H&M behindert Betriebsräte:Unrecht behält Recht

Lesezeit: 1 min

H&M reiht sich ein in die Liste von Firmen, die Arbeitnehmerrechte verletzt haben sollen. Bei Filialisten klappt das ja auch besonders gut.

Paul Katzenberger

Die Liste der Angeprangerten wird immer länger: Nach Aldi, Lidl, Schlecker und KiK ist nun auch Hennes & Mauritz (H&M) in die Kritik geraten, die Arbeit von Betriebsräten zu behindern.

Andrang auf eine H&M-Filiale: Der Umgang mit den Kunden scheint der Textilkette leichter zu fallen als mit den eigenen Beschäftigten. (Foto: Foto: AFP)

Die Vorwürfe gehen bei allen genannten Unternehmen immer wieder in die gleiche Richtung: Zuerst wird die Bildung von Betriebsräten systematisch erschwert, indem die Mitarbeiter, die sich dafür engagieren, eingeschüchtert oder aus dem Unternehmen gedrängt werden. Gelingt es tatsächlich, einen Betriebsrat einzusetzen, so wird dessen Arbeit gestört. Möglichkeiten dazu gibt es viele. Im aktuellen Fall bei H&M wird der Unternehmensführung etwa vorgeworfen, dem Betriebsrat gängigste Arbeitsmittel wie etwa einen Faxanschluss verweigert oder die Teilnahme an Gewerkschaftsveranstaltungen verhindert zu haben.

Wollte man sich auf die Seite der H&M-Manager stellen, müsste man ihnen eine kluge Strategie attestieren: Im Gegensatz etwa zu der heimlichen Mitarbeiterbespitzelung bei Lidl ziehen die vorgehaltenen Rechtsverletzungen nicht automatisch einen Aufschrei der Öffentlichkeit nach sich, sondern müssen mühsam auf dem Gerichtsweg abgestellt werden.

Spielräume des Betriebsverfassungsgesetzes

Streitigkeiten über zugestandene Arbeitsmittel wie Schreibtische oder gar eigene Räume sowie die Teilnahme an gewerkschaftlichen Veranstaltungen und Seminaren gehören zum Tagesgeschäft vieler Betriebsräte, weil diesbezügliche Ansprüche immer auch von der Größe des Unternehmens und der dort gelebten Praxis abhängen.

Gesteht das Arbeitsgericht in München dem dreiköpfigen Betriebsrat eines 30-Mann-Unternehmens etwa ein eigenes Büro zu, so könnte ein analoger Fall in Leipzig möglicherweise zum Nachteil des dortigen Betriebsrates entschieden werden - das Betriebsverfassungsgesetz lässt diese Spielräume zu.

Die Auslegbarkeit des Arbeitsrechts spielt der Unternehmensführung aber in die Hände, vor allem, wenn sie einen Betriebsrat nicht akzeptieren will. Dann nämlich geht der Streit um jeden Radiergummi vor Gericht. Auch wenn der Betriebsrat nach wochenlangen Auseinandersetzungen schließlich Recht bekommt, so wird er doch systematisch zermürbt.

Bei Filialisten wie H&M und Co. funktioniert diese Strategie besonders gut - die Belegschaften sind pro Filiale verhältnismäßig klein und wegen der Beschäftigung besonders vieler Teilzeitkräfte meist auch recht heterogen. Solidarisierungseffekte sind da schwer zu erzielen.

Auf dem Papier ist der Arbeitsschutz in Deutschland vorbildlich und funktioniert in Großkonzernen prächtig, wie die im internationalen Vergleich geringe Zahl von Streiktagen eindrucksvoll belegt. Bei den Handelsdiscountern zeigt sich allerdings immer wieder, dass Recht haben und Recht bekommen auch in Deutschland zweierlei Dinge sind.

© sueddeutsche.de/ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: