Hilmar Kopper:Mr. Deutschland AG geht in Pension

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Nach 17 Jahren gibt Hilmar Kopper den Aufsichtsrat bei DaimlerChrysler ab und verlässt damit seinen letzten einflussreichen Posten.

Karl-Heinz Büschemann

Am heutigen Mittwochabend ist Schluss, dann wird Hilmar Kopper die Hauptversammlung von DaimlerChrysler in den Berliner Messehallen beschließen, den Aktionären für ihr Kommen danken und den Posten des Aufsichtsvorsitzenden an seinen Nachfolger Manfred Bischoff übergeben.

Hilmar Kopper (Foto: Foto: AP)

Dann ist der 72-Jährige nur noch Privatmann und eine beispiellose Karriere ist zu Ende. Hilmar Kopper, langjähriger Chef der Deutschen Bank und einer der einflussreichsten Vertreter der berüchtigten Deutschland AG, gibt mit dem Aufsichtsratsvorsitz bei DaimlerChrysler seinen letzten wichtigen Posten ab. Er wird es mit Wehmut tun, denn an diesem Posten hat der jovial wirkende Banker besonders gehangen. Siebzehn Jahren stand er an der Spitze des Daimler-Kontrollorgans.

Ein Schrempp-Bewunderer ...

Hilmar Kopper, der 43 Jahre lang bei der Deutschen Bank war und der vom Banklehrling zum Vorstandssprecher wurde, ist in gewisser Weise ein Widerspruch in sich. Er hat nie studiert und schaffte es, in dem feinen Geldhaus der Chef zu werden. Er ist als Sohn eines ostpreußischen Großbauern einen wenig zimperlichen Ton gewohnt und trotzdem gelang es ihm, überall in Wirtschaft und Gesellschaft gehört zu werden.

Kopper beförderte die Modernisierung des größten deutschen Geldhauses, indem er die Bank in das internationale Investmentbanking führte. Auch die Berufung von Josef Ackermann an die Spitze des Geldinstituts war ein Indiz dafür.

Doch als Multi-Aufsichtsrat, der in vielen wichtigen Konzernen wie Lufthansa, Linde, Mannesmann, Münchner Rück oder Siemens vertreten war, verhielt er sich manchmal so, wie es nicht im Lehrbuch steht. Er war einer der am besten vernetzten Manager in Deutschland. Notfalls ignorierte er auch mal Regeln, wenn es einer Sache diente, die ihm wichtig war. In diesem Punkt hatte seine Arbeit nicht immer internationalen Standard.

Für viele Betrachter ist es ein Problem, dass der Chef einer Bank in Aufsichtsräten von Unternehmen sitzt, die auf Kredite von diesem Geldhaus angewiesen sind.

In der Doppelrolle des Kreditgebers und Kontrolleurs sehen Fürsprecher guter Corporate-Governance-Prinzipien einen Interessenkonflikt. Auch die Deutsche Bank sieht dieses Problem und zieht sich deshalb aus immer mehr Industriebeteiligungen und Aufsichtsräten zurück.

Berühmt wurde Kopper durch das rustikale Wort von den "Peanuts". Das war 1994 nach der Pleite des Frankfurter Baulöwen Jürgen Schneider. Die Außenstände von 50 Millionen D-Mark, um die Handwerker damals fürchteten, seien doch nicht mehr eine Bagatelle, meinte er. Kopper stellte sich kleinen Unternehmen gegenüber als arrogant dar. Er wurde diesen Makel nie mehr los.

Er konnte auch anders sein: Jürgen Schrempp, den langjährigen Chef von DaimlerChrysler, hat Kopper über die Maßen bewundert, berichten Kenner. Kopper hatte Schrempp im Jahr 1995 bei der damaligen Daimler-Benz AG als Chef installiert.

... weil er ähnlich war

Dessen Strategie, aus dem nationalen Autokonzern Daimler-Benz eine Welt AG zu machen, hat Kopper mit allen Kräften befördert, selbst als im Management schon klar war, dass der Weg nach Amerika wie Japan der falsche war und sich im eigenen Vorstand offener Widerstand gegen Schrempp aufbaute. Insider behaupten, Kopper sei von dem hemdsärmeligen Schrempp so begeistert, weil er ähnlich gestrickt sei wie er selbst. Schrempp hat seine berufliche Laufbahn bei Daimler als Automechaniker begonnen und verkörperte einen Manager-Typus, der Mut hatte für ungewöhnliche Entscheidungen.

Schrempp hatte bei Daimler völlig freie Bahn, weil Kopper ihm fast alles durchgehen ließ. Trotz fehlenden Erfolgs war Schrempp unter Koppers Schutz schnell einer der am besten verdienenden deutschen Manager. Kopper strapazierte für seinen Günstling sogar das Aktienrecht.

Die Art und Weise, wie er seinem Freund einmal zur frühzeitigen Verlängerung seines Chef-Vertrages verhalf, hielt mancher für anrüchig. Er hatte zugelassen, dass Schrempp formal zurücktrat, um sofort mit einem neuen Vertrag und neuer Laufzeit wieder zu beginnen. Das hatte in der Wirtschaft für Aufsehen gesorgt, weil der Aufsichtsrat dazu da ist, einen Unternehmenschef zu kontrollieren, nicht um ihn zu bewundern und mit ihm Abmachungen zu treffen, die seine Amtszeit künstlich verlängern.

Wenn Kopper jetzt bei DaimlerChrysler von Bord endet nicht nur eine Banker- und Aufsichstratskarriere. Bei dem Autohersteller wird sich auch die Strategie verändern, für die Kopper der Pate war.

Der seit gut einem Jahr amtierende Konzernchef Dieter Zetsche wird mit großer Wahrscheinlichkeit den verlustreichen amerikanischen Konzernteil Chrysler verkaufen. Das Projekt zur Bildung eines deutsch-amerikanischen Konzerns, der in der Autoindustrie internationale Maßstäbe setzt, gilt bei Daimler intern längst als endgültig gescheitert. Nach dem Ausscheiden von Jürgen Schrempp vor gut zwei Jahren ist der Abschied seines Mentors nur konsequent.

© SZ vom 4.4.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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