Gipfeltreffen:Holy Spirit

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Papst Franziskus setzt auf die Botschaften des Heiligen Franziskus. (Foto: G. Mangiapane/Reuters)

Der Papst hat Ökonomen und Manager für Ende März zu einem Nachhaltigkeitsgipfel nach Assisi eingeladen.

Von Ulrike Sauer, Assisi

"Das ist ein Skandal!", ruft Stefano Zamagni und schaut herausfordernd ins Publikum. Der Wirtschaftsprofessor geht auf dem Klimagipfel in Assisi hart mit seinem eigenen Berufstand ins Gericht. Er regt sich über das Ergebnis einer aktuellen Untersuchung angesehener britischer Forscher auf. Von den 47 000 wissenschaftlichen Artikeln, die in den vergangenen 20 Jahren weltweit von den 50 wichtigsten ökonomischen Fachzeitschriften veröffentlicht wurden, befasste sich demnach nur ein Bruchteil mit umweltökonomischen Fragen. Nämlich: elf.

Zamagni findet es beschämend, dass die Wirtschaftswissenschaft so wenig intellektuelle Energie für das drängendste Problem unserer Zeit einsetzt. Das sei auch der Grund dafür, dass Papst Franziskus jetzt 500 Jungökonomen unter 35 Jahren nach Assisi eingeladen hat. Warum er das tut? Das Kirchenoberhaupt habe geantwortet, dass die älteren Ökonomen ihre Denkweise ja doch nicht änderten. Also vertraue man sich nun jungen Forschern an, die der Lehre eine neue Richtung geben könnten, sagt Zamagni. Er ist Präsident der Päpstlichen Akademie für Sozialwissenschaften in Rom. Hinter der Blindheit stecke eine Krankheit unserer Zeit: die Abneigung vor dem Neuen. Es redeten zwar alle über Ziele, die es anzusteuern gelte. "Aber niemand zeigt den Weg auf, wie wir dahin kommen", sagt Zamagni.

Der Papst ruft also und die jungen Menschen kommen in Scharen. In zwei Monaten, vom 26. bis 28. März, werden in Assisi insgesamt 2000 Teilnehmer bei dem Meeting "Economy of Francesco" mit dem Pontifex zusammentreffen. Sie kommen aus mehr als 70 Ländern. Neben Wirtschaftswissenschaftlern wurden auch Manager und Unternehmer zu dem Treffen eingeladen. Niemand ist älter als 35. Sie werden Assisi in ein "franziskanisches Davos" verwandeln, hieß es.

"Die Teilnehmer haben die Gelegenheit, auf den Spuren von San Francesco darüber nachzudenken, wie eine neue, menschengerechte Wirtschaft zu gestalten ist", sagt Luigino Bruni, wissenschaftlicher Direktor der Veranstaltung. Zwölf Arbeitsgruppen sollen Impulse für ein nachhaltiges Wirtschaftssystem geben, das den Menschen und den Planeten in den Mittelpunkt stellt.

In Assisi wird die Botschaft des Heiligen Franziskus, der als Sohn eines reichen Tuchhändlers geboren und 1226 als Bettelmönch gestorben ist, die Diskussionen inspirieren. Sein "Sonnengesang", in dem der Naturliebhaber die Schönheit der Schöpfung Gottes preist, ist Weltliteratur. Weniger bekannt ist, dass seine Nachfolger im mittelitalienischen Umbrien den Anfängen der Marktwirtschaft den Weg bereitet haben. "Aus der spirituellen Erfahrung Francescos ging eine Bewegung hervor, die entscheidend zur Geburt des modernen Marktes beitrug", sagt Pater Mauro Gambetti, Chef des Franziskaner-Konvents in Assisi.

© SZ vom 30.01.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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