Kaiser's Tengelmann:Auf in die USA

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Mit Supermärkten hat Tengelmann nichts mehr zu tun. Das Unternehmen setzt stattdessen auf Baumärkte, Non-Food-Discounter und Start-ups. (Foto: Johannes Simon)

Der neue Präsident Trump schrecke ihn gar nicht, sagt der Konzernchef

Von Michael Kläsgen, Mülheim an der Ruhr

Aus der Sicht bayerischer Lebensmittelkäufer ist das beruhigend: Selbst der Tengelmann gegenüber der Tengelmann-Zentrale in Mülheim heißt noch Tengelmann - und nicht Edeka, Netto oder gar Rewe. Es läuft alles nach Plan, bestätigt ein Edeka-Sprecher. Die Tengelmann-Supermärkte wurden zwar Ende Dezember an Edeka verkauft, aber die "Umflaggung", wie die Handelsfachleute sagen, ist noch nicht ganz vollzogen. In Bayern hat sie noch nicht einmal angefangen. Erst Ende September soll sie vollzogen werden, erst dann wird Tengelmann in Bayern Edeka heißen.

Die Tengelmann-Supermärkte, die zu Netto-Discountern wurden (welche zum Edeka-Verbund gehören), haben das Logo hingegen schon gewechselt, und zwar bundesweit. Auch Konkurrent Rewe, an den Edeka einige Filialen vor allem in Berlin abtreten musste, hat schon "umgeflaggt".

In Bayern ist die interne Umwandlung zwar seit Anfang des Jahres in vollem Gange, die Märkte heißen dort aber noch alle Tengelmann. In den Läden finden sich indes längst Edeka-Produkte. Der Grund, dass sich hier alles länger hinzieht als in Berlin und Nordrhein-Westfalen, ist, dass die IT umgestellt wird. Edeka übernimmt in Bayern die große Zahl von 175 Läden. Sie alle erhalten ein neues Kassen- und Warenwirtschaftssystem. Das regelt, wie etwa eine Tomate vom Einkauf über den Transport und die Lagerung schließlich auf der Verkaufstheke landet. Außerdem werden die Mitarbeiter geschult.

In wenigen Bundesländern ist der einst größte deutsche Supermarktbetreiber Tengelmann, zu dem auch Plus gehörte, so zum Synonym für den Lebensmitteleinkauf geworden wie in Bayern. Auch deswegen will der neue Eigentümer Edeka alles richtig machen. Weil Tengelmann lange nichts mehr in die Filialen investierte, lässt Edeka teils neue Fußböden einziehen, die Beleuchtung ändern oder neue Decken montieren. Mancherorts werden die Läden wegen der Umbauarbeiten mehrere Tage geschlossen bleiben. Edeka will Gründlichkeit vor Schnelligkeit walten lassen. "Erst wenn der gesamte Prozess abgeschlossen ist, werden alle Märkte auch in ihrem äußeren Erscheinungsbild auf das Edeka-Design umgeflaggt", sagte Claus Hollinger, Geschäftsführer Edeka Südbayern.

In Nordrhein-Westfalen hießen die Supermärkte von Tengelmann eigentlich Kaiser's, so wie in Berlin, nur eben nicht der Supermarkt direkt vor dem Sitz des Familienunternehmens, das in diesem Jahr sein 150. Jubiläum feiert. Aber auch viele der Kaiser's-Märkte in NRW tragen noch ihren alten Namen.

Auf der Bilanzpressekonferenz von Tengelmann spielte der umstrittene Verkauf der Supermärkte am Donnerstag kaum noch eine Rolle. Karl-Erivan Haub, der Chef und Eigentümer der Tengelmann Gruppe, konzentrierte sich auf die Zukunft. Die Gruppe hat mehrere Dutzend Beteiligungen. Sie ist mehrheitlich an der Baumarktkette Obi, mit vier Prozent am Online-Modehändler Zalando und mit zwei Prozent am Essenslieferanten Delivery Hero beteiligt. Besonderes hat Haub aber vor allem mit dem Textil- und Non-Food-Discounter Kik vor. Der werde stärker in Europa und sogar in die USA expandieren. Haub kündigte 1500 neue Kik-Filialen im Ausland an. 2019 soll der erste Kik-Laden im Raum Chicago öffnen. "Amerika lernt jetzt erst den Discount-Gedanken kennen", erklärte Haub. Deswegen will er dort nicht nur wie bisher mit Beteiligungsfirmen, sondern auch "operativ" tätig sein. Neben Filialen will Haub auch einen Online-Shop in den USA aufbauen. Haub sagte, er glaube fest an die Verzahnung des Geschäfts online und offline. Die Pläne habe er schon länger gehegt. Haub kennt die USA gut, er ist dort geboren, hat dort gelebt und die deutsche und amerikanische Staatsangehörigkeit. Doch das lange Geschacher um den Verkauf der Supermärkte habe die Entscheidung, in die USA zu gehen, verzögert. Donald Trump schrecke ihn nicht ab. "Wir haben keine Angst vor dem Präsidenten", sagte Haub, der ein bekennender Konservativer ist. Die Wahl von Schwarz-Gelb in Nordrhein-Westfalen begrüßte er ausdrücklich. Er würde es gern sehen, wenn das Thema Sicherheit ins Zentrum des Bundestagswahlkampfes rücke.

Insgesamt wolle die Tengelmann-Gruppe in den nächsten fünf Jahren 1,5 Milliarden Euro investieren. Nach der Bekanntgabe der USA-Pläne von Kik ist klar, wohin ein erheblicher Teil des Geldes fließen wird. Der Nettoumsatz der Gruppe, sei im vergangenen Jahr um fast neun Prozent auf neun Milliarden Euro gestiegen. Belastungen aus dem Verkauf der Supermarktkette gebe es nicht mehr. 2016 habe diese noch mit Verlusten im dreistelligen Millionenbereich zu Buche geschlagen. 2017, sagte Haub, könne das beste Jahr überhaupt werden. Zahlen zum Gewinn legt das Familienunternehmen nicht vor.

© SZ vom 14.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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