HypoVereinsbank:Die Führungskrise spitzt sich zu

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Das Münchner Institut kommt nicht zur Ruhe: Erneut geht ein Vorstandsmitglied.

Caspar Busse

Wie am Mittwoch aus Bankenkreisen verlautete, wird auch Risikovorstand Michael Kemmer die Bank verlassen.

Die Münchner Großbank war vom italienischen Unicredit-Konzern übernommen worden und musste seitdem einen Exodus wichtiger Führungskräfte verkraften.

Der 48-jährige Kemmer, der intern als Hoffnungsträger galt und die Übernahme durch die Italiener immer befürwortet hatte, sollte auch im fusionierten Konzern das Risikomanagement leiten. Die Bank lehnte gestern Nachmittag einen Kommentar ab.

Der Abgang wird mit inhaltlichen Differenzen zwischen Kemmer und Unicredit-Chef Alessandro Profumo begründet. "Kemmer ist menschlich und inhaltlich enttäuscht", heißt es.

Praktisch kein deutscher Manager mehr im obersten Management

Offenbar wollte Profumo zu stark in das Risikomanagement hineinregieren. Kemmer bestand aber auf Unabhängigkeit. Einen konkreten Anlass für die Demission gebe es nicht.

Dementiert wurden Spekulationen, im Kreditbuch der HypoVereinsbank seien bisher nicht bekannte Risiken aufgetaucht, weshalb Kemmer nun die Konsequenzen ziehe. "Da ist nichts dran", heißt es.

Kemmer werde die Bank voraussichtlich spätestens zum Jahresende verlassen. Einen Nachfolger gibt es noch nicht. Der Banker habe noch keinen Job und gehe aus freien Stücken.

Er werde möglicherweise auch die so genannte Change-of-Control-Klausel in seinem Vertrag nutzen. Danach können Vorstandsmitglieder ihren Vertrag kündigen, wenn die Bank in neue Hände kommt, und erhalten trotzdem eine hohe Abfindung. Das Risikomanagement galt als eines der Schlüsselressorts. "Der Weggang Kemmers ist ein herber Verlust", hieß es.

Vor Kemmer hatten bereits Investmentbanking-Vorstand Stefan Jentzsch und Privatkundenchefin Christine Licci die Bank verlassen. Jentzsch ist zur Dresdner Bank gewechselt. Auch Michael Mendel, für das Osteuropa-Geschäft zuständig, schied zuvor aus.

Am Mittwoch wurde zudem bekannt, dass der für Kommunikation zuständige Bereichsvorstand, Dieter Schweer, das Unternehmen ebenfalls verlässt. Es wird erwartet, dass im Frühjahr nach der Zahlung der Jahresboni weitere wichtige Mitarbeiter der Bank den Rücken kehren.

Im obersten Management von Unicredit sind nach dem Abgang Kemmers schon jetzt praktisch keine deutschen Manager mehr vertreten. Der Wiener Erich Hampel ist für das Geschäft in Mittel- und Osteuropa zuständig. Der frühere HVB-Chef Dieter Rampl ist Vorsitzender des Verwaltungsrates. Der Einfluss der Deutschen sinkt damit weiter.

Die Entscheidung Kemmers, der seit 1988 mit einer kurzen Unterbrechung für den Konzern gearbeitet hat, wird die Unruhe in der Belegschaft möglicherweise weiter steigern. Ohnehin grassiert die Angst, Unicredit könnte hart durchgreifen. Manche fürchten auch, dass Unicredit irgendwann das gesamte Deutschlandgeschäft aufgeben könnte. Die Übernahme durch Unicredit ist die bisher größte grenzüberschreitende Bankenfusion.

© SZ vom 22.12.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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