Innovations-Preis geht nach Deutschland:Zwei Schwaben sind Europas Tüftler des Jahres

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Ohne ihre Forschungen wären kleine Autos und Mittelklassewagen heute noch immer wesentlich unsicherer. Für die Weiterentwicklung des Airbags erhielt das Forscher-Duo Franz Lärmer und Andrea Urban nun die Auszeichnung zu Europas Erfinder des Jahres 2007.

Paul Katzenberger

Die beiden Bosch-Mitarbeiter hatten 1992 ein Verfahren entwickelt, mit dem Mikrosensoren besser und billig massenhaft hergestellt werden können, und so den Einbau von Airbags in Autos aller Klassen ermöglicht. Das Forscher-Duo holte die Auszeichnung in der Kategorie "Industrie".

"Durch unsere Arbeit war es möglich, den Airbag auch für den Massenmarkt zu erschließen", sagte Franz Lärmer (47) zu sueddeutsche.de. Zwar habe es den Airbag schon in den 70-er Jahren in amerikanischen Fahrzeugen wie etwa dem Oldsmobile gegeben. In Europa habe diese Sicherheitstechnologie dann erstmals in den 80er Jahren zur Verfügung gestanden. "Doch das war immer in Fahrzeugen, die so teuer waren, dass zusätzliche Kosten keine Rolle spielten", so Lärmer. "Unser Ziel war es dann ab 1992 die Messfühler billiger zu machen, sodass sie auch in günstigeren Autos eingebaut werden konnten."

350 Patente

An dem von Lärmer und Urban (40) entwickelten Verfahren hängen heute rund 350 weitere Patente, wie ein Bosch-Sprecher erklärte. Mit dem von ihnen entwickelten Ätzverfahren ließen sich Siliziumscheiben besonders präzise und wirtschaftlich bearbeiten.

Das Verfahren - allgemein als Bosch-Prozess bekannt - hat die Herstellung von mikromechanischen Bauelementen (sogenannte MEMS) revolutioniert und ist aus der heutigen Mikrosystemtechnik nicht mehr wegzudenken.

"Ohne den Bosch-Prozess gäbe es heute zwar auch Sensoren, doch man könnte ganz unabhängig von den Kosten nicht einmal die Stückzahlen herstellen, die wir heute brauchen", erklärte Lärmer.

Allein im Bosch-Werk Reutlingen werden jährlich mehr als 130 Millionen Sensoren nach dem Bosch-Prozess hergestellt. Dabei werden die Produkte schon längst nicht mehr allein in der Automobiltechnik eingesetzt. So finden die Bosch-Sensoren beispielsweise auch bei Handys, Laptops und Spielekonsolen ihre Anwendung.

Verheugen reist aus Brüssel an

Für die Auszeichnung der beiden Schwaben hatte sich dann eigens hoher Besuch angesagt: Niemand Geringeres als der Vizepräsident der EU-Kommission, Günter Verheugen, reiste aus Brüssel extra nach München, um den Preis an Lärmer und Urban zu überreichen.

Zu den weiteren Gewinnern zählt der amerikanische Erfinder Joseph Vacca (52), der für den US-Pharmakonzern Merck das Präparat Crixivan entwickelt hat. Der Protease-Hemmer gilt inzwischen als hochwirksames Aids-Medikament. Vacca erhielt die Auszeichnung in der Kategorie "Nicht-europäische Länder".

Erstmals gab es auch eine Frau unter den Geehrten: Bei der nach 2006 zum zweiten Mal ausgelobten Auszeichnung heimste die Italienerin Catia Bastoli (50) in der Kategorie "Kleinere und Mittlere Unternehmen" den Preis für sich ein. Ihre Leistung: die Entwicklung von biologisch abbaubaren Kunststoffen aus dem nachwachsenden Rohstoff Stärke. Bastioli hat derzeit einen Lehrstuhl für Biotechnologie an der Universität von Piemont inne und leitet das Unternehmen Novamont in Novara.

Verdienste bei der Bekämpfung von Rheuma

In der Kategorie Lebenswerk ging die Ehrung an den australischen Mediziner Marc Feldmann (62), der derzeit am Imperial College in London forscht. Feldmann hat sich große Verdienste bei der Behandlung von Autoimmunkrankheiten wie Rheuma erworben, indem ihm die Entdeckung der sogenannten Cytokine gelang.

Zum Sinn des Preises sagte Patentamts-Präsident Alain Pompidou: "Wir wollten Erfinder auszeichnen, deren Erfindung es auch schon als Produkte auf dem Markt gibt." "Die heute ausgezeichneten Erfinder haben nicht nur herausragende kreative Leistungen erbracht, sondern auch den Nutzen des Erfindungsschutzes durch Patente aufgezeigt", sagte Pompidou.

Insgesamt waren für die fünf Auszeichnungen zum Europäischen Erfinder des Jahres zwölf Projekte nominiert.

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