Große Pläne mit dem A380:Fliegende Wasserfälle

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Allerlei Extras sollten die Attraktivität des weltgrößten Passagierflugzeugs steigern, doch der Euphorie folgt jetzt Ernüchterung.

Karin Steinberger

Es war wie ein Rausch, damals, als die Dinge in der Airbus-Welt noch in Ordnung waren. In Broughton standen erwachsene Männer voller Stolz in gigantischen Flügeln herum, in Saint-Nazaire setzten Arbeiter liebevoll das Nasensegment auf das Cockpit, in Hamburg spielten sie innenarchitektonische Extravaganzen durch, Wasserfälle, Bars, Schönheitsfarmen.

Alles möglich, alles machbar, alles nur eine Frage des Preises. Europa hob ab, jetzt, da man nach dem gemeinsamen Parlament und der gemeinsamen Währung auch ein gemeinsames Riesenflugzeug hatte, den A380-800, das größte Passagierflugzeug der Welt. Katalogpreis 250 Millionen Dollar.

Als die Welt den A380 am 18. Januar 2005 das erste Mal in Toulouse zu sehen bekam, warfen Hunderte Airbus-Werksarbeitern ihre Mützen in die Luft. Hinter ihnen stand der Gigant, ihr Gigant, mit einem Rumpf von 7,14 Metern Durchmesser, einer Spannweite von 79,80 Metern, einem Fahrwerk, das das Gewicht von fünf Blauwalen tragen kann und Turbinen, die eine Leistung von 3500 Personenwagen haben.

Geschacher um Standorte

Und die Verantwortlichen schwärmten von den "optimierten" Kraftflüssen innerhalb Europas und davon, dass man nun endgültig an der Spitze der zivilen Luftfahrt stünde. Man verwies auf Diagramme, die zeigten, dass Airbus seit zwei Jahren mehr Flugzeuge ausliefere als der amerikanische Konkurrent Boeing.

"Europe in the Sky", stand auf den Broschüren, mit denen sich Airbus damals präsentierte. Und an den Straßen, auf denen nachts die gigantischen Einzelteile aus ganz Europa mit Spezialtransportern nach Toulouse gebracht wurden, applaudierten die Menschen. Lange her.

Natürlich hatten sie damals schon Schwierigkeiten überstanden. Es war ein heftiges Geschacher in Europa, wer was bauen darf für den A380. Es wurde um Standorte gerungen und um Anteile. Engländer, Franzosen, Deutsche, Spanier. Man einigte sich murrend und versuchte, die Logistik in den Griff zu bekommen. Gigantische Einzelteile mussten durch Europa gekarrt werden. Man baute Spezialschiffe und Speziallaster, begradigte Straßen.

Dann kam der nächste Schock: Der A380 war zu schwer, viel zu schwer. Alles wurde neu berechnet, abgespeckt, jedes Fenster, jedes Querruder, jedes Kabel. Als das erledigt war, verschärfte London Heathrow seine nächtliche Lärmbestimmung. Singapore Airlines kündigte an, wenn man nachts nicht von Heathrow abfliegen könne, kaufe man nicht. Das Rechnen fing noch einmal an.

Am 27.April 2005 flog der A380 dann endlich. Damals schien die ganze Welt weiß-blau, Airbus-blau. 16 Kunden, 159 Festbestellungen. Da dachten sie, sie haben das Schlimmste hinter sich.

Jetzt ist es die Elektrik, die alles ins Wanken bringt, die die Auslieferung des A 380 ein weiteres Mal verzögert und den Kurs in abstruse Tiefen treibt. Induzierter Widerstand, Gewicht, Evakuierung, alles haben sie in den Griff bekommen.

Und jetzt so eine vermeintliche Kleinigkeit. In Toulouse sagt der Pressesprecher, dass die Stimmung angestrengt sei, man habe bei Airbus ja nicht nur den A380. Man werde auch das hinkriegen, sagt ein Airbus-Mitarbeiter in Hamburg. Dann geht er, Flugzeug bauen.

© SZ vom 16.06.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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