Inflation:Hummer ohne Trüffel

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Die Preissteigerungen bei Nahrungsmitteln machen vielen Gastwirten zu schaffen - einige fürchten um ihre Existenz, andere sehen in der Krise auch eine Chance.

Franziska Brüning und Martin Kotynek

Fleisch, Brot, Butter, Obst, alles wird teurer. Immer höher steigen die Nahrungsmittelpreise, inzwischen liegen sie acht Prozent über dem Vorjahresniveau. Quark war im Juni beinahe um ein Drittel teurer als noch im Vorjahresmonat, der Preis von Nudeln stieg um knapp 28 Prozent und von Schnittkäse um 27 Prozent.

Hummer mit Trüffel gibt es nicht mehr so oft, denn die Gastronomen müssen sparen. (Foto: Foto: ddp)

Das trifft nicht nur die Verbraucher, sondern auch die Gastronomen."Der Einkaufspreis macht ein Drittel des Endpreises aus", sagt Frank-Ulrich John vom Bayerischen Hotel- und Gaststättenverband."Die Preissteigerungen wirken sich daher direkt auf die Kalkulation der Wirte aus."

Gastronomen tragen Preiserhöhungen

So geraten viele Gastronomen unter Druck, denn sie können die Preiserhöhungen nicht unmittelbar an die Gäste weitergeben."Die Kunden sind selbst von den Preissprüngen belastet", sagt Stefanie Heckel vom Dehoga, dem Bundesverband der Gastwirte."Die Gastronomen müssen daher den Großteil der Preiserhöhungen selbst tragen."

Das trifft die Gastwirte hart - Johann Bruischütz vom Gasthof Prinzregent Luitpold an der tschechischen Grenze zum Beispiel:"Hier verdienen die Leute nicht viel, und in Tschechien ist das Essen billiger. Wir wissen nicht, wie lange wir das noch aushalten können."

So geht es vielen Wirten. Die Gastronomen überlegen daher, an welchen Stellen sie den Kostendruck abfangen können."Bei der Qualität dürfen wir jedoch auf keinen Fall sparen", sagt Ctefan Wohlfeil, Präsident des Verbandes der Köche Deutschlands."Jetzt müssen die Köche zeigen, dass die Kreativität des Kochens darin besteht, zu vertretbaren Kosten gutes Essen zu produzieren."

Eine Möglichkeit sei, in bessere Geräte zu investieren. Das spare viel Energie, ohne dass die Qualität des Essens leide. Auf eine andere Strategie setzen die Augustiner Bräustuben, die ein Publikumsmagnet für alteingesessene Münchner und für Touristen sind. Hier heißt das Motto: niedrigere Gewinnspannen hinnehmen und versuchen, mehr Kunden anzulocken. Anderswo werden dagegen die Menügrößen verringert oder günstigere Beilagen serviert.

Rauchverbot und Teuro

Dennoch gelingt es nicht mehr allen Gastronomen, die Preise für den Konsumenten stabil zu halten, ohne am Essen zu sparen. Johann Eichmeier, der den berühmten Münchner Hirschgarten führt, ist gezwungen, einen Teil der Teuerung an seine Gäste weiterzugeben:"Wir haben schon sehr an den hohen Preisen zu beißen. Der Einkaufspreis für das Roastbeef beispielsweise ist in diesem Jahr um 150 Prozent höher als im vergangenen Jahr. Wir suchen nun nach alternativen Produkten und lassen manches weg. Das geht natürlich nicht bei allen Gerichten, und das bekommt auch der Gast zu spüren. Letztlich entscheidet er, ob er bereit ist, mehr auszugeben."

Bei der Auswahl der Lieferanten zählen für Eichmeier Leistung, Preis und Service. Deswegen wechselt er auch schon mal von Stammlieferanten zu neuen Anbietern.

Lesen Sie auf der nächsten Seite, warum die steigenden Preise für die Systemgastronomie weniger schmerzhaft sind.

Er sieht allerdings nicht nur in den hohen Lebensmittelpreisen ein Problem:"Die Einführung des Euro hat die Kaufkraft geschwächt, und die Löhne sind nicht gestiegen. Dann kam auch noch das Rauchverbot. Alles zusammen hat sich negativ auf unsere Branche ausgewirkt."

Die Küchenchefs in Betriebs- und Krankenhauskantinen haben noch größere Schwierigkeiten, günstige Preise zu halten. So müssen die Kunden von Lilly, einem Catering-Service-Partner der Messe Nürnberg, nun mehr bezahlen.

Zudem hat der Betrieb sein Einkaufsverhalten geändert. Stammlieferanten sind nicht mehr das A und O. In der Rehaklinik in Rheinsberg müssen die Gäste auf Kaninchen und Schweinefilet verzichten, und die geschälten Kartoffeln kommen aus Polen."Das tut mir auch leid, aber man muss sehen, wie man klarkommt", sagt Küchenchef Andreas Rohde.

Langfristige Verträge

Besser dran ist da die Systemgastronomie. McDonald's sichert sich mit langfristigen Lieferverträgen gegen Preisschwankungen ab. Bei Weizen, Rindfleisch und Kartoffeln verhandelt der Konzern ein Jahr im Voraus, bei Salat ein halbes Jahr und bei Milch drei Monate.

"Wir treiben unsere Lieferanten nie an die äußerste Preisgrenze", sagt ein Unternehmenssprecher von McDonald's."In Zeiten günstiger Preise profitieren unsere Partner, in der momentanen Situation profitieren wir."

Außerdem versucht die Fast-Food-Kette, mit neuen Produkten im Premium-Bereich höhere Preise am Markt durchzusetzen. Dennoch ist bei manchen Produkten nicht ausgeschlossen, dass McDonald's Preissteigerungen an die Kunden weitergeben muss.

Auch die Luxusgastronomie, wo Einkaufspreise eine geringere Rolle spielen, muss mittlerweile auf die Preisschübe reagieren."Wir setzen auf saisonale und regionale Produkte", sagt Heinz Wehmann, der Küchenchef des Landhauses Scherrer an der Elbchaussee in Hamburg.

Steinpilze bietet das Landhaus Scherrer etwa nur in der Hauptsaison an - dann seien sie günstiger und"schmecken auch besser", sagt Wehmann. Auch die Speisekombinationen hat Wehmann überarbeitet."Zu Hummer muss man nicht auch noch Trüffel servieren", sagt der 16-Hauben-Koch."Mit teuren Produkten kochen kann jeder. Die Kunst ist, aus einfachen Produkten etwas Schmackhaftes zuzubereiten."

Für den Präsidenten des Köche-Verbandes haben die Preiserhöhungen jedoch auch einen positiven Effekt:"Hoffentlich steigt nun das Bewusstsein für den Wert der Lebensmittel", sagt Ctefan Wohlfeil. In Deutschland seien Lebensmittel im Verhältnis zu dem, was bei der Produktion dahintersteckt, zu billig. Wohlfeil hofft, dass die Gäste künftig bereit sind, für Essen mehr Geld auszugeben, sonst gehe"die Kultur der Gastronomie in Deutschland verloren".

© SZ vom 05.08.2008/jpm/mel - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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