Großauftrag:Lufthansa liebäugelt mit Boeing-Jumbos

Lesezeit: 2 min

Einer der treuesten Airbus-Kunden steht offenbar davor, Großflugzeuge vom Erzrivalen Boeing zu bestellen. Das Geschäft hätte große Signalwirkung.

Paul Katzenberger

Die Lufthansa steht einem Zeitungsbericht zufolge kurz vor dem Kauf von 20 der erneuerten Boeing-Jumbos 747-8.

Die Fluggesellschaft könne die Bestellung bereits an diesem Mittwoch nach einer Aufsichtsratssitzung bekannt geben, berichtete das Wall Street Journal in seiner Online-Ausgabe.

Eine Sprecherin der Fluggesellschaft in Frankfurt sagte zu dem Bericht: "Es gibt keine Entscheidung, wir verhandeln immer mit Boeing und Airbus über die Flugzeuge unserer Flotte."

Sie bekräftigte, dass die Lufthansa trotz der Probleme bei der A380- Produktion an ihrer Bestellung von 15 Maschinen festhalte. Das erste Flugzeug dieses Typs soll der Lufthansa nach letztem Stand im Sommer 2009 ausgeliefert werden.

Fünf Milliarden US-Dollar

Dem Wall Street Journal zufolge wurde das Geschäft mit Boeing bereits vergangene Woche per Handschlag vereinbart. Zudem sei eine Option für 20 weitere Boeing-Maschinen im Gespräch. Den Listenpreis für 20 Flugzeuge der überarbeiteten Version, der 747-8 Intercontinental mit 467 Plätzen, gibt die Zeitung mit fünf Milliarden US-Dollar (3,75 Milliarden Euro) an.

Airbus musste die Auslieferung der A380-Maschinen wegen der Produktionsprobleme immer weiter verschieben. Vor einigen Wochen stornierte der Paketzusteller FedEx als bisher einziger Kunde die Bestellung von zehn A380-Frachtern und will stattdessen bei Boeing kaufen.

Sollte sich die Lufthansa tatsächlich für den Kauf der Boeing-Jumbos entscheiden, wäre dies für den US-Luftfahrtkonzern ein großer Erfolg. Denn durch die neue Konkurrenz des Airbus A380 hatte Boeing die verlängerte Version seines Großflugzeugs bislang lediglich im Frachtbereich platzieren können.

Die Lufthansa wäre nun der erste Kunde, der die 747-8 auch als Passagierflugzeug einsetzen würde. "Die Verzögerungen beim A380 sind für Boeing eine Riesenchance, die nutzen jetzt die Gunst der Stunde", erklärt der Luftfahrt-Analyst Stefan Maichl von der Landesbank Baden-Württemberg.

Allerdings sei die mögliche Entscheidung der Lufthansa für die 747-8 nicht unbedingt durch die derzeitigen Produktionsschwierigkeiten beim Airbus A380 bedingt, meint Maichl.

"Da die 747-8 mit ihren knapp 470 Plätzen deutlich kleiner ist als der A380 mit seinen 550 Sitzen kann der Boeing-Jumbo für die Lufthansa durchaus eine sinnvolle Ergänzung der Flotte sein", so der Experte. Für die Lufthansa wäre die Boeing womöglich also auch ohne die Lieferverzögerungen bei Airbus in Frage gekommen.

Signalwirkung

Die mögliche Entscheidung der Lufthansa für die 747-8 hätte aber eine starke Signalwirkung bei anderen Airlines, glaubt Maichl: "Wenn sich eine so renommierte Gesellschaft für den Kauf von Boeing-Jumbos entschließt, dann werden andere Fluggesellschaften ihre Entscheidung für den A380 vermutlich überdenken - und zwar wegen der Produktionsschwierigkeiten", erklärt der Analyst.

Sollten sich weitere Gesellschaften für die 747-8 als Passagierflugzeug entscheiden, wären die Folgen für Airbus gravierend: Der europäische Luftfahrtkonzern, der auf dem Markt für Passagierjumbos bislang quasi als Monopolist gilt, müsste sich den Kuchen wieder mit seinem US-Konkurrenten teilen.

Damit würde es für Airbus schwieriger mit dem A380 in die Gewinnzone zu kommen, die bei 420 verkauften Flugzeugen liegt. Derzeit hat sich Airbus etwa 160 Bestellungen sichern können. Ob diese tatsächlich alle aufrecht erhalten werden, erscheint derzeit fraglicher denn je. Die Lufthansa-Entscheidung dürfte bei Airbus mit Spannung erwartet werden.

© sueddeutsche.de - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: