Henkel:Marken zu verkaufen

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Henkel will Geschäft mit einem Gesamtumsatz von etwa einer halben Milliarde Euro jährlich abgeben oder einstellen. (Foto: Ina Fassbender/REUTERS)

Schwache Konjunktur, harter Wettbewerb: Henkel verdient weniger. Der neue Chef will sich von Produkten trennen.

Von Benedikt Müller, Düsseldorf

Carsten Knobel hat Selbstkritik angekündigt. Und so beginnt der 51-Jährige auch seine erste Bilanzvorlage als Henkel-Chef. "Die Ergebnisse sind nicht zufriedenstellend und ein klarer Aufruf zum Handeln", sagt Knobel, der Anfang des Jahres an die Spitze des Persil-Konzerns gerückt ist. In manche Geschäfte habe Henkel zu wenig investiert; weiter zu machen wie bisher, wäre nicht nachhaltig. "Wir brauchen eine neue Wachstumsagenda", so Knobel.

Der Henkel-Konzern, gegründet 1876 und noch immer mehrheitlich im Besitz der Familie, ist vor allem für seine Waschmittel und Kosmetikmarken bekannt. Noch mehr verdienen die Düsseldorfer freilich mit ihren Klebstoffen, die beispielsweise Autoteile oder Smartphones zusammenhalten. Doch ist Henkel auch im vergangenen Jahr kaum gewachsen; der Gewinn ging gar um neun Prozent zurück. Die Dividende soll in diesem Jahr stagnieren.

Denn zum einen spürt die Klebstoffsparte die schwache Konjunktur in Branchen wie der Autoindustrie. Andererseits ist der Wettbewerb im Massenmarkt mit Kosmetikprodukten hart.

Die Düsseldorfer wollen nun mehr Geld für Werbung und Digitalisierung ausgeben. Dem wachsenden Umweltbewusstsein wollen sie begegnen, indem all ihre Konsumgüterverpackungen bis 2025 recycelbar oder wiederverwendbar werden sollen. Allerdings soll die Gewinnmarge in diesem Jahr weiter zurückgehen. Und die Folgen des neuartigen Coronavirus sind noch kaum abzusehen. Alleine für dieses Quartal rechnet Henkel mit Umsatzeinbußen von etwa 100 Millionen Euro, etwa wegen Logistikproblemen oder der schwächeren Nachfrage. "Dies ist eine sehr grobe Zahl", gesteht Finanzchef Marco Swoboda ein.

Die Vorstände haben nun einzelne Marken und Produkte identifiziert, vor allem in der Kosmetiksparte, von denen sie etwa die Hälfte bis 2021 verkaufen oder einstellen wollen. Insgesamt erwirtschaften diese Geschäfte einen Jahresumsatz von gut einer Milliarde Euro. Es gebe aber "keine konkreten Pläne" für einen Stellenabbau, sagt Knobel. Wenn man Geschäft abgebe, werde man dies "verantwortungsvoll mit den Arbeitnehmervertretern besprechen".

Künftig will Henkel den Umsatz wieder um zwei bis vier Prozent pro Jahr erhöhen - noch ohne Berücksichtigung von Zukäufen, die weiterhin auf der Agenda ständen. "Ich stehe für Tempo", tönt Knobel, der zuvor mehrere Jahre als Finanzvorstand die Strategie des Konzerns mitgetragen hat.

An der Börse kam der Einstand nicht gut an: Henkel hat am Donnerstag zeitweise vier Prozent an Wert verloren. Analysten äußern sich überrascht, dass der Konzern seinen Ausblick auf 2020 trotz möglicher Corona-Einbußen beibehält. Das laufende Jahr dürfte schwierig für Henkel werden, konstatiert man etwa bei Jefferies.

© SZ vom 06.03.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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