Immobilienfonds:Anlegers Liebling in der Krise

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Vor 50 Jahren kam der erste offene Immobilienfonds auf den Markt. Eigentlich ein Grund zum Feiern, doch die Kunden sind verunsichert.

Simone Gröneweg

Peter Schmid (Name von der Redaktion geändert) orientiert sich um, zumindest in Finanzfragen. Er hat seine Anteile an einen offenen Immobilienfonds verkauft und mit dem Erlös ein Grundstück am Ammersee finanziert. "Da weiß man, was man hat", sagt er. Anteile an Gebäuden in den Vereinigten Staaten oder sonst wo in der Welt, das sei schwer zu durchschauen, hat der Software-Spezialist festgestellt. Nun hat er auf seinem neuen Grundstück Rasen gesät und blickt zufrieden auf den See.

Heute existieren 46 offene Immobilienfonds. Ihre Manager haben Milliarden in Gebäuden und Grundstücken investiert. Seit 1990 hat sich das Fondsvermögen mehr als verzehnfacht. (Foto: Foto: ddp)

Witwen- und Waisenpapier

Die offenen Immobilienfonds sind eigentlich ein Erfolgsprodukt der deutschen Finanzbranche. Vor genau 50 Jahren wurde der erste Fonds aufgelegt. Über Jahrzehnte erzielten Anleger gute Renditen damit.

Heute existieren 46 offene Immobilienfonds. Ihre Manager haben Milliarden in Gebäuden und Grundstücken investiert. Seit 1990 hat sich das Fondsvermögen mehr als verzehnfacht. Ende Juni lag es bei 87,5 Milliarden Euro. Doch die Verunsicherung ist in letzter Zeit gewachsen. "Das Produkt galt als Witwen- und Waisenpapier. Es wurde als absolut sicher verkauft", sagt Burkhard Wagner, Vorstand der Vermögensberatung PVM AG. Das könnte sich nun ändern, ergänzt er.

Erst kürzlich schockte der Fondsanbieter Morgan Stanley die Branche. Ein unabhängiger Ausschuss von Sachverständigen hatte die Immobilien des Fonds P2 Value begutachtet. Man wollte wissen, welche Auswirkungen die Krise hatte. Das Ergebnis war ernüchternd. Das Immobilienportfolio musste um 231 Millionen Euro abgewertet werden. Der Anteilspreis sank von 53,74 Euro um etwa 7,50 Euro. Das Interesse an Investitionen in Immobilien sei stark zurückgegangen, es werde kaum noch gekauft, sagen Experten. Das werde sich auch noch in Form von sinkenden Mieten und steigenden Leerständen zeigen, prognostizieren sie.

Besonders bitter für die Anteilseigner des P2 Value ist, dass der Fonds zudem seit Herbst vergangenen Jahres geschlossen ist. Normalerweise können Anleger ihre Anteile jederzeit an die Fondsgesellschaft zurückgeben und bekommen ihr Geld wieder. Schlecht sieht es aber aus, wenn das zu viele Sparer zur selben Zeit tun. Das geschah im Herbst 2008 bei zwölf offenen Immobilienfonds. Deren Anbieter zogen die Reißleine und nahmen keine Anteile mehr zurück. Bei sieben der Fonds ist das immer noch der Fall. Dazu gehört auch der Value P2 von Morgan Stanley. "Im September oder Oktober werden wir entscheiden, ob das so bleibt", sagt Geschäftsführer Walter Klug. Bis dahin steckt das Geld der Kunden fest. Wer sein Erspartes unbedingt braucht, kann die Anteile zur Not über die Börse verkaufen - muss dafür aber noch einmal Preisabschläge in Kauf nehmen.

Viele Anleger werden sich jetzt fragen: Wie sieht es eigentlich mit meinem Fonds aus? Stehen da eventuell auch Abwertungen an? Beim Branchenverband BVI findet man jedoch beruhigende Worte: "Wir sehen bei anderen offenen Immobilienfonds keine Anzeichen für außergewöhnliche Wertberichtigungen", heißt es. Der Analyst Wolfgang Kubatzki von der Agentur Feri EuroRating Services sagt: "Morgan Stanley war ein Sonderfall, der Fonds war erst in 2005 aufgelegt worden, hat sein Portfolio in den Boomjahren aufgebaut und war damit anfälliger für die drastische Marktkorrektur als andere Fonds." Und Sonja Knorr, Analystin bei der Ratingagentur Scope Analysis, meint: "Wertberichtigungen bei einzelnen Objekten wird es geben, mit branchenweiten Negativrenditen rechnen wir jedoch nicht."

Die Fonds werden normalerweise einmal im Jahr von Sachverständigen bewertet. Die Preise für die Anteile entstehen also nicht durch Angebot und Nachfrage. Die Gutachter würden die Objekte nach einer speziellen Methode beurteilen, heißt es. Sie vollziehen nicht jede Übertreibung nach oben und unten nach, sondern orientieren sich an einer mittel- und langfristigen Haltedauer.

Was Anleger tun können

Für Außenstehende ist das nicht leicht nachzuvollziehen. Vermögensberater Wagner glaubt jedenfalls: "Die Gutachter müssen vermutlich genauer hinsehen im Moment." Die Krise könne nicht spurlos an den Fonds vorbeigehen. Das zeige auch die Sonderprüfung bei Morgan Stanley. "Die wollten transparent sein und waren vermutlich selbst überrascht vom Ergebnis", so Wagner. Auch andere Experten sehen die positiven Renditen kritisch. Wenn man sich Kursbewegungen über die Jahre anschaue, gehe es kontinuierlich nach oben, heißt es. Obwohl es an den Märkten derzeit zu Preiseinbrüchen komme.

Doch was können die Anleger tun? Sie sollten sich den Rechenschaftsbericht ihres Fonds anschauen, raten Fachleute. Wichtige Kriterien seien etwa die Höhe der Leerstände und die Laufzeit der Mietverträge, erklärt die Analystin Knorr. "Laufen in den kommenden zwei Jahren bei einem Fonds sehr viele Verträge aus, dürfte es für die Manager nicht leicht sein, schnell wieder solvente Mieter zu attraktiven Konditionen zu finden." Auch das Alter der Immobilien ist wichtig. Je älter die Gebäude sind, desto mehr muss dort investiert werden, um neue Mieter zu bekommen.

Peter Schmid muss sich darüber keine Gedanken mehr machen. Ob das Grundstück am See die bessere Investition ist, weiß er auch nicht. Zumindest kann er das Stückchen Land mit seiner Frau und seinen Kindern schon jetzt genießen. Und das sei schließlich auch etwas wert, meint er.

© SZ vom 07.08.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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