Internetnutzung:Wie Deutsche online gehen

Zählen Sie eher zu den Genießern? Oder zu den Abenteuerern? Oder doch zu den Disziplinierten? Wer wie im Internet einkauft - eine kleine Typologie.

Hannah Wilhelm

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(Foto: Illustrationen: Stefan Dimitrov)

Zählen Sie eher zu den Genießern? Oder zu den Abenteuerern? Oder doch zu den Disziplinierten? Wer wie im Internet einkauft - eine kleine Typologie. Mit der Genießerin umgibt man sich gerne. Sie ist ausgeglichen, tolerant, offen. Sie mag den sinnlichen Genuss, mag dunkle Schokolade zu einer Tasse Latte Macchiato. Und sie liebt Wellness, Saunieren, Schwimmen, sie gönnt sich eben gerne etwas. Sie findet das Internet schon in Ordnung. Sie ist aufgeschlossen, interessiert an allem, was da so kommt. 63 Prozent der Genießerinnen sind im Internet, privat und beruflich. Oder beides. Die Genießerin nutzt das Internet, wenn es ihr hilft. Aber nicht übermäßig, nicht exzessiv, es bestimmt nicht ihr Leben. Sie sucht zum Beispiel im Netz nach Kochrezepten, das findet sie praktisch. Und Bücher bestellt sie auch online, das passt so für sie. Aber detaillierte Informationen holt sie im WWW nicht ein, das braucht sie nicht. Sie ist kein Early Adopter, sie lebt nicht im Netz, wie es die Hedonistin oder der Abenteurer tun. Die Genießerin kauft sich schon auch ein iPad, aber erst, wenn 30 Prozent der anderen schon eins haben. Nein, sie muss nicht die Erste sein. Konsumforscher Häusel geht davon aus, dass zwölf Prozent der Bundesbürger zum Typus des Genießers gehören, es handelt sich vor allem um Frauen.

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(Foto: Illustrationen: Stefan Dimitrov)

Der Disziplinierte hat das Bedürfnis nach Kontrolle. Ungeplante Shopping-Touren, Lust- oder gar Frustkäufe sind ihm ein Graus - er versteht Menschen einfach nicht, die sich so gehen lassen oder sich einfach spontan etwas gönnen. Das ist unsinnig und würde ihm nicht passieren. Er wägt genau ab, wofür er Geld ausgibt und wofür nicht. Er ist Asket, bekennender, überzeugter. Mode findet er unnötig, er trägt seine Anzüge, bis sie auseinanderfallen. Und technische Innovationen?! Davon hält er wenig, das moderne Zeugs, dieser Schnickschnack muss doch nun wirklich nicht sein. Außer - und da macht er ganz klar eine Ausnahme - wenn ein Produkt durch Wirtschaftlichkeit überzeugt. Gut 40 Prozent der Disziplinierten sind im Internet. Das sind eher unterdurchschnittlich wenige. Für Informationen nutzt er das WWW, das leuchtet ihm ein. Deshalb liest er Online-Medien. Aber beim E-Commerce ist dieser Typus sehr zurückhaltend. Er ist und bleibt eher ein Laden-Käufer. Jeder zehnte Bundesbürger zählt zum Typus des Disziplinierten. Viele davon sind Männer. Der Disziplinierte ist außerdem eher älter. Er ist konservativ und Anhänger der Naturwissenschaften und der Technik.

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(Foto: Illustrationen: Stefan Dimitrov)

Das Leben des Abenteurers ist spannend, abwechslungsreich und schnell. Und deshalb lebt der Abenteurer auch mit dem Internet, es ist ein kaum mehr wegzudenkender Teil seines Alltags. Fast alle Abenteurer sind im Internet: 80 Prozent - der Anteil ist höher als bei allen anderen Typen. Der Abenteurer kennt kein Risiko, nun ja, zumindest schreckt es ihn nicht oder eigentlich reizt es ihn sogar. Er liebt den Kick, die Aufregung. Er ist ein Cowboy, wenn er raucht, dann Marlboro. Sein Antrieb sind Dominanz und Neugier. Der Abenteurer hält sich für einen Experten im Internet. Ist er auch. Er ist ständig bei Facebook eingeloggt und bei anderen Social-Networks-Seiten. Er lädt seine Musik bei iTunes, seine Filme auch. Wozu altmodische CDs kaufen, wenn er auch Sonntagnacht nach dem Clubbesuch noch schnell die neuesten Songs online laden kann? Er kauft nahezu alle Technik im Internet, auch wenn es sich um Einzelteile für ein hochkomplexes Netzwerk wie eine Telefonanlage handelt. Das schreckt den Abenteurer nicht. Für ihn ist alles eine Herausforderung. Nur drei Prozent der Deutschen sind Abenteurer. Sie sind eher männlich - und jung, deshalb haben sie nicht so viel Geld.

