Herstellung der Euroscheine:Unfairer Wettbewerb

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Die Euro-Banknoten werden künftig dort gedruckt, wo es am wenigsten kostet. Die deutschen Druckereien leiden darunter - die französische Staatsdruckerei aber nicht.

Michael Kuntz

Lange begann der Kreislauf des Geldes in der Prinzregentenstraße, dort wo die Münchner Innenstadt in die Gewerbegebiete an der Autobahn nach Passau übergeht. Hier produziert die Gelddruckerei Giesecke & Devrient (G&D) täglich bis zu acht Millionen Geldscheine.

Qualitätsprüfung von 10-Euro-Noten bei Giesecke Devrient in München: Künftig werden von dort wohl weniger Euro-Scheine kommen. (Foto: Giesecke & Devrient/dpa)

Es handelt sich um Ware von begrenzter Haltbarkeit. Die Notenbanken ziehen die meisten Papierscheine nach nur ein bis zwei Jahren abgenutzt aus dem Verkehr. Und hier schließt sich der Kreislauf wieder: Zu den Aufgaben des Herstellers hochwertiger Druckprodukte gehört es auch, Banknoten in feinste Papierstreifen zu schreddern.

Doch künftig werden wohl weniger Euro-Scheine aus der Prinzregentenstraße kommen und dort wieder landen. Denn die Europäische Zentralbank (EZB) will, dass Wettbewerb herrscht unter den Gelddruckern. Stichtag ist der 1. Januar 2012: Aber zu spüren bekommen die beiden Druckereien in Deutschland bereits jetzt die "Einübungsphase". Die Deutsche Bundesbank lässt erstmals in ihrer jahrzehntelangen Geschichte deutsche Euro-Banknoten im Ausland drucken.

Missliche Situation am Stammsitz

Die Bundesbank hält sich vor Vergabe der Aufträge am 2. August noch bedeckt, wer den Zuschlag erhält. Eine von drei Tranchen geht an die niederländische Koninklijke Joh. Enschede. Der zweite Teilauftrag landet bei François Charles Oberthur Fiduciaire (FCOF), einem privaten Unternehmen in Frankreich. Tranche Nummer drei soll für Giesecke & Devrient sein, wie die Gewerkschaft Verdi erfahren haben will, und so wird es wohl kommen, bestätigen mit den Vorgängen vertraute Personen. Vom deutschen Auftragsvolumen verbleiben nur 20 Prozent im Inland.

Für G&D entsteht eine missliche Situation am Stammsitz München. Denn hier hat das für 60 Staaten tätige Unternehmen eine moderne Druckerei aufgebaut speziell für den Euro. Mindestens ebenso heftig trifft es die gerade wieder verstaatlichte Bundesdruckerei in Berlin. Die Bundesbank entzieht ihr den einzigen Druckauftrag für Banknoten, den sie besitzt. Verdi sieht 400 Arbeitsplätze in Gefahr, je 200 in Berlin und München.

Die Europäische Zentralbank verfolgt seit fünf Jahren die Absicht, dass nicht nur der Euro in seinen Mitgliedsländern den Wettbewerb belebt, sondern auch bei seiner Herstellung die Regeln des Marktes gelten. Noch ist es nicht so weit. Von den 16 Ländern der Euro-Zone schreiben nur vier Staaten ihre Druckaufträge aus. Neben Deutschland sind das die Niederlande, Finnland und Luxemburg - also Staaten mit einem eher geringeren Bedarf an Geldscheinen.

Erhebliche Summen

Frankreich hingegen vergibt seine Euro-Aufträge weiter an seine Nationaldruckerei und die private FCOF. Die deutschen Geldhersteller Bundesdruckerei sowie G&D müssen sich also dem Wettbewerb stellen, wenn es um die Aufträge der Bundesbank geht, erhalten umgekehrt jedoch nicht die Chance, etwa in Frankreich um Druckaufträge für den Euro mitzubieten.

Nicht nur Verdi gelangt deshalb zu dem Schluss, es gebe "weder einen europäischen Markt für Euro-Banknoten noch einen fairen Wettbewerb". Das wird unter Umständen auch 2012 so bleiben.

Denn die EZB knüpft europaweite Ausschreibungen an die Voraussetzung, dass mindestens die Hälfte der Notenbanken mitmachen und sie mindestens die Hälfte des Bedarfs einschließen. Für die Drucker geht es um erhebliche Summen, obwohl ein Geldschein an sich nicht viel wert ist. Der Preis einer Banknote liegt unabhängig vom seinem Nennwert im einstelligen Cent-Bereich.

© SZ vom 24.07.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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