Internationaler Währungsfonds:Rettungsplan für Schwellenländer

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Um den Absturz von Staaten in Osteuropa, Asien, Afrika und Lateinamerika in der Finanzkrise zu verhindern, will der IWF "Milliarden von Dollar" bereitstellen.

Nikolaus Piper

Der Internationale Währungsfonds (IWF) und führende Industrieländer planen eine umfassende Rettungsaktion für Schwellenländer.

Viele Schwellenländer brauchen Hilfe, weil das ausländische Kapital abfließt. (Foto: Foto: dpa)

Damit soll der Absturz von Staaten in Osteuropa, Asien, Afrika und Lateinamerika verhindert werden. Die Finanzkrise hat sich zuletzt in diese bisher schnell wachsenden Regionen ausgebreitet.

Kein Kapital mehr aus dem Ausland

Der Direktor des IWF, Dominique Strauss-Kahn, erklärte, der Fonds sei bereit, "Milliarden von Dollar" bereitzustellen, um Ländern zu helfen, die von den Fernwirkungen der Krise betroffen sind. Außerdem sei er in Gesprächen mit mehreren Ländern über ein neues Kreditprogramm. "Ich habe mit mehreren Politikern in Ländern telefoniert, die den Fonds um Hilfe gebeten haben. Wir haben Teams in diese Länder geschickt, um deren Bedarf zu ermitteln und, falls gewünscht, Programme zu diskutieren, die vom IWF unterstützt werden können", sagte Strauss-Kahn.

Derzeit diskutiert der Fonds Hilfsprogramme für Ungarn, Island, Pakistan und die Ukraine. Gespräche mit Weißrussland sollen demnächst beginnen, die Verhandlungen mit Island stehen kurz vor dem Abschluss.

Die Banken der Schwellenländer hatten sich, anders als die Institute an der Wall Street und in Westeuropa, meist nicht an der Spekulation mit fragwürdigen Hypothekenkrediten beteiligt. Viele der Volkswirtschaften sind aber auf einen ständigen Strom an Kapital aus dem Ausland angewiesen. Dieser Kapitalstrom ist im Zuge der Finanzkrise praktisch ausgetrocknet.

Weil die Investoren extrem risikoscheu geworden sind, ziehen sie ihre Mittel aus den sich entwickelnden Regionen der Welt ab und parken sie in amerikanischen Staatspapieren. Diese Trendumkehr steht auch hinter dem jüngsten Kursanstieg des Dollars.

Anleihenmarkt zusammengebrochen

Dadurch geraten alle Länder mit hohen Leistungsbilanzdefiziten in Schwierigkeiten. In Europa sind dies vor allem die baltischen Staaten, Ungarn, Rumänien, Bulgarien und die Türkei.

In Ungarn war zu Beginn dieses Monats der Anleihenmarkt regelrecht zusammengebrochen. In anderen Kontinenten sind vor allem Südafrika, Brasilien, Argentinien und Pakistan betroffen, Argentinien steht kurz vor dem Staatsbankrott. Um Zahlungsbilanzkrisen zu vermeiden, will der IWF in den betroffenen Ländern einsteigen und privates Kapital ersetzen.

Der Fonds habe 250 Milliarden Dollar an Mitteln, die kurzfristig zur Verfügung stehen, teilte ein Sprecher mit. Offensichtlich stellen sich dessen Experten jedoch auf einen wesentlich größeren Finanzbedarf ein. "Wir sind in dieser kritischen Zeit aktiv engagiert in Verhandlungen mit mehreren Ländern, um ökonomischen Rat und notfalls Finanzmittel zu bekommen."

Vertrauensverlust befürchtet

Wie es im Umfeld des IWF heißt, ist daran gedacht, eine neue Kreditlinie zu schaffen, die durch Länder mit Leistungsbilanz-Überschüssen finanziert wird, also etwa Japan oder die Golfstaaten. Ziel dieser Kreditlinie ist es, solche Länder mit Dollar zu versorgen, die von der amerikanischen Notenbank Federal Reserve keine Zentralbank-Kredite bekommen ("Dollar-Swaps") bekommen.

Die Europäische Zentralbank (EZB) hält mittels solcher Kredite seit Monaten die Dollar-Versorgung in Europa aufrecht. Länder mit weicheren Währungen können darauf nicht zurückgreifen. Viele von ihnen haben zwar beträchtliche Währungsreserven, sie scheuen sich jedoch, diese einzusetzen, weil sie eine allgemeine Vertrauenskrise fürchten. Hier könnte der IWF die Rolle übernehmen, die anderswo Federal Reserve und EZB spielen.

IWF-Direktor Strauss-Kahn machte gleichzeitig klar, dass er für die neuen Kredite die - früher oft umstrittenen - Konditionen für Kredite des Fonds lockern wird. In der Regel verlangt der IWF, dass Empfängerländer ihren Staatshaushalt sanieren, Märkte liberalisieren und Subventionen abbauen. Jetzt erklärte Strauss-Kahn, es werde zwar Konditionen geben, diese würden jedoch zielgerichteter sein. "Konditionalität sollte so definiert werden, dass sie die Ziele des Programms unterstützt, sie sollte nicht versuchen, die Welt zu retten."

Das Engagement des IWF steht auch auf der Tagesordnung des Gipfels europäischer und asiatischer Staaten, der am Freitag in Peking begonnen hat. Im Entwurf für das Abschluss-Kommuniqué, das Associated Press veröffentlichte, heißt es, der Fonds solle eine "kritische Rolle" bei der Stabilisierung der von der Krise betroffenen Länder spielen.

© SZ vom 25.10.2008/hgn - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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