Insolventer Küchenhersteller:Kalte Küche

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Schauraum von Alno: Die unsichere Lage belastet das Geschäft. (Foto: Felix Kästle/dpa)

Die Lage bei Alno wird immer verzweifelter: Mehrere Gläubiger fordern eine Entmachtung der Investoren und die Installierung eines Insolvenzverwalters. Bauknecht droht außerdem mit Lieferstopp.

Von Stefan Mayr, Stuttgart

Ipek Demirtas gegen den Hastor-Clan. Die ehemalige Finanz-Chefin gegen die neuen Eigentümer. Der Machtkampf um den insolventen Küchen-Hersteller Alno hat eine neue Eskalationsstufe erreicht. Demirtas hat namhafte Unterstützer hinter sich versammelt und greift nun den Hauptgesellschafter von Alno direkt an. Anfang der Woche reichte Demirtas' Holding "First Epa" beim Amtsgericht Hechingen einen Schriftsatz ein, der es in sich hat: Sie und weitere Gläubiger fordern die "unverzügliche" Beendigung des Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung und die Bestellung eines "starken" und unabhängigen Insolvenzverwalters. Andernfalls, so heißt es in dem Schreiben, werde der "Hauptlieferant" Bauknecht "kurzfristig" seine Lieferungen einstellen.

In dem Schriftsatz, den der Münchner Anwalt Georg Streit verfasste, werden den aktuellen Geschäftsführern und Aufsichtsräten zudem "Inkompetenz" und Gesetzesverstöße vorgeworfen. Die Rede ist von Verstößen gegen das Aktienrecht und von unlauteren Geschäftspraktiken.

"Unsererseits besteht kein Vertrauen in diese Eigenverwaltung mehr."

Zum Jahreswechsel war die umstrittene bosnische Investoren-Familie Hastor bei der seit vielen Jahren kriselnden Alno AG aus Pfullendorf eingestiegen, sie hält etwa 43 Prozent der Anteile. Wenig später gab der Vorstandsvorsitzende Max Müller auf und Hastor-Mann Christian Brenner wurde als Chef installiert. Im Juli beantragte Alno dann die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung. Bei einem solchen Verfahren führt nicht ein unabhängiger, vom Gericht eingesetzter Insolvenzverwalter die Geschäfte weiter. Stattdessen bleibt das bisherige Management im Amt, ihm wird vom Gericht lediglich ein sogenannter "Sachwalter" zur Seite gestellt.

Genau in dieser Konstellation wird Alno seit Juli gemanagt - was Ipek Demirtas, der Elektrogeräte-Hersteller Bauknecht und andere Gläubiger nun gerichtlich beenden wollen. So habe Bauknecht laut Anwalt Streit die "mehr als berechtigte Befürchtung", dass hier "eine Sanierung des Gesellschafters der Alno-Gruppe einseitig auf dem Rücken der Gläubiger" versucht werde. In einem Brief vom 21. August an Alno und an den Sachwalter habe Bauknecht deshalb eine massive Drohung ausgesprochen: "Unsererseits besteht kein Vertrauen in diese Eigenverwaltung mehr", hieß es darin, "wir werden deshalb unsere Lieferungen kurzfristig einstellen." Zu einer weiteren Zusammenarbeit mit Alno sei man nur bereit, "nachdem die Eigenverwaltung beendet" und ein reguläres Insolvenzverfahren gestartet sei.

Anwalt Streit schreibt in seinem 47-seitigen Antrag auch, dass sich "die wichtigsten Kunden" von Alno abwenden würden, weil seit Monaten mangelhafte Ware ausgeliefert werde. Teilweise hätten bei den Lieferungen die Elektrogeräte gefehlt - diese seien aber dennoch in Rechnung gestellt worden. Obendrein habe Alno diese (zumindest zum Teil ungerechtfertigten) Forderungen in Höhe von 850 000 Euro "in voller Höhe" an den Kreditversicherer Coface verkauft. Sollte das stimmen, wäre das Betrug. Alno wollte das nicht kommentieren. Ebenso wenig wie den Vorwurf, es gebe "massive aktienrechtswidrige Eingriffe des Aufsichtsrats" in das operative Geschäft.

Aufgrund der zahlreichen fehlerhaften Auslieferungen würden einige Möbelhäuser ihre Alno-Musterküchen verkaufen und keine weiteren Alno-Produkte verkaufen, schreibt Streit. Das verlorene Vertrauen der Händler und Endkunden könne nur wieder hergestellt werden, indem die Eigenverwaltung beendet werde, argumentiert der Anwalt. Ipek Demirtas, Bauknecht und Sachwalter Hörmann wollten sich zu dem Antrag nicht äußern. Das Amtsgericht hat Alno und Hörmann nun zu Stellungnahmen aufgefordert. Der zuständige Richter will Mitte September über den Antrag entscheiden. Solange müssen die 1900 Mitarbeiter des Alno-Konzerns warten, bis sie wissen, wie es weitergeht.

© SZ vom 25.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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