IWF-Frühjahrskonferenz:"Deutschland kann es besser"

Lesezeit: 3 min

In guter Stimmung: Bundesfinanzminister Olaf Scholz am Donnerstag bei einer Diskussionsrunde in Washington. (Foto: Jose Luis Magana/dpa)

Vizekanzler Olaf Scholz wirbt in Washington für die neue Regierung und macht dabei den Kritikern der Bundesrepublik einige Versprechungen.

Von Cerstin Gammelin und Claus Hulverscheidt, Washington

Offiziell ist es ein Routinetreffen, zu dem Olaf Scholz nach Washington gereist ist. Tatsächlich jedoch nimmt der Vizekanzler nicht nur an der Frühjahrstagung des Internationalen Währungsfonds teil, sondern befindet sich auch auf heikler Mission. In Washington nämlich ist die Stimmung ungewöhnlich angespannt, wenn es um die Bundesrepublik geht und ihre Rolle in den Konflikten um Strafzölle, Handelsbilanzüberschüsse, die neuen Sanktionen gegen Russland und den Krieg in Syrien. In der US-Administration werden die deutschen Erklärungsversuche zu den Überschüssen als halbherzig empfunden, das deutsche Zögern im Konflikt um Syrien ebenfalls. Und das internationale Spitzenpersonal in der Hauptstadt ist überrascht, wie deutlich Berlin den französischen Präsidenten Emmanuel Macron alleine lässt bei dessen Reformideen.

Eine Woche vor dem geplanten Besuch von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) bei US-Präsident Donald Trump traf Scholz an diesem Donnerstag sozusagen als Vorhut Vizepräsident Mike Pence und den Chef-Wirtschaftsberater des Weißen Hauses, Larry Kudlow. Scholz sagte nach dem Treffen, man habe über alle wichtigen Themen gesprochen. Das gelte insbesondere auch für die Frage, ob die EU auch künftig von den US-Zöllen auf Stahl und Aluminium ausgenommen wird. "Ich glaube, dass wir alle gemeinsam daran arbeiten, eine gute Lösung zu finden", sagte der Finanzminister.

Um die amerikanischen und europäischen Partner von der deutschen Zuverlässigkeit zu überzeugen, trat Scholz vor seinem Besuch im Weißen Haus bei diversen Veranstaltungen in Washington auf. Er warb um Verständnis für die lange Regierungsbildung in Deutschland und versprach, die neue Regierung werde ihre internationalen Hausaufgaben machen.

Der Besuch des deutschen Vizekanzlers wird aufmerksam verfolgt. Scholz hat zwar seit seinem Amtsantritt mit Blick auf die EU-Partner mehrmals betont, der Exportweltmeister plane keine nationalen Alleingänge. Es gehe auch nicht um Sonderregelungen für deutsche Produkte. Es sei aber wichtig mitzuhelfen, für Europa dauerhafte Vereinbarungen mit Washington zu erzielen. Scholz hatte gefordert, dass die Europäer geschlossen auftreten müssten. In Washington gab sich der kommissarische SPD-Chef zugleich demütig. Man sei der Europäischen Union sehr dankbar. Das heutige Deutschland und auch das gewünschte künftige Deutschland seien ohne die Gemeinschaft unvorstellbar.

"Solide, aber investitionsfreundlich" werde die Finanzpolitik sein

Allgemeine Versprechen waren in Washington das eine. Konkrete Ziele hatte Scholz freilich auch, beispielsweise im Handelskonflikt mit den USA. Scholz will eine dauerhafte Verständigung mit den Amerikanern erzielen, und zwar zügig. Das ist auch deshalb so dringlich, weil am 1. Mai und damit wenige Tage nach Merkels geplantem Besuch erneut eine von Washington gesetzte Frist ausläuft. Bis dahin hatte die US-Administration zugesagt, europäische Hersteller von Stahl und Aluminium von Strafzöllen auszunehmen, die sie gegen angeblich unfaire Handelspartner verhängt, die amerikanische Unternehmen benachteiligen. Trump hat diese Strafzölle zunächst auf chinesische Einfuhren von Stahl und Aluminium verhängt und Europa sowie weitere Staaten ausgenommen.

China hat Trump für den Fall eines Handelskriegs mit ernsten Folgen gedroht. "Wir werden dann unerbittlich zurückschlagen", sagte ein Sprecher des Handelsministeriums, Gao Feng, am Donnerstag. Washington werde es nicht gelingen, den Aufstieg der Wirtschaftsmacht China durch eine protektionistische Politik aufzuhalten. Sollte die US-Regierung entsprechende Überlegungen hegen, habe sie sich "verrechnet", so der Sprecher.

Trump will nach dem 1. Mai entscheiden, ob die Strafzölle ausgeweitet oder dauerhafte Ausnahmen genehmigt werden. Er hat Berlin wiederholt damit gedroht, auch Strafzölle auf deutsche Autoexporte in die USA zu erheben. Trump argumentiert, die US-Hersteller würden durch die geltenden Handelsverträge benachteiligt. Er drängt Berlin zudem, den riesigen deutschen Handelsbilanzüberschuss abzubauen. Bei der Entscheidung über das weitere Vorgehen wird Chefwirtschaftsberater Kudlow eine wichtige Rolle spielen. Scholz versicherte in Washington, die neue Bundesregierung werde die Investitionsquote deutlich erhöhen. "Deutschland kann es besser ", sagte er laut Redemanuskript beim German Marshall Funds in Washington. Berlin investiere in sozialen Wohnungsbau, Bildung und Infrastruktur. "Solide, aber investitionsfreundlich" werde die von ihm verantwortete Finanzpolitik ausfallen.

Angesichts des Krieges in Syrien sprachen Scholz und Pence auch über die dortige Lage. Gesprächsbedarf bestand auch über die weiteren Auswirkungen der von den USA verhängten neuen Sanktionen gegen Russland. Anfang April hatte Washington wegen der Unterstützung Moskaus für das Regime in Syrien eine Liste neuer Sanktionen bekannt gegeben. Die Bundesregierung prüft deren Auswirkungen auf deutsche Unternehmen. Es war das erste Mal, dass Scholz und Pence bilateral miteinander sprachen. Scholz hält sich für zwei Tage in Washington auf. Am Freitag wollte er auch mit US-Finanzminister Steven Mnuchin zusammentreffen.

© SZ vom 20.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: