Hafenwirtschaft:Warten auf bessere Tage

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Probleme? Keine! Der Hamburger Hafen hat lediglich damit zu kämpfen, dass die Elbe vorläufig für einige Dickschiffe zu flach bleibt. (Foto: Fabian Bimmer/Reuters)

Die Verzögerung bei der Elbvertiefung ist desaströs für Hamburgs Hafenunternehmen. Zu laut jammern wollen sie aber nicht - es soll nicht so aussehen, als gäbe es ein Problem.

Von Angelika Slavik, Hamburg

Frank Horch ist ein Mann von rhetorischem Geschick, und an diesem Mittwoch ist er wild entschlossen, das wieder einmal zu beweisen.Es ist jetzt eine Woche vergangen, seit das Bundesverwaltungsgericht über die Hamburger Pläne geurteilt hat, die Fahrrinne für den Schiffsverkehr auf der Elbe auszubauen. Das Urteil lautete, die Elbvertiefung sei "nicht vollziehbar", weil die zuständigen Planungsbehörden die Umweltschutzauflagen nicht erfüllt haben. "Nicht vollziehbar", das bedeutet: Es kann nicht gebaggert werden, immer noch nicht. Mehr als zehn Jahre geht das jetzt schon so.

In der vergangenen Woche hatte Horch, Hamburgs Wirtschaftssenator, als Reaktion auf das Urteil gesagt, man müsse dann eben ein bisschen nachbessern beim Umweltschutz, das sei "eine Sache von Monaten". Jetzt steht Horch im Elb-Panorama Penthouse, hinter ihm bildet der Hafen ein fast unsäglich kitschiges Panorama, und klingt ein bisschen anders. "Ich habe gesagt, es sei eine Sache von Monaten. Nicht: von wenigen Monaten."

Zwei Jahre Verzögerung, das ist die Schätzung, die in Hamburg nun am häufigsten zu hören ist. Für die ansässigen Unternehmen, vor allem für die Hafenwirtschaft, ist das ein Desaster. Bloß: Offen sagen wollen das die wenigsten. Denn wenn die Unternehmen eines nicht brauchen können, dann dass bei den Kunden aus der ganzen Welt jetzt die Botschaft ankommt, in Hamburg gäbe es irgendein Problem.

Natürlich gibt es das Problem trotzdem. Angela Titzrath, die Vorstandschefin des Hafenlogistik-Unternehmens HHLA, gesteht immerhin ein, dass sie sich "ein anderes Urteil gewünscht" hätte. Planung sei für ihr Unternehmen und dessen Kunden "ein ganz wichtiges Gut". Am Tag des Urteils rauschte die HHLA-Aktie zwischenzeitlich mehr als 14 Prozent nach unten, am Mittwoch steht immer noch ein Minus von fast vier Prozent im Wochenvergleich.

Die Reederei hat fusioniert und deshalb jetzt neue Schiffe, die durch die Elbe passen müssen

Rolf Habben Jansen, Chef der Containerreederei Hapag-Lloyd, teilt mit, er fände die Verzögerung "unerfreulich". Hapag-Lloyd braucht die tiefere Fahrrinne besonders dringend, schließlich hat sich das Unternehmen gerade mit dem arabischen Konkurrenten UASC zusammengetan - und der bringt mehrere Riesenfrachter mit, die durch die Elbe passen sollen.

Auch beim Hafen selbst demonstriert man Optimismus: Immerhin habe das Bundesverwaltungsgericht die Elbvertiefung nicht grundsätzlich verboten, sagt der Chef der Hafenbehörde, Jens Meier. Im vergangenen Jahr wurden im Hamburger Hafen insgesamt 0,3 Prozent mehr Güter umgeschlagen als im Jahr zuvor, der Umschlag von Containern, die wichtigste Messgröße, stieg um ein Prozent an. Das ist solide, bleibt aber hinter den Wachstumsraten der härtesten Konkurrenten zurück: Im Hafen in Rotterdam stieg der Containerumschlag um 1,2 Prozent, in Antwerpen sogar um vier Prozent, jeweils im Vergleich zum Vorjahr.

Hamburg muss eine Abwanderung von Linienreedereien zu konkurrierenden Häfen fürchten. Hapag-Lloyd-Chef Habben Jansen hat bereits angekündigt, dass er Hamburg nicht mehr ansteuern werde, wenn es wirtschaftlich "nicht mehr zu rechtfertigen" sei. "The Alliance", der Verbund, zu dem auch Hapag-Lloyd gehört, soll darüber nachdenken, das Nordamerika-Geschäft nicht mehr über Hamburg abzuwickeln.

Wie hart der Kampf um die Kunden aus der ganzen Welt ist, verdeutlicht eine Anekdote, die ein Manager aus der Hafenwirtschaft erzählt: Demnach hätten die Verantwortlichen eines konkurrierenden Hafens mal ein paar verantwortliche Geschäftsleute aus Asien in einen Hubschrauber gepackt und seien mit ihnen über die Deutsche Bucht geflogen - just zu dem Zeitpunkt, als deren Schiffe dort stundenlang auf die Flut warten mussten, damit sie es im richtigen Tidefenster durch die Elbe in den Hamburger Hafen schaffen.

Die Hinterland-Anbindung, also die Infrastruktur für den Weitertransport der Waren, sei in Hamburg sehr gut, sagt der Manager. Deshalb habe der Abwerbeversuch nicht gefruchtet. "Beim nächsten Mal haben wir vielleicht nicht so viel Glück."

© SZ vom 16.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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