Hotels:Billig kauft teuer

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Das Savoy in London gehört künftig auch zur Accor-Gruppe. (Foto: Joel Ryan/AP)

Die französische Accor-Gruppe übernimmt überraschend die Luxus-Hotels Raffles und Fairmont.

Von Michael Kläsgen, München

Das Vierjahreszeiten in Hamburg wechselt den Besitzer. Und die Swissôtels in Berlin, Bremen, Düsseldorf und Dresden so wie natürlich im Rest der Welt. Ebenso wie die Raffles in Peking und Singapur, das Royal Monceau in Paris, das Savoy in London und das Plaza in New York: All diese Hotels werden französisch. Die Accor-Gruppe in Paris kauft für 2,9 Milliarden Dollar die kanadische Fairmont Raffles Hotels International Group (FRHI). Es ist die zweite große Übernahme in der Hotelbranche binnen drei Wochen und es wird wohl nicht die letzte sein. Die Hotelbranche befindet sich in einem tief greifenden Umbruch. Mitte November kaufte der US-Konzern Marriott den Konkurrenten Starwood für zwölf Milliarden Dollar. Accor zahlt zwar eine wesentlich kleinere Summe, Analysten halten den Preis aber für sehr hoch.

Der überwiegende Teil der 155 Hotels von FRHI sind Luxusmarken, also Raffles und Fairmont. Accor, deren bekannteste Marke neben Mercure, Novotel und Sofitel Ibis ist, vollzieht damit einen grundlegenden Richtungswechsel. Noch 2011 hatte Europas führender Hotelbetreiber unter dem Eindruck der Finanzkrise entschieden, verstärkt in ein bis zwei Sterne-Hotels zu investieren. Dazu wurde der ehemalige McDonald's-Europa-Chef, Denis Hennequin, an die Spitze berufen. Doch nachdem der Erfolg ausblieb, setzt sein Nachfolger Sébastien Bazin nun auf die teuerste Kategorie. Billig kauft teuer.

Katar und Saudi Arabien sind nun die Hauptaktionäre des Konzerns

Der Preis, den Accor zusätzlich dafür zahlen muss, ist, dass jetzt die Staatsfonds aus Katar und Saudi Arabien seine Hauptaktionäre mit insgesamt gut 15 Prozent werden. Über die Rolle beider Länder im Nahen Osten wird derzeit intensiv diskutiert. Angeblich soll Katar den Terrorismus finanzieren, was das Land bestreitet. Nach den Anschlägen vom 13. November im Paris leidet derzeit vor allem die französische Tourismus-Industrie. Der Aktienkurs von Accor hat sich seit den Anschlägen nicht wieder erholt, auch nach dem Kauf nicht.

Die Umwälzungen in der Branche werden von mehreren Entwicklungen vorangetrieben. Online-Plattformen wie AirBnb, die Privatunterkünfte vermitteln, höhlen die Geschäftsgrundlage traditioneller Hotelbetreiber aus. Das Internet generell erlaubt es, Preise und Zimmer zu vergleichen. Die Marktmacht dieser Portale wächst und zerrt an den Gewinnen der klassischen Hotels, die mit eigenen Angeboten im Internet aufwarten müssen. Luxushotels seien hingegen von diesem vom Internet ausgelösten Preiswettbewerb kaum betroffen, sagt Accor-Chef Bazin.

Zugleich geht es für die großen Ketten auch darum, eine ausreichend große Zahl rentabler Zimmer aufzuweisen. Accor will sich mit dem Zukauf vor allem in diesem Punkt verstärken. Zwar machen die zusätzlichen 155 Hotels nur einen kleinen Teil des Bestands von etwa 3700 Hotels aus. Bazin erhofft sich aber dadurch, das Billig-Image abstreifen zu können. Bisher zählten nur 15 Prozent der Accor-Hotels zur Luxuskategorie, vor allem die Sofitels und Pullmanns. Jetzt steigt dieser Anteil auf 35 Prozent. Mit das wichtigste für den französischen Hotelbetreiber ist, jetzt an die Kontaktdaten einer ihm bislang wenig bekannten Zielgruppe zu kommen: die von zahlungskräftigen Amerikanern, die Kunden von Fairmont und Raffles.

Bei Privatanlegern herrscht hingegen eher Skepsis bei Luxus-Hotels. Zwar entdecken immer mehr von ihnen Hotels als Investment, vor allem wegen der langfristigen Miet- und Pachtverträge. Doch zumindest in Deutschland fokussiert sich das Interesse vor allem auf Business-Hotels mit drei Sternen und einer hohen Auslastung.

In Deutschland ist Accor zwar Marktführer und hat wie die 50 Größten der Branche 2014 etwa fünf Prozent an Umsatz zugelegt. Noch beliebter bei den Kunden sind aber Newcomer wie das Bikini Berlin der 25hours Hotel Company, die auf Individualität setzen und damit eine Stärke von Portalen wie AirBnB aufgreifen. Vor allem junge Leute suchen etwas anderes als die verstaubt wirkenden Zimmer großer Ketten, die überall in der Welt gleich aussehen.

© SZ vom 11.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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