Kohlevorkommen in Deutschland:Schwarzes Gold, schwarze Pest

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Zumindest einen Rohstoff hat auch Deutschland vorrätig: Kohle - leider ist er der falsche, denn er verschlechtert das Klima.

Michael Bauchmüller

Die Erdgeschichte hat es nicht gut gemeint mit Deutschland. In den für spätere Energiereservoirs entscheidenden Zeiten war hier Landmasse und nicht Meer, bevölkert nicht von Plankton, sondern von Wäldern. Und statt Öl und Gas entstand Kohle.

Eine Kohlehalde vor dem Bergwerk West im niederrheinischen Kamp-Linfort. (Foto: Foto: dpa)

Die aber, zumindest die Braunkohle, hat Deutschland reichlich. Für 428 Jahre könnten Deutschlands Braunkohleressourcen genügen, die unkompliziert förderbaren Reserven, meist im Rheinland und in der Lausitz, reichen zumindest für 36 Jahre.

Ein Viertel des deutschen Stroms kommt aus diesem fossilen Rohstoff, und die größte Baustelle des Landes ist ein neues Braunkohlekraftwerk: Im nordrhein-westfälischen Grevenbroich steckt der Energiekonzern RWE derzeit 2,2 Milliarden Euro in neue Blöcke. Nur hat der Reichtum einen Haken: Wie kein anderer Energierohstoff trägt die Braunkohle zum Klimawandel bei.

Lange egal, jetzt verpönt

Jahrzehntelang war das egal. Die Bagger buddelten im Tagebau in Ost und West reihenweise Dörfer weg, im Gegenzug brachten sie Arbeitsplätze und Strom: heimisch und billig.

Seit der Einführung des EU-Emissionshandels ist das vorbei. Seitdem hat jede Tonne Kohlendioxid, die einen Kraftwerksschlot verlässt, einen Preis. Wer bei der Stromerzeugung von der klimaschädlichen Braunkohle auf Gas umsteigt, kann sogar mitunter Geld sparen, obwohl Erdgas viel teurer ist als Braunkohle. Der Emissionshandel hat die Relationen zwischen den verschiedenen Brennstoffen gewaltig verschoben.

So stark, dass die Bundesregierung schon um die Investitionen in neue Braunkohlekraftwerke fürchtet. In ihren neuen Plan für den Emissionshandel, der von 2008 an gelten soll, schrieb sie deshalb üppige Ausnahmeregeln für neue Braunkohlekraftwerke. Nur: Die EU-Kommission ließ die Regeln nicht zu.

Brüssel kritisiert laxe deutsche Klimavorgaben

Zu lax, zu wenig ambitioniert seien die deutschen Vorgaben, beschied Brüssel. Nun könnte es vor allem für die Braunkohle härter werden. Künftig könnten die Kraftwerke weitaus weniger Emissionsrechte erhalten, als sie für die Stromerzeugung brauchen. Den Rest müssten sie zukaufen - was den heimischen Rohstoff weniger rentabel machen würde.

"Ein de facto Aus für die Braunkohle halte ich für nicht verantwortbar", schrieb SPD-Chef Kurt Beck kürzlich alarmiert an Bundeskanzlerin Angela Merkel. Selbst eine Klage gegen die EU-Kommission in dieser Sache gilt inzwischen nicht mehr als ausgeschlossen; sie allerdings könnte dazu führen, dass ausgerechnet der Klimavorreiter Deutschland nicht mehr am Emissionshandel teilnähme.

Nicht minder konfliktträchtig geht es bei der deutschen Steinkohle zu. Auch sie ist noch reichlich vorhanden, nur lässt sie sich nicht billig fördern. Kostet die Tonne Importkohle aus den USA oder aus China derzeit gut 60 Euro, kommt die Tonne in Deutschland für 150 Euro aus der Erde.

Milliarden-Subventionen für den Bergbau

Jährlich 2,6 Milliarden Euro Subventionen fließen deshalb an die verbliebenen neun Zechen in Nordrhein-Westfalen und im Saarland. Die Union will damit Schluss machen, bis spätestens 2018. Dann soll es keine deutsche Steinkohleförderung mehr geben.

Doch die Koalition liegt über Kreuz. Die SPD will zumindest einen "Sockelbergbau" erhalten. Das soll etwa deutschen Maschinenbauern nutzen, die weiterhin Bergbautechnik exportieren wollen. Möglicherweise spielt aber auch Landespolitik hinein: In Nordrhein-Westfalen sucht derzeit die kumpelfreundliche SPD nach einem Profil.

Ende kommender Woche soll sie einen neuen Landesvorstand wählen - da macht sich ein Steinkohle-Ausstieg schlecht. Ein für diesen Freitag angesetzter Kohlegipfel wurde eilends wieder abgesetzt. Der Börsengang der Ruhrkohle-Nachfolgerin RAG gerät zunehmend in Gefahr.

Zukunftsenergie Steinkohle?

21 Prozent des deutschen Stroms stammen aus Steinkohle, und es könnte noch mehr werden. Die meisten neuen Kraftwerksplanungen bauen auf Steinkohle auf - Steinkohle aus Übersee.

Der Klimawandel aber könnte sogar diese Planungen infrage stellen. "Wenn man deutlich Klimagase einsparen will, wird man den Mix verändern müssen", sagt Michael Bartels vom Kölner Energiewirtschaftlichen Institut. Es sei denn, es gäbe rechtzeitig Kraftwerke, die das Kohlendioxid abfangen und unterirdisch speichern können. Forschungen dazu laufen nicht nur in Deutschland.

Die EU will sogar nach 2020 neue Kraftwerke nur noch mit solcher Technologie sehen. "Wenn es in Zukunft eine Rolle für die Kohle geben soll", sagt Jennifer Morgan, Klimaexpertin des Londoner Energie-Thinktanks E3G, "dann muss sie klimafreundlich sein."

© SZ vom 11.01.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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