Härtere Gangart:Wirtschaftsminister will Stromkonzerne bändigen

Lesezeit: 3 min

Angesichts immer neuer Preiserhöhungen für Strom ist die Geduld von Michael Glos erschöpft. Im Bundestag kündigte der Wirtschaftsminister nun "Sonderregelungen" an. Die würden die vier großen Energieversorger E.ON, RWE, EnBW und Vattenfall besonders treffen.

Michael Bauchmüller

Es sei ihm zwar nicht recht, wenn immer mehr regulierende Maßnahmen gebraucht würden. "Aber wenn Oligopole ihre Marktmacht ausnutzen, dann muss auch der Staat entsprechend dagegen vorgehen", sagte Glos am Freitag in der Haushaltsdebatte des Bundestages in Berlin.

Kohlekraftwerk Schwarze Pumpe des Energieversorgers Vattenfall. (Foto: Foto: AP)

Bereits am Vortag hatte Glos der Süddeutschen Zeitung gesagt, dass er mit Änderungen im Kartellrecht die Marktmacht der vier großen Stromerzeuger bändigen wolle. ,,Wir brauchen für den Energiebereich Sonderregelungen'', so Glos.

Damit steht den deutschen Energiekonzernen nach der staatlichen Regulierung der Strom- und Gasnetze nun auch in den Kraftwerken eine härtere Gangart bevor.

"Preise stärker gestiegen als Kosten"

,,Es ist augenfällig, dass die Stromgroßhandelspreise in einem weit stärkeren Ausmaß gestiegen sind, als dies mit steigenden Stromerzeugungskosten erklärt werden kann'', sagte Glos.

Ein Großteil der deutschen Energieversorger möchte derzeit mit Hinweis auf steigende Großhandelspreise den Strompreis erhöhen. So kostete an der Leipziger Strombörse EEX die Megawattstunde Grundlaststrom im August durchschnittlich 44,48 Euro. Das sind 16 Prozent mehr als ein Jahr zuvor.

Die Stromerzeuger begründen den Anstieg mit höheren Rohstoffpreisen und Klimaschutz-Auflagen. Doch nach Auffassung von Wirtschaftsminister Glos spiegeln die Preise an der Strombörse nicht die tatsächlichen Kosten der Stromerzeugung wider, die in den Kraftwerken der großen Stromversorger anfallen.

Börsenpreis orientiert sich an teuersten Kraftwerken

Während abgeschriebene Kernkraftwerke sehr günstigen Strom liefern, produzieren Gaskraftwerke derzeit wesentlich teurer. Doch der Börsenpreis orientiert sich an den Erzeugungskosten der teuersten Kraftwerke und wird dadurch nach oben getrieben, zum Vorteil vieler Stromproduzenten.

,,Für Erzeuger, die zu geringen Kosten produzieren und die deshalb zu niedrigen Preisen anbieten können, entstehen sehr hohe Erlöse", sagte Glos.

,,Ganz klar ein Oligopol''

Das Bundeswirtschaftsministerium arbeitet deshalb an einer Änderung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen. Es will dabei unter anderem an den Großhandelspreisen ansetzen. ,,Wir sollten das Instrumentarium zur Missbrauchsaufsicht effizienter gestalten", fordert Glos.

Bessere Handhabe für Wettbewerbshüter

Die Kartellbehörden sollen eine bessere Handhabe bekommen, um Energieunternehmen den Missbrauch ihrer Marktmacht zu unterstellen. Dies zielt vor allem auf dei großen Stromerzeuger.

Die vier größten Anbieter Eon, RWE, EnBW und Vattenfall vereinen nach Angaben des Bundeskartellamts 90 Prozent aller Kraftwerkskapazitäten auf sich. ,,Alle vier großen Erzeuger stellen ganz klar ein Oligopol dar'', sagte Kartellamtspräsident Ulf Böge der SZ.

Damit gelten die Konzerne zwar im Sinne des Kartellrechts als ,,marktbeherrschend'' eingestuft werden. Eingreifen können die Kartellbehörden bislang aber nur, wenn sie einen Missbrauch nachweisen können.

Schärfere Beweislast

Dies soll nach Plänen des Wirtschaftsministeriums leichter werden. So könnte auf die Energiekonzerne eine schärfere Beweislast zukommen, wenn das Kartellamt ihnen ein Missbrauch ihrer Marktmacht vorwirft.

Diesen Vorwurf könnten die Wettbewerbshüter künftig leichter erheben: Schon eine große Differenz zwischen Erzeugungskosten und Großhandelspreisen könne bei marktbeherrschenden Anbietern ,,als Vermutung für missbräuchliches Verhalten'' gelten, heißt es in einem Ministeriumspapier.

Gesonderte Prüfung

Auch könnten die Wettbewerbshüter künftig jeden Bestandteil des Endkundenpreises gesondert prüfen - etwa den Preis an der Strombörse. Dazu seien Energie-Sonderregelungen im Wettbewerbsgesetz erforderlich, heißt es in dem Papier weiter. Und: ,,Die Arbeiten an einem Referentenentwurf werden unverzüglich aufgenommen.''

Aus dem Kartellamt erhält Glos Unterstützung. ,,Wenn in diese Richtung Überlegungen angestellt werden, kann ich das nur begrüßen", sagte Behördenchef Böge.

Das Kartellamt prüft momentan, ob Energiekonzerne Marktmacht missbrauchen, wenn sie kostenlos verteilte Kohlendioxid-Emissionsrechte in den Strompreis einkalkulieren. Ergebnisse könnten bis Jahresende vorliegen, sagte Böge.

Engpässe sollen verschwinden

Das Wirtschaftsministerium will beim Wettbewerbsrecht nicht Halt machen. Leichter als bisher sollen Drittanbieter Kraftwerke ans Stromnetz anschließen können. Ferner sollen Engpässe im europäischen Stromhandel verschwinden.

So will das Ministerium prüfen, wie die vier großen Energiekonzerne verpflichtet werden können, mehr in grenzüberschreitende Leitungen zu investieren; sie sind vielerorts zu klein. Sollte eine Mehrheit der Länder dies verlangen, soll auch deren Aufsicht über Strompreise verlängert werden. Andernfalls endet sie im Sommer 2007.

,,Trotz aller Unzulänglichkeiten dieses Verfahrens erscheint es bei der jetzigen Preisentwicklung nicht opportun, auf ein Instrument der Preiskontrolle zu verzichten'', heißt es. Für eine Verlängerung wirbt unter anderem Nordrhein-Westfalens Wirtschaftsministerin Christa Thoben (CDU).

© sueddeutsche.de - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: