HP Inc.:Auf dem Weg zum Alleskönner

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Wandlungsfähige Notebooks und smarte 3-D-Drucker - wie die PC- und Druckersparte von HP relevant bleiben will. Und das trotz rückläufiger Tendenzen bei PCs und Druckern.

Von Helmut Martin-Jung, Stuttgart

Dion Weisler hat da mal ein paar Sachen mitgebracht. Einen etwas altertümlichen Laptop etwa. Als er dessen Deckel aufmacht, kommt darin statt Tastatur und Innenleben ein anderer Laptop zum Vorschein. Er öffnet dessen Deckel, nur um daraus einen noch schmaleren und kleineren zu holen. Das geht noch mal so, und als er den letzten Rechner aufklappt, erscheint etwas, das auf den ersten Blick aussieht wie ein großes Smartphone. Es ist aber mehr - es ist ein vollwertiger Windows-Rechner, den man an eine Dockingstation anschließen kann.

"Bis jetzt", sagt Weisler, "muss man immer Kompromisse schließen." Kleinere Geräte seien für komplizierte Aufgaben nicht so gut geeignet, große aber kaum oder gar nicht transportabel. In Zukunft werde es immer mehr Geräte geben, die vieles gut können, und es würden weniger Kompromisse nötig. Weisler sollte das wissen, er ist der Chef von HP Inc., also des Teils von Hewlett Packard (HP), der sich nach der Aufspaltung der Firma um das Geschäft mit PCs und Druckern kümmert.

PCs, Drucker, das sind zwei Geschäftsbereiche, die sich seit Jahren im Sinkflug befinden. Wie konnte sich einer wie Weisler das antun? Der 49-Jährige, gebürtiger Australier mit österreichischen Wurzeln, ist schon viel in der Welt herumgekommen, "der Umzug nach Palo Alto war der Zehnte", sagt er. Die Sparte aber hat er nie gewechselt, er hat schon immer in der Tech-Branche gearbeitet, einige Jahre übrigens auch in Deutschland. Die letzte Firma vor HP war Lenovo - heute Weltmarktführer bei PCs.

Das "Spectre" genannte Notebook von HP galt bei seiner Vorstellung im Herbst 2016 als das dünnste der Welt. (Foto: oh)

Warum also? "Warum nicht?", fragt er ohne zu zögern zurück, "das ist doch der beste Job der Welt". Nun, wer die Herausforderung liebt, in einem Markt, der seit Jahren schrumpft - der für PCs etwa ging 2016 und mehr als sechs Prozent nach unten, wer in einem solchen Umfeld wachsen will und sich das auch zutraut, für den mag ein solcher Job tatsächlich eine gute Sache sein. Auch wenn er eher unschön anfing. Denn nach der Aufspaltung von HP in die HPE und die HP Inc. musste Weisler erst einmal Tausenden Mitarbeitern die Entlassung verkünden.

"Aber nicht bei Forschung und Entwicklung", sagt er, "das ist das Schlimmste, Forschung und Entwicklung abzuwürgen." Das räche sich dann spätestens einige Jahre später bitter. Von den Entlassenen hätten viele auch bei Zulieferern wieder Arbeit gefunden. Man habe eben beschlossen, einige Dinge nicht mehr selbst zu machen, sondern sie nach außen zu vergeben.

Und die Aufspaltung, war die unvermeidlich? Weisler zögert keine Sekunde. "Ich bin absolut davon überzeugt, dass sie unvermeidlich und nötig war." In dem kleineren Unternehmen könne man sich nun voll aufs eigene Portfolio konzentrieren, sei viel schneller und beweglicher. Nur so könne man Produkte mit einem gewissen Extra entwickeln und auf den Markt bringen.

Die Hälfte der Bauteile des 3-D-Druckers entstand auf einem solchen Gerät

Was das ist, das gewisse Extra? Weisler zeigt einen Laptop, der nicht bloß elegant aussieht und sehr flach ist. Auf Knopfdruck verändert sich die Bildschirmcharakteristik so, dass man von der Seite nicht mehr sehen kann, was angezeigt wird. Und dann holt er ein großes Kettenglied aus Kunststoff heraus. Es stammt aus einem der neuen 3-D-Drucker von HP. "Daran haben wir ein Auto aufgehängt und uns drunter gestellt", sagt Weisler. Doch das ist nicht alles. Weisler holt ein weiteres Kettenglied aus seiner Aktentasche. Es ist etwas filigraner, vor allem aber hat es ein interessantes Innenleben: Es enthält digitale Schaltkreise und einen kleinen Sender und kann damit per Funk übermitteln, welche Last gerade anliegt. Das Besondere aber ist: Das Kettenglied samt der elektronischen Schaltkreise wurde in einem Arbeitsgang gefertigt - ebenfalls auf einem 3-D-Drucker aus dem Hause HP.

Die ersten fünf der Fertigungsanlagen hat HP inzwischen ausgeliefert, 50 Prozent ihrer Bauteile entstanden übrigens auf dem Drucker selbst - "das Gerät stellt sich zur Hälfte selbst her", sagt Weisler. Der Vorteil des 3-D-Drucks, oder genauer, der additiven Fertigung: Die Werkstücke lassen sich etwa für Prototypen viel schneller produzieren als beim konventionellen Spritzguss, dazu in Formen, die mit den herkömmlichen Verfahren gar nicht möglich sind. Doch wenn die Stückzahlen 55 000 überschreiten, sagt Weisler, wird es unrentabel. Noch. "Die Frage ist: Wie macht man daraus eine Million?"

Viel liege an den Materialkosten. Plastik für Spritzguss koste etwa zehn Dollar das Kilo, das zu Pulver zerriebene Material für die additive Fertigung jedoch 80 Dollar. Aber auch in der Materialwissenschaft gebe es noch viel zu tun. HP gehe daher Partnerschaften mit deutschen Firmen wie Evonik oder BASF ein, um hier voranzukommen. Man habe noch einen langen Weg vor sich, sagt Weisler, aber bei der Fertigung gehe es um einen gewaltigen Markt.

Mit der traditionellen Stärke Deutschlands bei der Fertigung sieht Weisler die Bundesrepublik gut positioniert für die Zukunft. Deutschland ist auch für HP ein wichtiger Markt, alle sieben Sekunden verkauft das Unternehmen hier einen PC oder einen Drucker.

© SZ vom 15.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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