Kampf gegen Korruption:Auf den Spuren des Geldes

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Warum die Staatsanwaltschaften bisher häufig auf Anklagen gegen verdächtige Unternehmen verzichten.

H. Leyendecker und P.-A. Krüger

Beim Zollkriminalamt (ZKA) Köln kamen am 15.November 2005 etwa zwanzig deutsche Staatsanwälte zu einer Besprechung zusammen.

Im Rahmen des "Oil for Food"-Programms der Vereinten Nationen kam es immer wieder zu Unregelmäßigkeiten bei Auftragsvergaben. (Foto: Foto: AFP)

Das Auswärtige Amt hatte das Treffen angeregt; ein Beamter erläuterte Details der Untersuchung einer UN-Kommission über illegale Zahlungen von weltweit 2253 Firmen an das Regime des früheren irakischen Diktators Saddam Hussein, die kurz zuvor erschienen war. Sie stand im Zusammenhang mit dem Programm "Öl für Lebensmittel" - und listete die Namen von etwa 60 deutschen Firmen auf.

Nach und nach leiteten die Staatsanwaltschaften daraufhin Ermittlungen gegen die Firmen ein. Derzeit laufen in Deutschland wegen der Irak-Geschäfte Verfahren gegen Mitarbeiter von mindestens 43 Firmen, bei zwei weiteren prüft die Staatsanwaltschaft noch.

Allgemein bekannte Zahlungen?

Die Schwerpunkte der Ermittlungen liegen in Hessen und Nordrhein-Westfalen. In etwa zehn weiteren Fällen wurden die Verfahren eingestellt oder nicht eröffnet. Die häufigste Begründung: Die Schmiergeldzahlungen seien allgemein bekannt gewesen.

Von Oktober 2000 an hatte Saddam Hussein alle Ministerien verpflichtet, bei der Lieferung humanitärer Güter Aufschläge in Höhe von mindestens zehn Prozent zu verlangen. Das Geld wurde oft auf geheimen Wegen bar in den Irak gebracht.

Schon zum Treffen beim ZKA hatte ein Vertreter der Kölner Staatsanwaltschaft Kopien zweier Faxe einer UN-Organisation an eine deutsche Firma mitgebracht, die zumindest die Vermutung zuließen, dass die Praxis selbst UN-Mitarbeitern bekannt war. Die Kölner hatten daraufhin das Verfahren gegen eine rheinische Firma eingestellt.

Mittelständler und Konzerne betroffen

Die Fälle sind so unterschiedlich wie die Summen: Es geht in Deutschland um 4653 Dollar bis zu 790.344 Dollar. Die Strafverfolger ermitteln gegen Mitarbeiter bekannter deutscher Unternehmen wie DaimlerChrysler, Linde, Siemens, Fresenius Medical Care, Deutsche Babcock Services in Oberhausen und viele mittelständische Unternehmen.

Kenner merken beim Namen einer kleinen hessischen Firma auf: Eine Einsatzreserve der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt ermittelt auch gegen einen Mitarbeiter der Firma Karl Kolb aus Dreieich, die in den 80er Jahren im Verdacht stand, Anlagen zur Herstellung von Giftgas in den Irak geliefert zu haben.

Liste der deutschen Unternehmen, gegen die ein Strafverfahren wegen Bestechung eingeleitet wurde. (Foto: SZ-Grafik)

Der Name der Firma war deshalb zeitweise Symbol für deutsche Todeskrämer, selbst nachdem Firmen-Verantwortliche vor Gericht freigesprochen worden waren.

Lasche Prüfungen

Es gibt erste Hinweise auf die Vorgehensweise der Staatsanwaltschaften: Anklagen sind eher unwahrscheinlich, die Bestechung im internationalen Geschäftsverkehr wird vielfach nur noch theoretisch geprüft, da der Irak die Firmen "fast genötigt hat", so ein Bochumer Staatsanwalt.

Allerdings wird in einzelnen Verfahren auch in diese Richtung ermittelt. Aus Sicht der meisten Strafverfolger handelt es sich um Verstöße gegen Paragraph 34 des Außenwirtschaftsgesetzes, denn die zusätzliche Zahlung sei verboten gewesen.

Das Strafmaß lässt sich ahnen: In Bielefeld hat die Staatsanwaltschaft bei einem Verfahren gegen einen Mitarbeiter einer Firma aus Wickede einen Strafbefehl in Höhe von 200 Tagessätzen vorgeschlagen. Das Angebot ist akzeptiert worden.

Verfahrens-Einstellung gegen Geldbußen

Die Staatsanwaltschaft in Bochum hat zwei Verfahren gegen Zahlung von Geldbußen in Höhe von etwa 200.000 und 400.000 Euro abgeschlossen. Über die Höhe der Gewinnabschöpfung wird in allen drei Fällen noch diskutiert. In Koblenz stellte die Staatsanwaltschaft ebenfalls zwei Verfahren gegen geständige Mitarbeiter der KSB Aktiengesellschaft ein, die Berliner Ermittler wollen ein Verfahren gegen den Pharmakonzern Schering einstellen.

Einige Unternehmen bleiben konsequent bei der Darstellung, nur Provisionen an irakische Vermittler gezahlt zu haben. Andere bestreiten, überhaupt illegale Zahlungen geleistet zu haben und behaupten, die Verträge seien dennoch abgewickelt worden. Inzwischen deutet manches darauf hin, dass weitere Firmen mit einer Einstellung der Verfahren rechnen können.

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