Goldhandel in der Schweiz:Schmutzige Schätze

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Zwei Drittel des weltweit geförderten Goldes werden in der Schweiz verarbeitet. (Foto: dpa)

Spätestens seit James Bond den Schurken Goldfinger durch die Schweizer Alpen jagte, ist das Land als Drehscheibe des internationalen Goldhandels bekannt. Zwei Drittel des weltweit geförderten Edelmetalls werden hier verarbeitet. Doch an einem Teil dieses Goldes klebt Gift, Dreck und Blut.

Von Wolfgang Koydl, Zürich

Die Schweiz ist reich an Bergen, doch außer Skipisten, schöner Aussicht und Wanderwegen haben diese Berge nicht viel zu bieten. Denn in ihrem Inneren verbergen sich kaum Bodenschätze: keine Kohle, keine Erze, und schon gar keine Edelmetalle. Gleichwohl ist die Eidgenossenschaft weltweit eine der größten und wichtigsten Drehscheiben für den Handel mit Gold, und dies könnte für das Land über kurz oder lang zum Problem werden.

Der Goldhandel hat Tradition in der Schweiz, und nicht erst seit James Bond dem fiktiven Unternehmer-Schurken Auric Goldfinger im Aston Martin über den Furka-Pass in dessen alpenländische Goldveredelungsanstalt folgte. Heute liegen vier der größten Gold-Raffinerien der Welt in der Schweiz - drei im Tessin, eine am Neuenburgersee. Zwei Drittel des weltweit geförderten Edelmetalls werden hier vom Gestein getrennt, veredelt und zu Barren zwischen zehn Gramm und 12,5 Kilogramm gegossen. Im Jahr 2011 waren es 2677 Tonnen Rohgold mit einem Gesamtwert von knapp 80 Milliarden Euro.

Doch ein großer Teil dieses Goldes wird unter Umständen gefördert, welche sowohl die Würde und die Rechte der Bergarbeiter als auch Natur und Umwelt verletzen. An diesem "schmutzigen Gold" kleben Gift, Dreck und Blut. Immer vernehmlicher fordern Menschenrechts- und Umweltaktivisten daher ein Zertifikat, das die Herkunft und die Art der Förderung des Edelmetalls bestätigt, ähnlich dem sogenannten Kimberley Certification Process für Diamanten.

Undurchsichtige Statistiken

Die London Bullion Market Association, ein Zusammenschluss von Londoner Goldhändlern, hat bereits Richtlinien erlassen. Darin werden Raffinerien aufgefordert, "die systematische oder weit verbreitete Verletzung von Menschenrechten zu bekämpfen, nicht zu Konflikten beizutragen, hohe Standards bei der Bekämpfung der Geldwäsche einzuhalten, und Finanzierungspraktiken für Terroristen zu bekämpfen".

Das Problem der Schweiz liegt darin, dass ihre Statistiken über die Ein- und Ausfuhr von Gold bewusst undurchsichtig sind und vor allem seine Herkunft häufig verschleiern. Dies geht auf einen politischen Beschluss zurück, den die Regierung in Bern im Jahr 1981 fasste. Das Land stand damals im Mittelpunkt internationaler Kritik, weil es zeitweise bis zu 80 Prozent des Handels mit südafrikanischem Gold abwickelte und damit dem weltweit geächteten Apartheid-Regime dringend benötigte Deviseneinnahmen bescherte. Das wollte man verheimlichen. Obwohl die Rassisten schon lange nicht mehr an der Macht sind, wurde an den eidgenössischen Regeln allerdings nichts geändert.

Inzwischen hat unter anderem die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) in einem Anfang Dezember veröffentlichten "Goldreport" auf unhaltbare Zustände hingewiesen. So seien in der peruanischen Amazonasregion Madre de Dios Hunderte Quadratkilometer Regenwald abgeholzt worden. Da das Gold oft mit Zyanid aus dem Gestein gelöst werde, bleibe tonnenweise hochgiftiger Abfall zurück, der häufig das Grundwasser verschmutze. Außerdem komme es immer wieder zu bewaffneten Konflikten zwischen Bergbaukonzernen, kleinen, unabhängigen Goldschürfern und der Bevölkerung, bei denen es auch Tote gebe.

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Konkret wirft die Studie den Schweizer Goldraffinerien vor, illegal abgebautes Gold aus Problemminen in Peru verarbeitet zu haben. In einem Fall soll als Lieferant zudem eine Firma beteiligt gewesen sein, gegen die in Peru wegen Geldwäsche im Drogenhandel ermittelt wird, wie der Zürcher Tages-Anzeiger berichtete. Die Unternehmen Pamp und Metalor wiesen die Vorwürfe zurück. Alle Zulieferer in Peru seien legal registriert, und alle Bestimmungen zur Bekämpfung der Geldwäsche würden eingehalten, hieß es. Von den beiden anderen Unternehmen Valcambi und Argor-Heraeus gab es keine Stellungnahmen.

Pamp betonte zudem seinen "erklärten Willen", schon "in naher Zukunft eine Rückverfolgbarkeit für Gold" vom Verbraucher bis zur Mine anzubieten. An einem Projekt mit dem Namen Swiss-Better-Gold-Initiative sind die Weltbranchenorganisation Responsible Jewellery Council in London, die Schweiz und Peru sowie die Max-Havelaar-Stiftung beteiligt. Letztere hat vor allem bei Lebensmitteln Fairtrade-Kennzeichnungen durchgesetzt und möchte nun bei Gold ein ähnliches Zertifikat "Fairtraded Fairmined" (fair gehandelt, fair abgebaut) einführen.

Die Zeit drängt, denn das Problem wird sich nach Überzeugung von Experten eher verschärfen. Wegen der weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise ist Gold attraktiver geworden. Da sich der Preis in den vergangenen vier Jahren mehr als verdoppelt hat, rentiert sich nun auch der Abbau in weniger ergiebigen Gebieten, wo der Einsatz von aggressiven und umweltschädlichen Methoden notwendig ist.

© SZ vom 04.01.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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