die Weltöffentlichkeit inszeniert worden - schließlich war einer der beiden Chefs, Ramon Fonseca, jahrelang ein persönlicher Berater des Staatspräsidenten. Und auch beim angestrebten Datenaustausch mit den Steuerbehörden anderer Länder ist bislang so gut wie nichts passiert.

Und was ist aus der Expertenkommission geworden, die das Finanzsystem reformieren soll? Sie gibt es nicht mehr, jedenfalls nicht in jener Form, mit der Präsident Varela einst die Welt zu beeindrucken versuchte. Denn die beiden wichtigsten Mitglieder der Kommission haben ihr Amt aus Protest niedergelegt: Joseph Stiglitz, der Nobelpreisträger für Ökonomie, und Mark Pieth, ein renommierter Schweizer Strafrechtsprofessor, der schon die Machenschaften beim Weltfußballverband Fifa untersucht hatte.

Panama darf mit seiner Strategie des Abwartens und Verzögerns nicht durchkommen

Der Rücktritt der beiden ist verständlich. Stiglitz und Pieth passte nicht, dass sich die Regierung von Panama massiv in die Arbeit der siebenköpfigen Arbeitsgruppe einmischen und ihr diktieren wollte, was sie veröffentlichen darf - und was nicht. Das lässt sich so gar nicht mit den hehren Worten vereinbaren, mit denen Varela im Frühjahr die Kommission mit Stiglitz und Pieth eingesetzt hatte: "Wir sind ein ernsthaftes Land, das sich an internationales Recht hält und mit der internationalen Gemeinschaft zusammenarbeitet", hatte der Präsident damals getönt. Ach, wirklich? Stiglitz warf der Regierung vor: "Panama wollte uns womöglich nur als Feigenblatt." Und Pieth erklärte: "Wenn man einen sauberen Finanzplatz will, ist Transparenz das oberste Gebot."

Um derlei Transparenz bemühen sich stattdessen eher andere Länder. Die oberste Finanzaufsicht des Bundesstaates New York verhängte, wie am Wochenende bekannt wurde, eine Geldstrafe von 180 Millionen Dollar gegen die Mega Bank aus Taiwan, mithin gegen ein Institut, das in enger Beziehung zu Mossack Fonseca stand; die Regierung in Taiwan kündigte daraufhin eigene Untersuchungen an. In Brüssel soll nach den Sommerferien ein Ausschuss des EU-Parlaments seine Arbeit aufnehmen und herausfinden, was sich in Europa aufgrund der Panama Papers ändern muss. Auch in Afrika werden seit Wochen immer neue Details aus den Panama Papers bekannt; die Dokumente zeigen, wie Politiker und Wirtschaftsführer sich auf Kosten ganzer Länder bereichern.

Nirgendwo aber haben die Panama Papers so viel bewirkt wie in Island: Der Ministerpräsident trat zurück; der Präsident erklärte daraufhin, er wolle erneut als Staatschef kandidieren, um dem Land die nötige Stabilität zu verleihen - und überlegte es sich dann anders, nachdem der Name seiner Frau bei mehreren Briefkastenfirmen auftauchte. Nun kommt es in Island zu vorgezogenen Neuwahlen, bereits im Oktober stimmen die Bürger über ein neues Parlament ab.

Und in Panama, dem Land, in dem das Geschäft von Mossack Fonseca seinen Ursprung hat? Dort wird sich nur etwas ändern, wenn die internationale Staatengemeinschaft den Druck erhöht - und zwar notfalls über Jahre hinweg. Panama darf mit seiner Strategie des Abwartens und Verzögerns nicht durchkommen. Gute Worte allein werden daran wenig ändern, das Land wird sich nur dann wandeln, wenn es ernste Konsequenzen befürchten muss und im schlimmsten Fall sogar Sanktionen drohen. Denn ein Staat, der sein Geld mit dem Geld reicher Menschen aus aller Welt verdient, wird am ehesten weich werden, wenn diesem Geld der Weg versperrt wird. Ein Druckmittel übrigens, das man auch gegen andere Steueroasen einsetzen sollte. Denn das Problem der Briefkastenfirmen ist ja nicht gelöst, wenn Panama sich ändert; es gibt viele Panamas auf dieser Welt. Zu viele.

© SZ vom 23.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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