Ausgerechnet diejenigen, die es am nötigsten brauchen, haben davon am wenigsten: Wer gering qualifiziert ist, bekommt im Betrieb deutlich seltener eine Weiterbildung als Höherqualifizierte. Dies geht aus einer repräsentativen Befragung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) bei etwa 16 000 Betrieben hervor, die das IAB in Berlin vorstellte. Demnach profitierten im vergangenen Jahr 44 Prozent der Beschäftigten mit Berufs- und Hochschulabschluss von einer betrieblichen Weiterbildung. Bei den Mitarbeitern mit einfachen Tätigkeiten traf dies nur auf jeden Fünften zu ( Grafik).
Bei der Weiterbildung ging es zuletzt nicht mehr eindeutig aufwärts: Einerseits erhöhte sich der Anteil der Betriebe, die ihre Mitarbeiter fortbilden, von 36 Prozent im Jahr 2001 auf 53 Prozent 2016. Andererseits stagnierte der Anteil in den vergangenen fünf Jahren. Ob dies nur vorübergehend so ist, sei unklar, sagte IAB-Chef Joachim Möller. "Das müssen wir weiter beobachten." Man müsse aber berücksichtigen, dass etwa Kleinbetriebe nicht jedes Jahr Geld für Weiterbildung ausgeben könnten.
Auffällig ist dem IAB zufolge, dass Betriebe, die sich stark mit dem Thema Digitalisierung beschäftigen und moderne Technologien nutzen, sich für die Weiterbildung deutlich stärker engagieren. Mehr als zwei Drittel tun hier etwas für ihre Mitarbeiter. Bei Unternehmen, die bei der Digitalisierung eher Nachzügler sind oder für die das Thema nicht relevant ist, setzen nur 40 Prozent auf Weiterbildung.
Den Vorschlag des SPD-Kanzlerkandidaten Martin Schulz, das Arbeitslosengeld (ALG) I für diejenigen zu verlängern, die sich weiterbilden, bewertete Arbeitsmarktforscher Möller zurückhaltend. Hier sei entscheidend, wie der Vorschlag im Detail ausgestaltet werde. Einen unbedingten Rechtsanspruch im Gesetz zu verankern, hält der IAB-Chef für nicht sinnvoll. Eine solche Reform müsse an Bedingungen geknüpft sein: Sie müsse wirtschaftlich ausfallen und wirksam sein. Die Reform dürfe nicht dazu führen, dass Arbeitslose wegen eines längeren Bezugs von ALG I mehr Schwierigkeiten hätten, einen neuen Job zu finden. Auch dürfe sie "nicht zur Frühverrentung führen", sagte Möller.
Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) hatte den SPD-Vorschlag scharf kritisiert. BDA-Präsident Ingo Kramer hatte erklärt, es sei absehbar, dass dies "zu mehr Frühverrentung und zu durchschnittlich längerer Arbeitslosigkeit führen wird".