Kampf um Marktanteile:Börsenkandidaten und Kannibalen

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Der weltweite Wettbewerb um Taxi-Fahrgäste nimmt teils skurrile Formen an.

Von Stefan Mayr, Stuttgart

Zum Beispiel Mexiko-City. 21 Millionen Einwohner, kaum funktionierende öffentliche Personenbeförderung, eine hohe Kriminalitätsrate und viele Menschen auf der Suche nach einem Job. Was für ein Riesenmarkt für Fahrdienstvermittler und Mobilitätsdienstleister. In diesem Jahr wird es dort zum Dreikampf der großen Namen kommen: Uber ist dort schon seit Jahren aktiv, dazu kommt das große chinesische Unternehmen Didi Chuxing, das Uber einst aus China verdrängt hat. Zusätzlich versucht auch eine Tochter des Daimler-Konzerns ihr Glück, die ihre Mission im Namen trägt: Beat. Das heißt auf deutsch "schlagen", und Chef Nikos Drandakis tönt: "Wir werden knallhart sein".

Mit einem kleinen Stück des Kuchens wäre er nicht zufrieden, betont er: "Wir wollen die Nummer zwei werden." In Deutschland ist Beat weitgehend unbekannt, aber in seiner Heimatstadt Athen sowie in den südamerikanischen Städten Lima, Santiago de Chile und Bogota ist die Marke etabliert. 2019 sollen Medellin und Calli (beide Kolumbien), Guadalajara and Monterrey (beide Mexiko) folgen. Insgesamt kündigt Drandakis "sechs bis acht neue Städte" an. "Und in zwei Jahren wollen wir in allen wichtigen Metropolen Lateinamerikas sein." Große Töne für einen, der seine Firma erst 2011 mit drei Freunden gegründet hat und 2014 schon einen Versuch in Mexiko City abgebrochen hat. Wegen Chancenlosigkeit. Doch danach kaufte sich die Daimler AG ein. Und jetzt kann es gar nicht schnell genug gehen.

Das Gerangel um die Marktanteile in den Riesenstädten spitzt sich zu, weltweit. Uber, Lyft, Didi, Grab, Gett, Ola, Mytaxi, Taxify, Easytaxi, CaoCao oder Moia heißen die Unternehmen, die in den Metropolen um Kunden kämpfen. Der Kampf verbrennt viel Geld, er ist kurzfristig fast ruinös. "Zur Zeit wird damit meist kein Geld verdient", sagt Automobilexperte Frank Biller von der Landesbank Baden-Württemberg, "aber die etablierten Hersteller müssen da reingehen, wenn sie weiter wachsen wollen".

Es gibt Banker, die den Wert von Uber sogar auf 100 Milliarden Euro schätzen

Auch Uber und Lyft schreiben Verluste, genau deshalb wollen sie sich neues Kapital holen. Und sie werden vor ihren Börsengängen extrem hoch bewertet: Uber mit 67 Milliarden Euro, Lyft mit 13 Milliarden Euro. Es gibt Banker, die Uber sogar auf 100 Milliarden Euro schätzen. Zum Vergleich: Der gesamte Daimler-Konzern inklusive Pkw- und Lkw-Produktion ist derzeit 50 Milliarden Euro wert.

Der Wettbewerb nimmt teilweise kuriose Züge an - wie etwa in London. In der englischen Hauptstadt ist Daimler-Tochter Mytaxi seit der Übernahme des dortigen Anbieters Hailo präsent. Wettbewerber sind Uber aus den USA und Ola aus Indien, die sich gegenseitig nichts schenken. Und das, obwohl Uber und Ola ein und demselben Großaktionär gehören: dem japanischen Finanzinvestor Softbank. Wie lange sich Softbank diesen Kannibalismus antun will?

All das klingt nach einer baldigen Konsolidierung des Marktes. Doch LBBW-Experte Biller erwartet, dass zunächst sogar noch neue Firmen in den Markt eintreten werden. "In näherer Zukunft dürfte mit innovativen Neugründungen zu rechnen sein." Erst "längerfristig" geht er dann von einer Konsolidierung aus. Wer am Ende die Nase vorne haben wird? "Der Markt ist massiv in Bewegung", sagt Biller, "heute ist schwer abschätzbar, wer das Rennen machen wird."

© SZ vom 08.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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