Großes Glück für wenig Geld:Die Banane

(Foto: Jens Kalaene/dpa)

Von Ekaterina Kel

Der Ostblock und seine (nicht vorhandene) Banane, es ist die Geschichte vom chronischem Mangel und der Sehnsucht nach mehr. Aber es ist auch die Geschichte von all denjenigen, die das Glück hatten, in den Neunzigern in einem der Länder aufzuwachsen, in denen es ganz plötzlich Snickers, Kaugummis - und Bananen zu kaufen gab. Denn diese zu genießen gehörte von der Öffnung des Eisernen Vorhangs an zur obersten Pflicht eines Kindes, falls die Eltern sie denn einmal in der Woche spendierten, die Dinger waren schließlich fürchterlich teuer. Eine für dich und eine für deinen Bruder, hieß es. Der Bruder kann dann der gutgläubigen Schwester Streiche spielen. Zum Beispiel, ihr an die Nase binden, dass die Banane, dieser süße, teure Schatz, ganz besonders lecker schmeckte, wenn man sie so schnell wie möglich in den Mund stopfte. Und die Schwester macht wie ihr geheißen. Innerhalb von Sekunden ist die Banane aufgegessen. Zurück bleibt das Gefühl, den heiß ersehnten Geschmack verpasst zu haben - und der schadenfrohe Blick des Bruders. Heute hat die Frucht den Status des Besonderen längst eingebüßt. Bananen verschlingen ist bei der Schwester zu Hause trotzdem nicht drin.

© SZ vom 02.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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