Infineon:Machtkampf im Schattenreich

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Der Chiphersteller Infineon kommt nicht aus den roten Zahlen heraus. Infineon-Kontrolleure wollen Konzernchef Ziebart zum Rücktritt bewegen - und nehmen auch Aufsichtsratsboss Kley ins Visier.

Markus Balser

Für geräuschlose Personalentscheidungen in der Chefetage war Infineon ohnehin nicht bekannt. Der Sturz des schillernden Ulrich Schumacher - gefolgt von einer beispiellosen Schlammschlacht mit dem Exchef. Ein Korruptionsfall im Topmanagement. Nach nur drei Monaten musste vergangenes Jahr auch noch Finanzchef Rüdiger Günther gehen.

Infineon-Chef Wolfgang Ziebart (im Bild) und der Vorsitzende des Aufsichtsrats Max Dietrich Kley liegen im Clinch. (Foto: Foto: ddp)

Nun bahnt sich ein Showdown über die künftige Strategie des Unternehmens an, der selbst bei intrigengeprüften Infineon-Managern Kopfschütteln auslöst. Konzernchef Wolfgang Ziebart hat die Mehrheit der Aufsichtsräte offenbar gegen sich.

"Das Maß ist voll"

Und auch gegen den unglücklichen Aufsichtsratsboss Max Dietrich Kley formiert sich nach Informationen der Süddeutschen Zeitung Widerstand im Kontrollgremium. Ungebremst drohe der Konzern in ein neues Führungschaos zu fahren, warnt ein Mitglied der Konzernspitze.

Seit Februar schon suchen führende Aufsichtsräte nach SZ-Informationen einen geeigneten Nachfolger für Ziebart. Anfangs seien nur wenige Kontrolleure eingeweiht gewesen. Inzwischen aber befürworte die Mehrheit eine Ablösung des Vorstandsvorsitzenden.

"Das Maß ist voll", ärgert sich ein Aufsichtsrat. Die dreieinhalb Jahre dauernde Ära Ziebart sei "nicht sonderlich erfolgreich gewesen. So wie bislang kann es nicht weitergehen". Es müsse bis zum Sommer ein Wechsel an der Spitze erfolgen und erkennbar werden, wohin das Unternehmen künftig steuern solle. Mit Pech allein seien die schwachen Zahlen des Konzerns nicht zu erklären.

In Kürze wollten sich die Kontrahenten Kley und Ziebart zu einem Gespräch treffen, heißt es. Ob Ziebart danach noch Infineon-Chef bleibe, sei äußerst fraglich. Das Problem an der Sache: Die Nachfolgersuche läuft schleppend. Es sei schwer, geeignete Kandidaten für die Aufgabe zu finden, heißt es aus dem Aufsichtsrat.

Kleys Führungsstil wird kritisiert

Für eine Übergangsphase werde unter anderem Infineon-Vorstand Peter Bauer - Leiter der Automobilsparte - als Nachfolger gehandelt. Aus Konzernkreisen verlautete, Bauer sei dazu bereit. Weder Kley noch das Unternehmen äußerten sich am Mittwoch zu dem möglichen Führungswechsel. Ein Ende der Personaldiskussionen würde ein Machtwechsel im Vorstand offenbar nicht bedeuten.

Offen kritisierten Aufsichtsräte am Mittwoch erstmals auch den Führungsstil von Aufsichtsratschef Kley. Er habe bei Personalentscheidungen zuletzt oft danebengelegen, sagte ein Kontrolleur. Auch die öffentliche Diskussion über Ziebart schade dem Unternehmen. In den nächsten Monaten müsste nun auch die Qualität der Aufsichtsratsspitze hinterfragt werden, heißt es aus dem Gremium.

Diskussion über Strategie

Bei Infineon, einem der wenigen in Deutschland verbliebenen Unternehmen der Informationstechnologie mit zuletzt gut sieben Milliarden Euro Umsatz und 40000 Beschäftigten, war nach miserablen Zahlen in den vergangenen Monaten eine schwere Krise offenbar geworden.

Entzündet hatte sich der Führungsstreit im Konzern Ende 2007, als es zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen Aufsichtsrat und Vorstand gekommen war. Grund waren hohe Verluste der Tochter Qimonda. Im ersten Halbjahr des laufenden Geschäftsjahres verbuchte Qimonda insgesamt mehr als eine Milliarde Euro Verlust und belastete die Mutter schwer.

Bei einem Treffen von Aufsichtsräten mit dem Vorstand hatte ein führender Kontrolleur Ziebart nach Angaben von Sitzungsteilnehmern lautstark kritisiert und ihm vorgeworfen, sich nicht engagiert genug um Qimonda gekümmert zu haben. Der Aufsichtsrat hatte schließlich die Initiative ergriffen und selbst einen Krisenstab gebildet.

Das Zerwürfnis in der Chefetage offenbart, wie tief die Krise des Unternehmens ist. Der Zwist löst eine Diskussion über die künftige Strategie von Infineon aus. Ob der Konzern - wie von Ziebart favorisiert - künftig tatsächlich allein agieren könne, sei fraglich, hieß es am Mittwoch aus dem Aufsichtsrat.

Die Konsolidierung der Branche gehe weiter, immer mehr Unternehmen schlössen sich zusammen. Spekulationen über eine Fusion von Infineon mit dem niederländischen Konkurrenten NXP wiesen Aufsichtsräte zurück. Es gebe zu wenige Überschneidungen.

Auch Analysten blieben skeptisch. Die Finanzinvestoren KKR und Silver Lake würden zwar wohl ihre Entscheidung bereuen, NXP 2006 gekauft zu haben.

"Allerdings ist es uns unbegreiflich, wie eine Fusion zwischen Infineon und NXP zu irgendetwas anderem führen könnte als zu einem Desaster für beide Seiten", urteilte Dresdner-Kleinwort-Analyst Robert Sanders. "Wir zweifeln daran, dass Infineon mit NXP zusammengehen würde", erklärte auch DZ-Bank-Analyst Harald Schnitzer.

© SZ vom 15.05.2008/jkr - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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