Glyphosat:Für Bayer wird es billiger

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Die Verpackung eines Unkrautvernichtungsmittels, das den Wirkstoff Glyphosat enthält. (Foto: Patrick Pleul/dpa)

Erneut kürzt ein amerikanisches Gericht die Strafe in einem Glyphosat-Prozess. Die Summe von zwei Milliarden Dollar, die dem Ehepaar Alva und Alberta Pilliod zugesprochen wurde, sei um ein Vielfaches zu hoch, entschied ein Gericht in Kalifornien.

Von Elisabeth Dostert, München

Auch im dritten der bislang in erster Instanz verhandelten Glyphosat-Fälle kann der Pharma- und Chemiekonzern Bayer auf eine deutliche Kürzung der Strafe hoffen - aus formalen, nicht aus sachlichen Gründen. Die Summe von zwei Milliarden Dollar, die die Geschworenen dem Ehepaar Alva und Alberta Pilliod zugesprochen hatte, sei um ein Vielfaches zu hoch, entschied ein Gericht in Kalifornien. Die Pilliods schreiben ihre Krebserkrankung dem Einsatz des glyphosathaltigen Unkrautvernichters Roundup der Bayer-Tochter Monsanto zu. Das Unternehmen habe es versäumt, vor dem Krebsrisiko des Herbizids zu warnen - und fahrlässig gehandelt. Die Geschworenen hatten Bayer zu einem Schadenersatz von 55 Millionen Dollar und einem Strafschadenersatz von zwei Milliarden Dollar verurteilt.

Schon zu Wochenbeginn hatte US-Richter Vince Chhabria, bei dem einige Hundert Glyphosat-Verfahren gebündelt sind, das Strafmaß im Fall Edwin Hardeman von insgesamt gut 80 auf 25 Millionen Dollar reduziert, ebenfalls aus formalen Gründen. Der Richter verband seine Entscheidung mit einem kräftigen Tadel an Monsanto. Er bezeichnete das Verhalten des Konzerns als "verwerflich". Monsanto müsse bestraft werden, zitierten Nachrichtenagenturen den Richter. Der Konzern habe wiederholt die Sicherheit des Produkts betont. Doch die Beweise im Verfahren zeichneten das Bild eines Konzerns, der sich darauf konzentriere, Menschen zu attackieren, die Bedenken äußerten. Im März hatten die Geschworenen Hardeman, der Jahre lang Roundup einsetzte, gut 80 Millionen Dollar zugesprochen, davon rund fünf MillionenDollar als Schadenersatz für gesundheitliche und finanzielle Schäden und 75 Millionen Dollar Strafschadenersatz, mit dem Gerichte das Fehlverhalten von Konzernen ahnden und mögliche Nachahmer abschrecken wollen. Es sei richtig gewesen, dass die Geschworenen Monsanto zu einer Strafe verurteilten, so Chhabria. Aber das Verhältnis von Schadenersatz und Strafschadenersatz sei verfassungsrechtlich unzulässig. Dem Fall Hardeman gilt besondere Aufmerksamkeit. Es ist im bei Chhabria anhängigen Massenverfahren eine Art Musterfall, in dem für alle Verfahren relevante Fragen geklärt, Zeugen vernommen und Beweise erhoben werden. Was Richter und die Geschworenen entscheiden, weist die Richtung für viele Verfahren.

Auch im Fall Dewayne Johnson, dem ersten verhandelten Fall, hatte Richterin Suzanne Ramos Bolanos die Summe von knapp 289 Millionen Dollar auf rund 79 Millionen Dollar gekürzt. Auch sie beließ den Schadenersatz bei den von den Geschworenen gesetzten 39 Millionen Dollar, aber kürzte den Strafschadenersatz: von 250 Millionen auf 39 Millionen Dollar. Bayer hatte 2018 Monsanto für 63 Milliarden Dollar übernommen. In den USA wurden laut Bayer bis Mitte April mehr als 13 400 Klagen eingereicht. Neue Zahlen dürfte der Konzern im Halbjahresbericht Ende Juli nennen. Chhabria drängt zu einem außergerichtlichen Vergleich. Vermitteln soll der New Yorker Schlichter Ken Feinberg.

© SZ vom 20.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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