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(Foto: Illustrationen: Stefan Dimitrov)

Der Performer ist ehrgeizig, für ihn zählt allen voran die Leistung. Jedem Audi-Verkäufer würde er voller Überzeugung zustimmen, wenn dieser verkündet: "Vorsprung durch Technik." Das ist der Motto des Performers. Und dementsprechend verhält sich der Performer auch im Internet. Er nutzt es, um einen Vorsprung zu haben. Um ruckzuck online eine Überweisung zu tätigen oder Aktien zu kaufen. Um den besseren Preis zu kennen, das bessere Produkt zu finden. Er ist ein Preisfuchs, ein sogenannter Smartshopper. 74,5 Prozent der Performer sind laut den Untersuchungen des Konsumpsychologen Häusel im Internet. Damit ist dieser Typus überdurchschnittlich aktiv im Web. Er vergleicht die Preise auf Seiten wie billiger.de. Und informiert sich gezielt und sorgsam über technische Details. Schmökern will er nicht im Netz. Er kauft nach sorgsamer Abwägung im Internet viel ein, gerade Computer und Software. Der Performer kauft auch gerne Marken und Statussymbole wie teure Uhren. Auch davon verspricht er sich einen Vorteil - und auch dabei ist ihm das Internet behilflich. Bei ihm muss alles effizient sein. Sechs Prozent der Deutschen sind Performer, dabei handelt es sich vor allem um Männer.

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(Foto: Illustrationen: Stefan Dimitrov)

Er ist nicht der aktivste Zeitgenosse, der Traditionalist. Die Zukunft und all das moderne neue Zeug interessieren ihn nicht. Auch das Internet gehört zu diesem Teufelszeug. Wozu nur braucht man das, fragt er sich. Man lebte doch auch zuvor gut und zufrieden. Nur 37 Prozent der Traditionalisten haben überhaupt Zugang zum Netz. Ein Buch ist doch die viel schönere Sache, denkt sich der Traditionalist. Und Shoppen? Ist auch eher uninteressant. Der Traditionalist verdient zwar ordentlich und er hat auch was geerbt, aber er leistet sich nichts Teures, wozu auch. Hauptsache, alles hat seine angestammte Ordnung, dann geht es ihm gut. Ihn leiten vor allem Disziplin und Balance. Der Traditionalist ist Kunde bei der örtlichen Sparkasse oder Volksund Raiffeisenbank. Onlinebanking? Pah, das ist doch viel zu unsicher und sowieso! Er kauft auch nicht ein im Internet. Die Unsicherheit, ob das auch alles funktioniert, stresst ihn viel zu sehr. Er traut nur dem, was er sieht und selbst in den Händen hält. Und dem Verkäufer mit einem Namensschild. In Deutschland leben viele Traditionalisten. Jeder vierte Bundesbürger gehört zu diesem Typus. Sie sind tendenziell männlich und älter. Sie tragen Cord-Anzüge. In dunklem Beamten-Grün oder -Braun.

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(Foto: Illustrationen: Stefan Dimitrov)

Die Familie ist das Wichtigste für die Harmonisiererin. Geht es ihren Lieben zu Hause gut, dann ist sie zufrieden. Sie bewegt sich zwischen Balance und Genuss. Sie gönnt sich keine teuren Dinge, die braucht sie gar nicht, wozu auch, die machen sie nicht glücklich. Sie kauft mal die ein oder andere Gartenpflanze. Und ein wenig neue Düngererde. Auch mal im Internet, klar. Aber eigentlich viel lieber im angestammten Gartencenter nebenan. Da kennt sie sich aus, da wird sie gegrüßt. Rund 40 Prozent der Harmonisiererinnen sind im Internet. Sie brauchen es im privaten Bereich eigentlich kaum. Gut, sie schreiben mal ein paar E-Mails an ihre lieben Verwandten. Im Beruf braucht die ein oder andere Harmonisiererin das Netz, aber der Job ist ohnehin nicht so wichtig. Falls sie im Internet einkauft, dann am allerehesten Haushaltsgeräte oder Wohnaccessoires. Aber auch nur selten und ungerne. Zu unsicher! Somit ist die Dame für den E-Commerce uninteressant. Der Typus der Harmonisiererin ist tendenziell älter und weiblich. 32 Prozent der Deutschen gehören zu diesem Typus.

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(Foto: Illustrationen: Stefan Dimitrov)

Sie mag alles, was ihr das Leben leichter und schöner macht. Also auch das Internet. 76,5 Prozent der Hedonistinnen nutzen das World Wide Web. Und da sie grundsätzlich gerne shoppt, tut sie das eben auch im Netz. Sie ist kreativ und neugierig und kauft Produkte, die außergewöhnlich sind. Teure Kosmetik zum Beispiel. Für CDs dagegen gibt die Hedonistin schon lange kein Geld mehr aus: Sie lädt ihre Musik bei iTunes. Sie ist Trendsetterin, sie ist risikobereit, sie probiert Dinge aus und ist spontan. Ein iPad hat sie, na klar. Und zwar noch vor allen anderen. Wenn möglich, lässt sie es sich aus den USA mitbringen, noch bevor es in Deutschland erhältlich ist. Oder sie steht in der Schlange vor dem Applestore, am ersten Verkaufstag. Sie trifft Entscheidungen aus dem Bauch heraus, es geht dabei immer um die Maximierung des eigenen Genusses, um den Lustgewinn. Da ist das Einkaufen im Netz natürlich geeignet - für spontane Käufe zu jeder Tages- und Nachtzeit. Deshalb kauft die Hedonistin viel im Internet, aber eben auch nicht alles. Sie liebt das Shoppingerlebnis. Gerade bei Mode, da bleibt sie Läden wie Zara oder H&M treu. Zu sehr mag sie die Atmosphäre, die Inszenierung im Shop. Laut Häusel gehören etwa elf Prozent der Deutschen dem Typus der Hedonistin an, sie sind eher jünger und oft weiblich.

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