Internet-Casinos:Premiere will in das Glücksspielgeschäft einsteigen

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Der Abosender Premiere will den deutschen Spielbanken, die meist dem Staat gehören, mit Internet-Casinos Konkurrenz machen. Noch lehnt Bayern aber private Wettanbieter aber ab.

Klaus Ott

Der Markt für Glücksspiele, den bislang die 16 Bundesländer mit ihren Lottogesellschaften und Casinos dominieren, ist zunehmend hart umkämpft.

Beliebtes Glücksspiel: Roulette (Foto: Foto: ddp)

Für 30 Milliarden Euro tippen Deutschlands Zocker jährlich in der Hoffnung auf den großen Gewinn, davon möchten neben den Finanzministern der Länder nun auch private Wett-Veranstalter profitieren.

Vor allem der Pay-TV-Konzern Premiere AG spekuliert auf eine umfassende Lockerung des langjährigen Staatsmonopols bei Glücksspielen. Nach dem Start eines Pferdewetten-Kanals vor drei Monaten sollen nach einem internen Strategie-Papier in den nächsten beiden Jahren rasch weitere Angebote folgen: Sportwetten, die Vermittlung von Lotto-Einsätzen und eine Casino GmbH, die Roulette, Black Jack und Poker via Internet anbietet.

Dem 50-seitigen Papier zufolge, das von September stammt, spricht Premiere bereits mit internationalen Online-Casinos wie Party Poker oder 888 über Kooperationen.

"Hochfliegende Pläne"

Party Poker ist an der Börse in London notiert und agiert mit einer Lizenz aus Gibraltar, ebenso wie 888. Bayerns Finanzminister Kurt Faltlhauser setzt darauf, dass diese Vorhaben nicht gelingen. Er sagte der Süddeutschen Zeitung, private Wettanbieter hätten "hochfliegende Pläne" und hofften, dass das Bundesverfassungsgericht den Glücksspielmarkt bei einem demnächst anstehenden Grundsatzverfahren öffnen werde. "Und wir hoffen und sind zuversichtlich, dass diese Türe geschlossen bleibt."

Premiere-Vorstandschef Georg Kofler möchte seinen Abosender, der mehrere Dutzend Film- und Sportkanäle ausstrahlt und 3,4 Millionen Kunden hat, zu einer "Top-Marke für Wetten und Gewinnspiele" ausbauen.

Kofler hofft auf zusätzliche Erlöse, damit Premiere schneller wächst. Der neue Geschäftszweig mit der Dachmarke Premiere Win soll 2008 schon eine Milliarde Euro Umsatz bringen, davon 400 Millionen Euro bei Sportwetten, 300 Millionen Euro bei Online-Casinos und jeweils 150 Millionen Euro bei Pferdewetten und der Vermittlung von Lottoeinsätzen mit Tipp-Gemeinschaften.

Konfrontation absehbar

Beim geplanten Premiere-Roulette via Internet ist aber eine Konfrontation mit den 16 Bundesländern absehbar. Die Länder versuchen, die von ihnen lizenzierten oder selbst betriebenen Spielbanken zu schützen. Deren Abgaben bringen gut 800 Millionen Euro in die leeren Staatskassen. Insgesamt kassieren die Länder von ihren Lotterien und Spielbanken vier bis fünf Milliarden Euro im Jahr.

Bislang ist es deutschen Unternehmen verboten, Einsätze an internationale Online-Casinos wie Party Poker oder 888 zu vermitteln. Der Premiere-Vorstand erwartet jedoch, dass dieser Markt in den nächsten Jahren stark liberalisiert wird, beginnend bei den Sportwetten.

In zwei Wochen verhandelt das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe, ob privat veranstaltete Fußball- oder Rennwetten in ganz Deutschland zulässig sein sollen. Von dem Termin in Karlsruhe und dem späteren Urteil erhoffen sich alle Beteiligten, also die Länder, ihre Lotteriegesellschaften und deren schon vorhandene oder potenzielle Kontrahenten, richtungsweisende Aussagen.

In anderen Staaten der Europäischen Union sind kommerziell betriebene Glücksspiele teilweise schon in größerem Umfang erlaubt.

Kooperation

Premiere will andererseits auch mit den staatlichen Lottogesellschaften kooperieren und ihnen ab 2006 in großem Stil Einsätze von Tipp-Gemeinschaften vermitteln, in denen sich Spieler zusammentun.

Hier gibt es Unternehmen wie Faber oder Tipp 24, mit denen der TV-Konzern sowohl konkurrieren wie auch kooperieren könnte. Der Abosender will Ziehungen von Lottozahlen übertragen, die noch nicht im Fernsehen laufen.

Auch die Fußball-Bundesliga, deren Spiele Premiere live zeigt, soll behilflich sein. Der Abosender hofft auf Spielgemeinschaften der Fans, etwa beim FC Bayern München.

Lokale Annahmestellen

Für die neuen Geschäfte möchte der TV-Konzern alle ihm verfügbaren Verbreitungswege nutzen, nicht nur das Internet. Die 3,4 Millionen TV-Abonnenten werden laut Strategie-Papier "direkt zu Premiere Win geführt", den Wettkanälen im Fernsehen. Per Fernbedienung könne getippt werden. Die 11.000 Bars und Gaststätten, in denen die Sportkanäle von Premiere laufen, sollen als lokale Annahmestellen fungieren.

Als "Verbreitungsplattform" ist auch die Fernsehzeitschrift TV Digital vorgesehen, die der Springer-Verlag in Kooperation mit Premiere herausgibt.

Der Abosender hat noch weitere Pläne: Wettgutscheine auf Zigarettenschachteln (Philip Morris), Biermarken (Hasseröder, Oetker) und Kaffeepackungen (Dallmayr) sowie Wettguthaben bei neuen Kreditkarten- oder Mobilfunkverträgen und Prämien-Programmen wie Miles & More (Fluggesellschaften). Koflers Ziel: Premiere soll Marktführer bei den privaten Wettgesellschaften in Deutschland werden.

© SZ vom 26.10.05 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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