Griechenland:Konto geplündert

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In höchster Not leert die Regierung in Athen eine Notfall-Kasse für Erdbebenopfer und Flutkatastrophen.

Von Cerstin Gammelin, Brüssel

Um die dramatische Finanznot ihres Landes besonders eindrücklich unter Beweis zu stellen, hat die griechische Regierung die an diesem Dienstag fällige Tilgungsrate weitgehend von einem Konto bezahlt, das Athen beim Internationalen Währungsfonds für Notfall-Reserven eingerichtet hat. Informationen aus der griechischen Zentralbank zufolge leerte die Regierung das Notfallkonto beim IWF, um die fällige Tilgungsrat in Höhe von 756 Millionen Euro an den Weltwährungsfonds rechtzeitig überweisen zu können.

Aus Athen verlautete, mit der Räumung des Kontos sei verhindert worden, dass Griechenland seine Raten an die internationalen Gläubiger nicht habe zahlen können und deshalb womöglich für zahlungsunfähig erklärt worden wäre. Die Zahlung geht zulasten der finanziellen Reserven des Landes, da das Notfallkonto für Katastrophenfälle vorgehalten wird. "Wenn es morgen eine Flut gibt oder ein Erdbeben, stehen wir ohne Mittel da", hieß es in Athen.

Den Informationen zufolge nutzte die griechische Regierung 650 Millionen Euro des Notfallkontos und weitere rund 100 Millionen Euro aus nationalen Zahlungsreserven, um die gesamte Tilgungsrat an den Weltwährungsfonds zahlen zu können. Nach Informationen der Athener Zeitung Kathimerini hat die Regierung den Internationalen Währungsfonds vorab von ihrer Absicht, das Notfallkonto zu räumen, informiert. Washington habe zugestimmt, schreibt das Blatt. Eine Bestätigung des Weltwährungsfonds war zunächst nicht zu erhalten.

Athen ist verpflichtet, das Notfallkonto im kommenden Monat wieder aufzufüllen. Damit stiegen die finanziellen Verpflichtungen die Griechenland im Juni allein an den Weltwährungsfonds zu zahlen hat, auf knapp 2,2 Milliarden Euro.

Griechenland hofft darauf, seine finanzielle Notlage mit Zahlungen der Gläubiger aus dem laufenden Rettungspaket lindern zu können. Insgesamt stehen noch 18 Milliarden Euro bis 30. Juni zur Auszahlung bereit. Voraussetzung ist, dass die Regierung in Athen die vereinbarten Verpflichtungen erfüllt.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble dämpfte nach Beratungen der europäischen Finanzminister in Brüssel erneut die Hoffnung Athens, dass die Zahlungen absehbar sein könnten. Die Atmosphäre der Verhandlungen zwischen Griechenland und den Euro-Partnern sei besser geworden, sagte er. "Aber in der Sache sind die Fortschritte nicht vergleichbar mit denen in der Atmosphäre." Die Euro-Gruppe werde erst über die Freigabe der Gelder entscheiden, so Schäuble abschließend, wenn die Experten der Gläubiger einen Bericht vorlegten, in dem sie Athen die Erfüllung des Programms bescheinigten.

Die Europäische Zentralbank erleichterte die finanzielle Notlage der griechischen Regierung am Dienstag. Sie erhöhte dem Vernehmen nach die Notkredite für griechische Banken, damit diese den Zahlungsverkehr aufrecht erhalten können, die sogenannten Ela-Kredite ("Emergency Liquidity Assistance"), auf 80,0 Milliarden Euro erhöht. Damit stünden den griechischen Finanzinstituten 1,1 Milliarden Euro mehr zur Verfügung. Die EZB entscheidet mittlerweile wöchentlich neu über die Nothilfen.

© SZ vom 13.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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