Griechenland:Der Verkauf kann beginnen

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Premier Tsipras hat sich durchgesetzt: Das Parlament in Athen stimmt mit knapper Mehrheit dem neuen Privatisierungsfonds zu.

Von Mike Szymanski, Istanbul

Die Lage kann noch so düster sein, Alexis Tsipras weiß, wie man Licht macht. Es ist mal wieder Reformwoche in Athen. Um weitere 2,8 Milliarden Euro aus dem 86-Milliarden-Rettungspaket zugeteilt zu bekommen, muss der griechische Premier seinem Volk neue Zugeständnisse abringen. Dieses Mal geht es um den neuen Privatisierungsfonds, den Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble im Gegenzug für weitere Milliarden zur Bedingung gemacht hatte. Griechenland soll auch sein Staatsvermögen zur Rettung einsetzen - unter anderem Wasserwerke und Gasversorger. "Als nächstes verkauft ihr die Akropolis", riefen Empörte auf den Straßen von Athen.

In dieser Untergangsstimmung trat Tsipras also am Mittwoch vors Parlament. Die besseren Zeiten kämen, ganz sicher. Das ist seine Botschaft. Der Aufschwung naht. Noch in diesem Jahr werde man über Schuldenerleichterungen mit den Gläubigern reden. All die schmerzhaften Einschnitte: nicht umsonst. Die Abstimmung im Parlament hatte seine Regierung - wie so oft in den vergangenen Monaten - knapp für sich entschieden. 152 der 300 Parlamentarier stimmten dafür. Das waren die Abgeordneten der Regierungskoalition aus Tsipras' linker Syriza-Partei und der rechtspopulistischen Anel. Die Opposition: dagegen.

Immer, wenn es besonders ungemütlich für Tsipras wird, erwähnt er die von den Geldgebern in Aussicht gestellte Debatte über Schuldenerleichterungen. Dass er dieses Mal beim Reformpaket nach der Sommerpause aufs Tempo drückt, hat auch damit zu tun, dass er den Geldgebern keinen Anlass bieten will, die Debatte weiter aufzuschieben. "Zum Jahresende erwarten wir gute Nachrichten von dieser Front", sagte Tsipras. Die Griechen werden ungeduldig. "Die Leute sind enttäuscht. Sie haben uns aber nicht aufgegeben", beschreibt ein Regierungsmitglied die Lage.

Das jüngste Reformpaket, das Tsipras durchs Parlament drückt, ist wieder eines, das ihn des Wortbruchs überführt. Seine Regierung war mit dem Versprechen an die Macht gekommen, die Sparpolitik zu beenden. Eine radikale Privatisierungspolitik passt nicht zur DNA des Linkspolitikers Tispras und seiner Syriza. Kurz vor der Abstimmung mussten er und Finanzminister Euklid Tsakalotos noch zwei Parlamentarier aus dem eigene Lager auf Linie bringen.

In der Debatte versicherte Tsakalotos, dass es beim Fonds nicht um den großen Ausverkauf gehe, sondern darum, das Vermögen zum Wohle der Bürger einzusetzen - sei es für Investitionen, sei es, um den finanziellen Verpflichtungen des Landes nachzukommen. Er werde über die Privatisierungen wachen. Nikos Dendias, Abgeordneter der größten Oppositionspartei, der Nea Dimokratia, warf der Regierung vor, das Land unter Vormundschaft der Geldgeber gestellt zu haben. Die Kontrolle über den Superfonds hat ein fünfköpfiges Gremium - die Gläubiger besetzen zwei Posten, Griechenland besetzt drei. Der Franzose Jacques Le Pape, ein ehemaliger enger Mitarbeiter von IWF-Chefin Christine Lagarde, soll es leiten. Ursprünglich sollte der Fonds Erlöse in Höhe von 50 Milliarden einbringen. Dieses Ziel galt allerdings von Anfang an als zu hoch gegriffen. Mittlerweile gilt als Zielmarke sechs Milliarden bis 2018. Für Griechenland trotzdem eine große Summe.

© SZ vom 29.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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