Kaminöfen und Kachelöfen:Ausgebrannt

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Bundesweit 15 Millionen Öfen, amtlich "Feuerungsanlagen" genannt, sind nicht umweltfreundlich. Das Bundes-Umweltministerium plant strikte Abgasgrenzwerte für Kamin- und Kachelöfen.

Güven Purtul

Wer das Wort "Gemütlichkeit" hört, ist in Gedanken schnell bei Kaminen und Öfen. Im Wohnzimmer den prasselnden Flammen zuzuschauen und die bullige Wärme zu genießen, gilt vielen als Inbegriff der Entspannung. Zudem helfen die heimischen Feuerplätze dabei, angesichts steigender Öl- und Gaspreise Heizkosten zu sparen. Und sie schützen im Prinzip das Klima, denn Holz setzt beim Verbrennen nur so viel Treibhausgas frei, wie es als Baum aufgenommen hat.

Varer und Sohn schauen gleichermaßen fasziniert in die Flammen eines heimischen Kaminofens. (Foto: Foto: dpa)

Dennoch sind die bundesweit 15 Millionen Öfen, amtlich "Feuerungsanlagen" genannt, nicht per se umweltfreundlich: Sie stoßen mehr Feinstaub aus als alle Dieselfahrzeuge. Daher geraten Kamine und Öfen nun ins Visier der Politik: Das Bundesumweltministerium (BMU) möchte die Emissionen aus Holzfeuerungsanlagen drastisch senken und hat dazu den Entwurf für eine Novelle der 1. Bundesimmissionsschutzverordnung vorgelegt.

Sie sieht für Dreckschleudern von 2014 an den Austausch oder die Nachrüstung von Filtern vor. Damit lasse sich die Feinstaubbelastung schneller mindern als durch Rußfilter bei Diesel-Lastern und -Autos, so die amtliche Begründung.

Nachweis für den Bezirksschornsteinfeger

Spätestens im Januar 2008 soll der Entwurf vom Kabinett beschlossen werden. Dann gelten erstmals Grenzwerte für Öfen, die nur einzelne Räume heizen und eine Leistung zwischen vier und 15 Kilowatt haben. Auch bestehende Anlagen müssen sie nach einer Übergangsfrist erfüllen.

Kein Problem ist das für Öfen, die den Blauen Engel oder das Din-plus-Siegel tragen. Darunter fallen auch die meisten modernen Holzpellet-Heizungen, die ohnehin aufgrund ihrer Leistung schon bisher Grenzwerte erfüllen mussten.

Außen vor sind die Besitzer von holzbefeuerten Kochherden, Back- und Badeöfen sowie Anlagen, die vor 1950 gebaut wurden; für diese gilt Bestandsschutz. Auch offene Kamine, die aber nur gelegentlich angeheizt werden dürfen, klammert die Verordnung aus.

Für alle anderen Anlagen müssen die Eigentümer dem Bezirksschornsteinfeger bis 2012 nachweisen, dass ihr Ofen sauber genug ist: Er darf nicht mehr als hundert Milligramm Staub pro Kubikmeter Abgas ausstoßen. Gelingt das nicht, muss er je nach Baujahr spätestens 2014 bis 2024 stillgelegt oder mit einem Filter nachgerüstet werden. Das früheste Datum gilt für Öfen, die zwischen 1950 und 1974 gebaut wurden.

Der Einbau von Filtern ist technisches Neuland, doch erste Hersteller arbeiteten bereits daran, sagt Norbert Salomon vom BMU. Auch die Produzenten und Verkäufer von Kaminöfen stellen sich auf große Geschäfte ein: Von 2014 bis 2024 "müssen sechs bis sieben Millionen Anlagen ausgetauscht werden", schätzt der Beamte.

Es sei aber unwahrscheinlich, dass Kachelöfen herausgerissen werden müssten, sagt Salomon, "die haben meist ein gutes Emissionsverhalten". Dem widerspricht Dieter Stehmeier vom Bundesverband des Schornsteinfegerhandwerks: "Auch moderne Kachelöfen werden Probleme bekommen." Die meisten bräuchten vermutlich einen Filter.

Zu viele Watt im Wohnzimmer

Um den Nachweis beim Schornsteinfeger zu führen, ist nicht immer eine Prüfung am eingeheizten Ofen nötig. Eine solche Messung durch den Schornsteinfeger koste etwa 100 Euro, sagt Verbandsvertreter Stehmeier. Meist hingegen soll den Eigentümern eine Bescheinigung des Ofenherstellers genügen. Dieser muss nachweisen, dass ein Baumuster seines Modells unter guten Verbrennungsbedingungen die Grenzwerte eingehalten hat.

Mit der Praxis indes hat das nicht viel zu tun, kritisieren Experten. Viele Käufer entscheiden sich für zu üppig dimensionierte Kaminöfen mit sieben oder acht Kilowatt, mit denen man auch einen Saal beheizen könnte. Die Folge: Um die Flammen klein zu halten, verbrennt das Holz häufig bei gedrosselter Luftzufuhr, was zu erhöhtem Schadstoffausstoß führt.

"Das Kaufverhalten der Leute lässt sich über die Verordnung ohnehin nicht regeln", verteidigt Salomon den Entwurf. Der Schornsteinfeger werde den Anlagenbetreiber nur im Rahmen der alle fünf Jahre stattfindenden "Feuerstättenschau" beraten. Bei dieser Gelegenheit begutachte der Prüfer künftig auch die Beschaffenheit des Brennstoffs.

Wer jetzt einen Kaminofen kaufen möchte, sollte auf einer Typenbescheinigung des Herstellers bestehen und sich für ein möglichst emissionsarmes Modell entscheiden. "Viele Produktlinien werden aber wohl eingestellt werden müssen", sagt Salomon. Er schätzt, dass nur etwas mehr als die Hälfte der Kaminöfen am Markt den Grenzwert von 100 Milligramm Staub pro Kubikmeter Abluft einhält. Ein noch strengerer Wert gilt in Stufe 2 für Anlagen, die vom Jahr 2015 an errichtet werden.

© SZ vom 22. 11. 2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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