Keine Rente mit 67:Amtsangemessen in Pension

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Es ist eine bizarre Nachricht aus dem Berliner Reformzirkus: 15.000 Beamte der früheren Bundespost, die heute bei Telekom, Post und Postbank arbeiten, sollen vom 55. Lebensjahr an vorzeitig in den Ruhestand geschickt werden.

Nikolaus Piper

Das will das Fiannzministerium per Gesetz in einer Zeit erlauben, in der Arbeitsminister Franz Müntefering (SPD) für Arbeitnehmer von 2012 an schrittweise die Rente mit 67 einführen will. Das Gesetz ist vom Mai, Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat es jetzt in einem Brief an den Bundesrat als "besonders eilbedürftig" bezeichnet.

Einfach entspannen - das können bald 15.000 Beamte der eheamligen Bundespost (Foto: Foto: dpa)

Die Deutsche Post will von dem Gesetz gar keinen Gebrauch machen, daher geht es ausschließlich um die Telekom. Dort sollen bis Ende 2008 rund 32.000 Mitarbeiter gehen, unter ihnen 10.000 Beamte, und davon wiederum 7000 in den Vorruhestand. Der Bonner Konzern beschäftigt allein in der Festnetzsparte T-Com etwa 47.000 Beamte. Die Kosten der Aktion trägt ausschließlich die Telekom.

Hochqualifizierte Fernmeldetechniker

Mit Hilfe des Gesetzes könne die Telekom ihre Ertragskraft erhöhen, erklärte das zuständige Finanzministerium. Außerdem geht es um Ost-West-Balance. Hätte der Konzern nur Angestellte in den Vorruhestand geschickt, wären fast ausschließlich die neuen Bundesländer betroffen gewesen - dort gibt es praktisch keine Postbeamten. Aber warum hat man nicht das Nächstliegende getan, nämlich die Beamten woanders beschäftigt? Schließlich handelt es sich häufig um hochqualifizierte Fernmeldetechniker, die sich sicher auch in andere Tätigkeiten einarbeiten können. Die Telekom hat in dieser Hinsicht Erfahrung: Bereits heute arbeiten 15000 ehemalige Postmitarbeiter - Beamte, Angestellte und Arbeiter - bei der Beschäftigungsgesellschaft Vivento. Diese hat schon Beamte an ostdeutsche Arbeitsagenturen geschickt, um das Chaos bei der Hartz-IV-Einführung zu bewältigen.

Auch anderswo fand man Lösungen. Thilo Sarrazin (SPD), der Finanzsenator von Berlin, hat 2004 einen Stellenpool eingerichtet unter der Bezeichnung Zentrales Personal-Überhangsmanagement (ZEP), dem derzeit 4500 Beamte und Angestellte zugeordnet sind. Aus diesem Pool hat der Senat 280 Mitarbeiter an die Arbeitsagenturen ausgeliehen. Bei der Bundestagswahl wurden Wahlhelfer abgestellt, wodurch der Senat zwei Millionen Euro einsparte.

Zufriedenheit bei den Betroffenen

Doch der Versetzung von Beamten auf ganz andere Stellen sind Grenzen gesetzt. Die neue Beschäftigung muss "amtsangemessen" sein, heißt es im Beamtengesetz. In Berlin hatte zum Beispiel 2004 eine Fernmeldeobersekretärin gegen ihre Versetzung geklagt, weil sie auf der neuen Stelle zur völligen Beschäftigungslosigkeit verurteilt war. Dies komme einer Zwangsbeurlaubung gleich und sei damit rechtswidrig, urteilte das Verwaltungsgericht Berlin (Aktenzeichen: VG 28 A 333.03).

Offensichtlich hat sich weder in Berlin noch bei der Telekom in Bonn jemand Hoffnung gemacht, für 10.000 Fernmeldespezialisten eine solche amtsangemessene Tätigkeit zu finden. Beim Bund fallen jedes Jahr ungefähr 1,5 Prozent der Beamtenstellen weg. Die Betroffenen sind zufrieden: "Ein gutes Gesetz für die Beschäftigten", sagt Horst Sayffaerth, stellvertretender Vorsitzender der zuständigen Gewerkschaft DPV Com im Beamtenbund.

© SZ vom 04.07.06 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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