Internationale Beziehungen:"Ein Muster, das wir kennen"

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USA sehen Syrien und Iran ganz klar als Drahtzieher

Christian Wernicke

George W. Bush nannte die Mörder von Beirut nicht beim Namen. Aber deutlich ließ der Präsident durchblicken, wen Amerika hinter den Kugeln auf Pierre Gemayel vermutet: "Heute haben wir erneut die bösartige Fratze jener gesehen, die die Freiheit hassen", erklärte Bush zu Besuch bei Soldaten auf Hawaii. Und im übernächsten Satz macht er der eigene Truppe klar, wen er da meinte.

Bush verdächtigt Syrien und Iran als Hintermänner. (Foto: Foto: afp)

Die Vereinigten Staaten unterstützen die Mühen des libanesischen Volkes, "ihre Demokratie zu verteidigen gegen Versuche von Syrien, Iran und ihren Verbündeten, Instabilität und Gewalt in diesem so wichtigen Land zu schüren". Was im Umkehrschluss wohl bedeutet: Bush begreift den Anschlag auch als Schlag gegen seine Politik im Nahen Osten.

Syrien und Iran verdächtigt

Syrien und Iran als mutmaßliche Hintermänner - dieser Verdacht liegt für Washington auf der Hand. Es sind die beiden Regionalmächte, die Bush schon 2002 neben Nordkorea zur ,,Achse des Bösen'' zählte.

In Teheran sieht die Regierung die Auftraggeber der schiitischen Hisbollah, die sich gerade anschickte, das Kabinett von Libanons Premierminister Fuad Siniora zum Rücktritt zu nötigen.

Und Damaskus, einst Besatzer und bis heute Machtfaktor im Zedernstaat, steht wegen früherer Morde bereits unter Anklage, auch bei den Vereinten Nationen: "Ein Muster, das wir wahrnehmen bei all diesen politischen Attentaten auf Libanons Führer, sie alle waren anti-syrisch. Ich nehme an, daraus darf man wohl seine Schlüsse ziehen," erklärte Washingtons UN-Botschafter John Bolton.

Dass Syrien sich im Frühjahr 2005 aus dem Libanon zurückzog, gilt als einer der wenigen Erfolge der Bush-Regierung in der Krisenregion. Doch bereits seit dem Krieg zwischen Israel und der Hisbollah in diesem Sommer sieht Amerikas seinen Einfluss geschwächt.

Nun drohen erneut Unruhen. Sollte der US-Verbündete Siniora stürzen, die Attentäter hätten ein Ziel erreicht: "Der Mord an Gemayel war in der Verlängerung ein Mittel, um auch die USA zu treffen", glaubt Augustus Richard Norton, Nahost-Experte an der Boston University.

Perfide auch der Zeitpunkt des Anschlags. Gerade schienen in Washington Realpolitiker die Oberhand zu gewinnen, die auf einen Dialog mit Syrien und Iran drängen: Als Teil einer neuen Strategie im Irak will eine überparteiliche Kommission unter Vorsitz von Ex-Außenminister James Baker im Dezember wahrscheinlich empfehlen, Washington soll mit Damaskus und Teheran verhandeln, damit die Nachbarstaaten ihre mutmaßliche Hilfe für schiitische Rebellen und Mordmilizen stoppen.

Ein solcher Kurswechsel, vom konservativen Kräften wie Vize-Präsident Dick Cheney widerwillig beäugt, wird nun schwieriger.

Bush will Maliki treffen

Das Weiße Haus kündigte an, Präsident Bush wolle sich kommende Woche in Jordanien mit Iraks Premier Nuri al-Maliki treffen und die Strategie beraten.

Mutmaßlich ist auch dies eine Reaktion auf Schachzüge der bisherigen Bösen. Vorigen Sonntag hatte Bagdad den syrischen Außenminister Walid Moallem zu Besuch, der al-Maliki Beistand im Chaos versprach und zugleich einen schnellen US-Abzug forderte.

Und exakt dieselbe Botschaft dürfte von einem anderen Gipfeltreffen am kommenden Wochenende ausgehen: Dann reist Iraks Präsident Dschalal Talabani nach Teheran, um in seinem Kollegen Mahmoud Ahmadinejad einen Erzfeind der USA zu treffen.

(SZ vom 23.11.2006)

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