Innogy:Abschied von der Börse

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Nach der Übernahme hat Eon die letzten Aktionäre aus dem Unternehmen gedrängt. Sie erhalten bald eine Abfindung.

Von Benedikt Müller-Arnold, Köln

Die Euphorie war groß, als RWE 2016 die Tochter Innogy an die Börse brachte. Der alte Kohlekonzern hatte alles, was nach grüner Zukunft klang, in die neue Firma ausgelagert: Windräder und Solarparks, das Geschäft mit Strom- und Gaskunden sowie Netzen. "Mit einem Preis am Maximum starten wir von der Poleposition aus", tönte der damalige Chef Peter Terium. RWE, gebeutelt von der Energiewende, brauchte damals die Erlöse aus dem Teilbörsengang. "Aber das Rennen fängt erst an", sagte Terium, "die Herausforderungen sind groß."

Nun, keine vier Jahre später, ist das Rennen schon vorbei: Der Konkurrent Eon, der weite Teile von Innogy im vorigen Herbst übernahm, hat die letzten Minderheitsaktionäre aus dem Unternehmen gedrängt. Die Verschmelzung sei ins Handelsregister eingetragen worden, teilt Eon mit. Die verbliebenen Anteilseigner sollen in den nächsten Tagen eine Abfindung von 42,82 Euro je Aktie erhalten. Die Börse werde den Handel mit Innogy-Anteilen voraussichtlich noch diese Woche einstellen.

Für die Aktionäre geht damit eine wechselvolle Börsengeschichte zu Ende: Innogy war 2016 zu einem Preis von 36 Euro je Anteilsschein gestartet und zahlte seither jährlich Dividenden. Seinen Tiefpunkt erreichte der Kurs um den Jahreswechsel 2017/2018; damals musste Vorstandschef Terium Knall auf Fall den Konzern verlassen, nachdem er die Gewinnprognosen von Innogy zurückgenommen hatte. Kritiker vermissten Kostendisziplin und eine Wachstumsstrategie.

Doch RWE und der Rivale Eon nutzten die Gelegenheit für einen milliardenschweren Tausch: So übernimmt Eon nun das Netz- und Vertriebsgeschäft von Innogy. In dem fusionierten Konzern sollen bis zu 5000 Arbeitsplätze wegfallen, die Partner haben freilich einen möglichst sozial verträglichen Abbau vereinbart. Im Gegenzug gehen die Ökostromkraftwerke von Eon und Innogy an RWE; der Konzern darf damit auf eine Zukunft jenseits von Kohle- und Atomstrom hoffen.

Konkurrenten warnen zwar vor der Marktmacht der beiden neuen Konzerne und wollen vor Gericht gegen die Genehmigung der Übernahme vorgehen. Doch Eon-Chef Johannes Teyssen misst derlei Klagen nach eigenem Bekunden "wenn überhaupt, äußerst geringe Erfolgsaussichten zu". Bei Eon beziehen sie sich auf frühere Versuche dieser Art sowie die ausführliche Prüfung der Wettbewerbsbehörden.

An der Börse hat sich der Innogy-Kurs seit Monaten bei etwa 43 Euro eingependelt, also nahe der geplanten Abfindung. Es ist zwar üblich, dass über die genaue Höhe der Kompensation noch jahrelang vor Gericht gestritten wird. Auf allzu große Überraschungen scheinen Investoren in diesem Fall freilich nicht zu spekulieren.

© SZ vom 03.06.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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