KNV-Insolvenz:Buchfreunde unter sich

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Buchfans müssen vorerst nicht befürchten, dass ihre Buchhandlung nicht mehr beliefert wird. (Foto: Jan Woitas/dpa)

Beim insolventen Zwischenhändler KNV zeichnet sich eine brancheninterne Rettung ab. Ein externer Investor ist offenbar nicht erwünscht.

Von Dieter Sürig, München

Wenn an diesem Donnerstag die Leipziger Buchmesse öffnet, wird dort auch der Großhändler Koch, Neff und Volckmar (KNV) vertreten sein. Dass der größte Zwischenbuchhändler der Republik Mitte Februar wegen Überschuldung einen Insolvenzantrag gestellt hatte, hat die Branche aufgeschreckt. Würde das 1829 gegründete Unternehmen aus Stuttgart mit 1800 Beschäftigten seinen Geschäftsbetrieb einstellen müssen, wäre damit die Belieferung Tausender Buchhandlungen in Deutschland betroffen. Verlage müssten fürchten, kein Geld mehr für ihre bereits ausgelieferten Bücher zu bekommen. Das könnte insbesondere für kleinere Verlage existenzbedrohend sein, die bereits jetzt um ihr Geld für Bücherauslieferungen bis zum Insolvenzantrag bangen müssen.

Es gibt aber Hoffnung, der Betrieb des Großhändlers ist mit Insolvenzgeld zunächst bis Ende April gesichert. Der vorläufige Insolvenzverwalter Tobias Wahl erstellt gerade ein Gutachten und ist optimistisch, dass er KNV retten kann. In der Branche selbst scheint sich die Erkenntnis durchgesetzt zu haben, dass KNV mit seinem Barsortiment und dem riesigen Logistikzentrum in Erfurt systemrelevant ist und gerettet werden muss. Nach SZ-Informationen wollen wichtige Player der Branche eine branchenfremde Lösung unbedingt verhindern und sich notfalls selbst engagieren, um ein Stück Kulturgut zu bewahren. Dazu könnten Logistiker und große Verlage, aber auch Zwischenbuchhändler wie Libri gehören.

Mit seiner Präsenz in Leipzig will KNV jedenfalls zeigen, dass die Branche noch mit den Stuttgartern rechnen kann. "Gerade aus unserer derzeitigen Situation heraus wollen wir ein klares Signal in Richtung Zukunft setzen", sagt KNV-Vertriebschef Jürgen Klapper. Auch der vorläufige Verwalter Wahl reist nach Leipzig und will die Branche dort während einer Veranstaltung informieren. Nachdem er sich in den vergangenen Wochen in der Branche umgeschaut hat, ist er recht positiv gestimmt, eine Lösung finden zu können. Er ist jedenfalls voll motiviert: "Die KNV-Gesellschaften haben im Buchmarkt eine besondere Stellung, denn sie sind das unersetzliche Scharnier zwischen den Verlagen und dem Bucheinzelhandel", sagt Wahl. Er rechnet damit, dass das Amtsgericht Stuttgart das Insolvenzverfahren der sieben KNV-Gesellschaften Anfang Mai eröffnen wird. "Ab diesem Zeitraum werden die Löhne und Gehälter der Mitarbeiter aus den eigenen Mitteln der Gesellschaften bezahlt."

Wahl geht davon aus, "dass dabei der Betrieb und die Fortführung der KNV-Gesellschaften gesichert sind". Der Geschäftsbetrieb werde "uneingeschränkt und im gewohnten Umfang" weiterlaufen, verspricht der Insolvenzverwalter. Um einen Zusammenbruch des Systems zu verhindern, "hatten die Geschäftsleitung und ich umgehend mit den Lieferanten und den Verlagen Gespräche geführt, um die weitere Belieferung sicherzustellen - mit Erfolg." Der Rechtsanwalt aus Stuttgart hat allerdings auch bereits durchblicken lassen, dass sich KNV wohl nicht aus eigener Kraft wird sanieren können - Geldgeber sind also unbedingt nötig.

"Wir haben keine Veranlassung, eine Alternative zu suchen."

Ob Wahl bereits Gespräche mit potenziellen Investoren führt, will er nicht verraten. Der Verkaufsprozess sei streng vertraulich. Sein Ziel: "Als Insolvenzverwalter der KNV-Gesellschaften strebe ich den Erhalt und die Fortführung der KNV-Gruppe möglichst als Ganzes an." Unter Druck setzt er sich nicht, es gebe keine Deadline, bis zu der er einen Investor gefunden haben muss. Wahl hat in der Branche anscheinend die richtigen Voraussetzungen für eine Rettung von KNV vorgefunden. Nach der Verunsicherung sei "das Vertrauen wieder hergestellt, und die Belieferung von KNV findet wieder statt", sagt er. "Ich habe selten so eine Verbundenheit und Treue sowie auch Solidarität in einer Branche gesehen."

Dort wird der Optimismus bestätigt. Hartmut Falter, Chef der Aachener Buchkette Mayersche, die demnächst mit Thalia zusammengeht, will KNV weiter unterstützen: "Wir haben keine Veranlassung, eine Alternative zu suchen und gehen davon aus, dass die sich wieder stabilisieren". KNV ist seit acht Jahren der Hauptlieferant der Mayerschen mit 55 Filialen. Falter zufolge ist es auch noch unklar, ob sich an der Logistik des Buchhändlers etwas ändert, sobald das Kartellamt die Fusion mit Thalia genehmigt. Abgesehen davon ist ihm um die Zukunft von KNV nicht bange. "Es gibt wohl genügend Interessenten, die bereit sind, KNV weiter zu betreiben. Einen Plan B muss er trotzdem in der Schublade haben, ohne Details zu nennen. "Es gibt ja nicht so viele Optionen - das sind nur Szenarien, die wir durchspielen müssen, für den Fall, dass KNV ausfällt", sagt er.

Der Börsenverein des deutschen Buchhandels, der seine Mitglieder seit dem Insolvenzantrag von KNV mit Informationsveranstaltungen und Leitfäden eng begleitet, ist ebenfalls guter Dinge. "Wir sind optimistisch, dass in den kommenden Monaten Lösungen gefunden werden können, um das Unternehmen zu erhalten", sagt Hauptgeschäftsführer Alexander Skipis. Die Lieferkette sei sichergestellt, weil Tobias Wahl den Verlagen "sehr hohe Sicherheiten" biete. Er könne ihnen "praktisch garantieren, dass sie dafür bezahlt werden". Mit der ersten Gläubigerversammlung rechnet Wahl im Frühsommer. Dort werde er auch über die wirtschaftlichen Daten und die Gründe für die KNV-Insolvenz berichten.

© SZ vom 21.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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