Haltungsfrage:Ach, du dickes Ei

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Wegen der Vogelgrippe müssen viele Hühner im Stall bleiben. Schon werden in den Supermärkten die Freiland-Eier knapp.

Von Michael Kläsgen, München

Supermärkte und Discounter haben derzeit ein Problem mit dem Ei. Und das trifft auch den Verbraucher, so er denn Eier isst. Die Frage lautet: Gibt es überhaupt noch Eier aus Freilandhaltung? Die Antwort: Ja, noch. Aber nicht mehr lange. In den ersten Landkreisen schon nicht mehr. Das liegt an der Vogelgrippe, die ein bisher nie da gewesenes Ausmaß erreicht hat. Wegen ihr mussten alle Freilandhühner in den Stall. Und jetzt greift eine Frist.

Das Gesetz schreibt vor, Eier von Freilandhühnern, die länger als zwölf Wochen im Stall verbracht haben, zu Eiern aus "vorübergehender Bodenhaltung" umzudeklarieren. Aus Einsern werden dann Zweier. Dahintersteckt mehr als nur ein Zahlendreher. Der Preisunterschied pro Ei liegt bei drei bis vier Cent.

Spannend wird es, wenn man sich die "Übergangslösung" ansieht, die Branchenverbände der Geflügelwirtschaft mit Genehmigung des Bundeslandwirtschaftsministeriums ausgetüftelt haben. Danach sollen die umdeklarierten Eier wie bisher in ihren Freilandhühner-Schachteln im Supermarkt-Regal liegen, aber mit einem Aufkleber versehen werden, aus dem klar hervorgeht, dass es sich hier um Eier aus "vorübergehender Bodenhaltung" handelt. Zudem will die Branche, dass die Supermärkte und Discounter sich "solidarisch" mit ihnen zeigen und die Eier ohne Preisabschlag verkaufen. Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) billigte diese Regelung, die Länder müssten aber prüfen, ob die Verpackung rechtskonform ist.

Aber wer zeigt sich hier eigentlich solidarisch? Der Handel oder doch eher der Verbraucher? Subventioniert der am Ende nicht die Betriebe? Aber warum sollte er das tun? Warum macht das nicht der Staat? Schmidt teilt mit, Entschädigungen seien nur für getötete Tiere vorgesehen. Aber die Länder dürften auch selber zahlen. Und da wird sie Sache komplex.

Als einzige Bundesland erklärte sich Schleswig-Holstein bereit, Ausgleichszahlungen zu leisten. Baden-Württemberg ließ die Hühner (angeblich) einen Tag aus dem Stall, um die Frist zu verlängern. Verbrauchertäuschung, reklamierten viele. Auch Schmidt intervenierte.

Dennoch bleiben Fragen. Birgt die Regelung nicht die Gefahr, dass manche Betriebe doppelt kassieren: die Ausgleichszahlungen (aus Kiel) und die Quersubventionen des Verbrauchers? Oder sackt sich am Ende der Handel die Cents ein?

Dazu wird es wohl nicht kommen, zeigt eine Umfrage. Edeka und Netto wollen sich solidarisch zeigen, die Eier ohne Preisabschlag verkaufen und das Geld nicht selber einstecken. Aldi Nord sucht noch nach der besten Lösung, weil alles so kompliziert ist. Auch Rewe und Penny verhandeln noch mit den Erzeugern. Ob das alles ohne Preisabschläge vonstatten-gehen wird, ist die Frage. Bei Aldi Süd werden, so viel steht fest, die Freilandeier knapp. Dafür gibt es dann mehr Eier aus Bodenhaltung zu den üblichen Konditionen. In etwa so verfährt auch Lidl, bis die Hühner wieder aus dem Stall dürfen. Und Kiel will sowieso nur gegen Nachweis zahlen. Bio-Eier übrigens sind gar nicht betroffen.

© SZ vom 11.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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