GM: Die Politik als Retter:Die Staatskapitalisten

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Politiker sind schlechte Manager - an dieser Wahrheit hat sich durch den Fall General Motors nichts geändert. Die Regierenden sollten den Autokonzern schnell wieder von der Leine lassen.

Nikolaus Piper

So viel Staat, so wenig Markt war schon lange nicht mehr: US-Präsident Barack Obama bestimmt die Geschicke des einst größten Autokonzerns der Welt. Opels Zukunft hängt von der Bundesregierung und Wladimir Putin ab. Der Finanzkonzern Citigroup, die Versicherung AIG und die Hypo Real Estate hätten längst Insolvenzantrag stellen müssen, wären sie nicht de facto verstaatlicht.

US-Präsident Barack Obama wird die Sanierung von General Motors selbst in die Hand nehmen. (Foto: Foto: AFP)

Ein Kind der Not

Nicholas Sarkozy will die Geschicke von Frankreichs Wirtschaft in die Hand nehmen. Der Aufschwung der Weltwirtschaft hängt davon ab, dass in den USA das größte Konjunkturprogramm der Geschichte funktioniert. All das wäre vor einem Jahr undenkbar gewesen.

Der neue Staatskapitalismus ist ein Kind der Not und wurde ursprünglich von niemandem gewollt. Nun entfaltet er eine beängstigende Dynamik. Gerade die Fälle General Motors und Chrysler markieren eine historische Zäsur. Präsident Obama stand vor der Alternative, zwei zentrale Konzerne der amerikanischen Wirtschaft ohne absehbares Ende zu subventionieren - oder sie untergehen zu lassen; dies hätte unkalkulierbare finanzielle und soziale Kosten.

Er entschied sich für ein Drittes: die Sanierung selbst in die Hand zu nehmen. Damit geht er eine riskante Wette auf die Zukunft ein. Scheitert Obama mit dem Versuch, die amerikanische Autoindustrie zu retten, liegt seine Wirtschaftspolitik in Trümmern.

Politiker sind schlechte Manager - an dieser Wahrheit hat sich durch die Wirtschaftskrise nichts geändert. Der Satz gilt nicht etwa deshalb, weil gewählte Politiker weniger kompetent als Manager aus der Privatwirtschaft wären, sondern weil sie andere Interessen haben und auch haben müssen. Politiker sind dem Wohle des ganzen Volkes verpflichtet und haben Wählermehrheiten für ihre Ziele zu organisieren.

Wahlkampf in Rüsselsheim

Man kann Merkel, Steinmeier, Steinbrück und Guttenberg nicht vorwerfen, dass sie in Rüsselsheim Wahlkampf treiben. Es ist legitim, dass die Ministerpräsidenten Koch und Rüttgers vor allem an Arbeitsplätzen in ihrem eigenen Sprengel interessiert sind. Man muss nur feststellen, dass dies alles für die Zukunft Opels und der Autoindustrie nicht sonderlich hilfreich ist.

Auch im Staatskonzern General Motors sind schwere Interessenkonflikte unvermeidbar. Obama will - zu Recht - die Autoindustrie zum Benzinsparen zwingen. Nun gehören aber zu den wenigen Modellen, die bei General Motors zuletzt noch Gewinne eingefahren haben, vor allem benzinverschwendende Pick-up-Trucks und Geländewagen. Wie geht der Staat als Aktionär damit um?

Oder die Arbeitsplätze: Politiker haben bereits verhindert, dass General Motors Jobs nach China verlagert. Das ist gut für die Betroffenen, aber schlecht für GM. Betriebswirtschaftlicher Erfolg und politische Ziele stehen häufig und notwendigerweise im Konflikt. Das ist normal und gehört zur Marktwirtschaft. Wenn Unternehmen aber politisch werden, endet dies meistens im Desaster. Das belegen die deutschen Landesbanken, das erfuhr auch Gerhard Schröder mit seinem gescheiterten Versuch von 2002, den Holzmann-Konzern vor der Pleite zu retten.

Im zweiten Teil: Das berechtigte Interesse von Politikern, Konzernen zu helfen - und die Schattenseiten des Staatskapitalismus.

Bei allen Rettungsaktionen geht es um Arbeitsplätze, genauer: um inländische Arbeitsplätze, schließlich sind Politiker inländischen Wählern verpflichtet. Damit lauert hinter all den Eingriffen das Gespenst des Wirtschaftsnationalismus, die Versuchung, sich auf Kosten anderer Nationen zu sanieren. Bisher ist die befürchtete Welle des Handelsprotektionismus ausgeblieben. Aber es gibt mittlerweile eine lange Liste kleiner nationalistischer Sündenfälle, die das Klima zu vergiften beginnen.

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Die Buy-American-Klauseln in Obamas Konjunkturprogramm, also die Vorgabe, öffentliche Aufträge in erster Linie an amerikanische Unternehmen zu vergeben, mögen quantitativ zu vernachlässigen sein. Für einen deutschen Mittelständler, der um Aufträge gebracht wird, sind sie es nicht.

Aus Rüsselsheimer, Bochumer und Eisenacher Sicht liegt es nahe, dass sich die Deutschen bei der Opel-Rettung vor allem um deutsche Arbeitsplätze gekümmert haben. Die GM-Arbeiter im belgischen Antwerpen und anderswo wird das nicht trösten.

Viel zu reparieren

Und nicht zu vergessen: Die Zusammenarbeit zwischen der Bundesregierung und dem Wirtschaftsteam Obamas bei Opel war miserabel. Die Deutschen fühlten sich von den Amerikanern düpiert, die Amerikaner ihrerseits schlecht informiert und von den Deutschen abgekanzelt. Hier gibt es viel zu reparieren.

Schließlich gibt es, ganz unabhängig von der Wirtschaftskrise, eine Grundwelle des Staatskapitalismus in der Welt. Staatsfonds aus China, Russland und den Ölförderstaaten haben drei Billionen Dollar weltweit investiert, mehr als alle Hedgefonds zusammen. Die Staatsmanager beteuern zwar, als unpolitische Investoren auftreten zu wollen. Niemand weiß aber, wie verlässlich diese Zusagen aus oft nicht demokratisch regierten Ländern sind.

Eine politisierte Weltwirtschaft ist ein gefährliches Terrain. Sie nährt Ineffizienz, Bürokratie, Korruption und nationale Konflikte. Wenigstens die westlichen Regierungen sollten unzweideutig klarmachen, dass ihre Interventionen Notmaßnahmen sind und so schnell wie möglich beendet werden.

© SZ vom 02.06.2009/af/tob - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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