Innogy:Aufgeteilt

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Der Energieversorger will auch nach seiner Zerschlagung eine große Rolle am Markt spielen. "Wir werden übernommen, weil wir gut sind", tönte Firmenchef Tigges bei der Hauptversamm­lung. Aber es gibt noch einige Probleme zu lösen.

Von Benedikt Müller, Essen

Uwe Tigges hält eine Abschiedsrede. Der Chef von Innogy, einem Versorger mit 22 Millionen Strom- und Gaskunden in Europa, hat seine Aktionäre zur wahrscheinlich letzten Hauptversammlung geladen. Denn Deutschlands größte Energiekonzerne Eon und RWE wollen die Geschäfte von Innogy bald unter sich aufteilen. "Wir werden übernommen, weil wir gut sind", tönt Tigges. Innogy baue Windparks in der halben Welt, habe so viele Stromkunden und betreibe so viele Ladesäulen für Elektroautos wie kein anderes Unternehmen in Deutschland. "Unsere Initiativen und Projekte leben fort", sagt Tigges, "unter welchem Unternehmensdach auch immer."

Drei Jahre ist es her, dass der Mutterkonzern RWE seine Ökostromkraftwerke, sein Netz- und Vertriebsgeschäft in die Tochter Innogy ausgelagert und an die Börse gebracht hat. Allerdings behielt RWE damals gut 76 Prozent der Innogy-Anteile. Mithin schwang bei dem jungen Unternehmen stets die Frage mit, in wessen Hände es eines Tages geraten könnte. Und tatsächlich: "Innogy ist zum Spielball im Versorger-Monopoly geworden", resümiert Thomas Deser von Union Investment, der Fondsgesellschaft der Volks- und Raiffeisenbanken, in der Hauptversammlung am Dienstag in Essen. "Es war Innogy nicht vergönnt, als eigenständiges Unternehmen zu reüssieren."

Der Versorger, der im M-Dax gelistet ist, steht in den nächsten Monaten vor der Zerschlagung: In einem ersten Schritt will Eon den Konkurrenten Innogy übernehmen. Im Gegenzug sollen anschließend die Ökostromkraftwerke von Innogy und Eon an RWE übergehen. Somit würde RWE zum reinen Stromerzeuger; Eon würde sich darauf konzentrieren, Energie zu transportieren und zu verkaufen. Freilich muss die EU-Wettbewerbskommission den milliardenschweren Tausch noch genehmigen. Mittlerweile hat sich Eon fast 90 Prozent der Innogy-Aktien gesichert. Denn neben RWE haben auch einige kleinere Aktionäre ihre Anteilsscheine angedient. Zudem hat Eon gut drei Prozent der Innogy-Aktien selbst gekauft. Bislang ist jedoch unklar, ob Eon einen Beherrschungsvertrag mit Innogy anstreben oder verbleibende Aktionäre gegen eine Abfindung ausschließen wird. Ein solcher sogenannter Squeeze-out wäre möglich, sobald Eon 90 Prozent der Innogy-Aktien besitzt.

Auf dem britischen Energiemarkt gibt es auch in diesem Jahr Verluste

In jedem Fall brächte Innogy ein verlustreiches Großbritannien-Geschäft in den neuen Eon-Konzern ein. Die Innogy-Tochter Npower leidet unter Abrechnungsproblemen und dem scharfen Wettbewerb auf dem britischen Energiemarkt. Innogy prognostiziert auch für das laufende Jahr hohe Verluste in Großbritannien. Innogy prüfe alle Optionen für das britische Geschäft, sagt Vertriebsvorstand Martin Herrmann. Doch führe man derzeit "keine konkreten Gespräche zu einem Verkauf".

Vorstandschef Tigges versucht die Gemüter mit dem Hinweis zu beruhigen, dass sich zumindest die restlichen Geschäfte von Innogy "zufriedenstellend" entwickelten. Er wolle nun "so viel Innogy wie möglich" in den neuen Eon-Konzern und das künftige Ökostromgeschäft von RWE einbringen. "Dabei geht es um Projekte, um Kultur und um Köpfe", sagt der frühere Betriebsrat und Arbeitsdirektor, der Ende 2017 an die Vorstandsspitze von Innogy gerückt ist. "Unsere Vision ist nicht beendet."

© SZ vom 02.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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