Goldener Ausstieg:Kritik an hohen Abfindungen wächst

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In den Top-Etagen der deutschen Wirtschaft gibt es zunehmend Kritik an den hohen Abfindungen im Falle des vorzeitigen Ausscheidens von Vorständen.

Karl-Heinz Büschemann

Ein Mittel zur Beschränkung dieser Zahlung sollen kürzere Laufzeiten für die Verträge sein. Andere fordern die Deckelung der Abfindungen.

Der frühere Mannesmann-Chef Klaus Esser geriet wegen einer Rekord-Abfindung von 60 Millionen Euro im Jahr 2000 ins Visier der Justiz. (Foto: Foto: dpa)

Bisher galt dieses Thema als Tabu. Doch wächst die Kritik an der Praxis der so genannten goldenen Handschläge. "Die Abfindungen müssen begrenzt werden", fordert der Siemens-Aufsichtsratsvorsitzende Heinrich von Pierer, "um die Dinge nicht ausufern zu lassen".

Ähnlich äußert sich Paul Achleitner, der als Finanzchef im Allianz-Vorstand sitzt. Dem Manager, der auch Mitglied der Regierungskommission Deutscher Corporate Governance Kodex ist, schwebt eine Begrenzung der Abfindungen auf zwei Jahreseinkommen vor: "Damit stünden Vorstände immer noch gut da."

Schweden macht es anders

Man könne die Verringerung der Abfindungen "grundsätzlich entweder durch Verkürzung der Laufzeiten von Vorstandsverträgen lösen oder durch die Deckelung der Bezüge".

Er würde die Begrenzung der Abfindungen einer Laufzeitverkürzung vorziehen. Ähnlich sieht es Hakan Samuelsson, der Vorstandsvorsitzende der MAN AG. In seiner Heimat Schweden gebe es keine Laufzeiten für die Vorstandsverträge.

Die Chefs könnten von einem Tag auf den anderen abgesetzt werden. Abfindungen seien auf maximal zwei Jahresgehälter beschränkt. "Das funktioniert ausgezeichnet", sagt der MAN-Chef.

Er könnte sich vorstellen, auch deutsche Vorstandsverträge gar nicht zu befristen, weil die Gewerkschaften häufig vor der Verlängerung eines Vertrages noch Zugeständnisse vom Vorstandsvorsitzenden verlangen.

Kritik an Laufzeiten für Chef-Verträge

Damit kommt auch Bewegung in die Diskussion über eine Verkürzung der Verträge von AG-Vorständen. Im Juni hatte es aus den Reihen der Regierungskommission Deutscher Corporate Governance Kodex, die Verhaltensregeln für deutsche Vorstände und Aufsichtsräte aufstellt, erste Kritik an den Laufzeiten für Chef-Verträge gegeben, die üblicherweise über fünf Jahre gehen.

Ein Mitglied der Kommission, das nicht genannt werden will, hatte erklärt: "Die Verträge müssen verkürzt werden, um die Abfindungen zu verringern." Zwischen der angelsächsischen Praxis, wo Einjahresverträge üblich seien, und der deutschen Realität klaffe eine zu große Lücke. Die müsse geschlossen werden, nicht zuletzt, um Manager leichter loszuwerden, die ihrer Aufgabe nicht gewachsen sind.

In der Praxis werden die durchschnittlichen Amtszeiten von Vorstandsvorsitzenden bereits kürzer. Ein Grund sind Fusionen und Übernahmen, die manche Führungsposition entbehrlich machen, bevor die Verträge ausgelaufen sind.

Großzügige Regelungen

Zunehmend lassen sich Manager auch Klauseln in ihre Verträge einbauen, die das Ausscheiden mit Abfindung erlauben, sobald der Eigentümer wechselt. Mit solch großzügigen Regelungen verließen etliche Manager des Bochumer Maschinenbauers Gea die Vorstandsetage.

Auch bei der HypoVereinsbank schieden etliche Vorstände mit üppigen Abfindungen aus dem Führungsgremium aus, nachdem die italienische Bank Unicredit das Münchner Geldhaus übernommen hatte.

Zunehmend werden auch Vorstände vom Aufsichtsrat aus dem Amt entfernt, weil sie den Anforderungen nicht gewachsen sind. Im vergangenen Jahr wurde Werner Seifert, der Chef der Deutschen Börse AG, vom Aufsichtsrat entlassen.

Er hatte andere Vorstellungen über die Zukunft des Unternehmens als seine Aktionäre, nahm aber nach Medieninformationen eine Abfindung von zehn Millionen Euro mit. Nach einer Studie der Beratungsgesellschaft Booz Allen Hamilton waren im deutschsprachigem Raum im vergangenen Jahr 52 der Chefwechsel in größten Unternehmen auf mangelnde Leistung zurückzuführen.

© SZ vom 24.7.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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