Jobabbau:Harte Einschnitte bei Infineon

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Der neue Infineon-Chef Peter Bauer erteilt Fusionsgerüchten eine klare Absage - und baut den Chiphersteller radikal um.

Markus Balser

Der letzte Vorhang im bizarren Stück um die Infineon-Führung fiel vor gerade mal einem Monat. Nach öffentlicher Demontage musste Ex-Chef Wolfgang Ziebart am 26. Mai sein Büro bei Europas zweitgrößtem Chipkonzern räumen.

Peter Bauer soll bei Infineon den Tournaround schaffen. (Foto: Foto: dpa)

Den Platz des 58-Jährigen nahm Vorstand Peter Bauer ein. Der Wechsel löste an den Börsen wilde Spekulationen über die Zukunft des Konzerns aus. Gerüchte machten die Runde, Infineon stehe vor der Fusion mit einem Konkurrenten. Am Mittwoch schließlich zog der neue Chef die Reißleine: "Infineon wird selbständig bleiben", stellte Bauer vor Journalisten klar.

Vierter Chef in neun Jahren

Es war der erste öffentliche Auftritt Bauers, der Infineon nach Milliardenverlusten aus der Krise führen soll. Im Münchner Hotel Bayerischer Hof machte Bauer klar, dass bei Infineon unter seiner Führung wenig beim Alten bleiben soll.

Bauer, in der neunjährigen Unternehmensgeschichte bereits der vierte Chef, kündigt im Zuge eines verschärften Sparkurses einen radikalen Umbau des Konzerns an.

Infineon wird künftig in die fünf Chipbereiche Automobil, Industrieelektronik, Sicherheitstechnik, Festnetztelekommunikation und Mobilfunk eingeteilt. Anstatt zwei hat Infineon damit künftig fünf Bereiche. Den Beschäftigten drohen zudem harte Einschnitte. Denn die Infineon-Führung arbeitet an einem harten Sparprogramm. Einen dreistelligen Millionenbetrag soll der Konzern sparen.

Stellenabbau droht

Der neue Chef sieht schwere Zeiten und härtere Konkurrenz auf Infineon zukommen. Infineon müsse deshalb stärker in Asien und bei Auftragsherstellern produzieren. Der schwache Dollar forciere diese Entwicklung. Im Sparkurs werde es "auch zu einschneidenden Maßnahmen" kommen.

Ein Stellenabbau sei derzeit noch nicht zu beziffern. Eine Verlagerung der bestehenden europäischen Werke wie Dresden, Regensburg oder Villach mit insgesamt 6000 Beschäftigten in Niedriglohnländer komme jedoch nicht in Frage. "Das ist in der Halbleiterei zu teuer und man verliert zu viel Expertise", sagte Bauer. Ziel sei es, so wenige Arbeitsplätze wie möglich zu streichen und einen Kahlschlag zu vermeiden. "Es ist kein Rasenmäher-Programm." Weltweit beschäftigt Infineon zusammen mit der Tochter Qimonda 43000 Mitarbeiter.

In der Branche verstärkten die Wettbewerber ihr Kerngeschäft zunehmend auch mit Zukäufen, sagte Bauer. "Wir werden uns auch zukünftigen Gesprächen jeglicher Art nicht entziehen." Allerdings stehe derzeit keine Entscheidung an. Große Zukäufe schloss er aus. "Um der Größe willen allein werden wir uns in keine Abenteuer stürzen. Das ist nicht mehr zeitgemäß." Es stehe für ihn nicht zur Debatte, das Unternehmen zu verkaufen oder in einen anderen Konzern einzubringen.

Rekordverlust im zweiten Quartal

Infineon kämpft vor allem wegen Verlusten seiner Speicherchiptochter Qimonda mit Problemen. Im zweiten Quartal des laufenden Geschäftsjahres hatte der Konzern einen Rekordverlust von 1,37Milliarden Euro verbucht. Bauer bekräftigte das Ziel, die Mehrheit an Qimonda abzugeben. "Wir wollen uns von Qimonda trennen."

Am defizitären Geschäft mit Handychips wird Infineon vorerst festhalten. "Wir wollen die Sparte nicht verkaufen." Ziel sei es, zur Nummer drei im Mobilfunkmarkt aufzusteigen, sagte Bauer. Mittlerweile zähle Infineon alle Handyhersteller "mit Rang und Namen" zu seinen Kunden. Der Vorstandschef räumte aber ein: "Wir werden den nachhaltigen Ertrag des Kommunikationsgeschäfts beobachten und keine Toleranz zeigen." Die Sparte soll im kommenden Jahr die Wende schaffen.

Die Börsen blieben am Mittwoch skeptisch. Infineon-Aktien standen erneut oben auf den Verkaufslisten. Die Titel gaben im Dax bis zu 6,6 Prozent auf 4,53Euro nach. "In Infineon sind ohnehin nur noch wenige investiert", sagte ein Händler. "Zuletzt wurde die Aktie nur noch durch Übernahmefantasien gestützt, und die verflüchtigen sich jetzt endgültig." Infineon-Papiere hatten bereits am Vortag zwölf Prozent verloren.

© SZ vom 03.06.2008/jpm/mel - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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