Großbritannien:24 Tonnen Rote Bete

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Vorräte aufstocken, auf Lieferprobleme einstellen und immer wieder einmal Kosten checken: Wie sich britische Unternehmen auf einen harten Brexit vorbereiten. Und was das für die dortige Volkswirtschaft bedeutet.

Kommt der harte Brexit oder kommt er nicht? Die Unsicherheit belastet Firmen in Großbritannien, zum Beispiel den Snack-Hersteller Nim's Fruit Crisps. Der hatte, nachdem im März der Austritt Großbritanniens aus der EU vertagt worden ist, sicherheitshalber Rote Bete gehortet - und zwar 24 Tonnen. Das sollte mögliche Lieferstörungen ausgleichen. "Es war ein absoluter Albtraum", sagt nun Nimisha Raja, die Vorstandsvorsitzende des südöstlich von London gelegenen Konzerns. "Wir haben versucht, das schnell abzuarbeiten, um Geld für die Lagerung zu sparen. Danach sagten alle, sie wollten nie wieder Rote Bete sehen." Im Vorfeld des neuen Austrittstermins am 31. Oktober scheint der Lageraufbau der Unternehmen weniger dramatisch zu sein als in den ersten drei Monaten des Jahres.

Das Horten vor dem ursprünglichen Brexit-Datum ist auch in den Daten der britischen Volkswirtschaft sichtbar. Im ersten Quartal verursachte das Einlagern der Vorräte einen Wachstumsschub von 0,5 Prozent, bevor das Wachstum dann im zweiten Quartal schrumpfte, als die Betriebe ihre Vorräte wieder abbauten. Dieses Mal könnte es anders sein. Unternehmen müssen mit der Möglichkeit einer weiteren Verschiebung rechnen, verfügen teilweise weiterhin über hohe Bestände, haben noch mit der unwirtschaftlichen letzten Lageraufstockung zu kämpfen, wissen nicht, wie sie sich vorbereiten sollen oder haben diesen ganzen Prozess mittlerweile satt.

Nachdem sie gerade erst den Rote-Bete-Berg abgebaut haben, überlegt Nim's Fruit Crisps, ob man diesmal wieder Vorräte anlegen sollte. Angesichts der Erfahrungen vom vorigen Mal und des politischen Chaos, durch das sich der Brexit noch weiter hinauszögern könnte, wird das Unternehmen es aber wahrscheinlich nicht tun. Beim Metallpressunternehmen Brandauer bleiben die Lagerbestände vom März größtenteils bestehen, sagt der Vorstandsvorsitzende Rowan Crozier. Das in Birmingham ansässige Unternehmen stellt Komponenten her, die in neun von zehn Wasserkochern weltweit enthalten sind. Mit einer Vorlaufzeit von bis zu 50 Wochen für Materialien hält er ein Drittel mehr als erforderlich, sollten die Lieferwege durch den Brexit unterbrochen werden.

© SZ vom 01.10.2019 / Bloomberg - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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