Gipfelstürmer-Serie:Klicken Sie hier

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Zum dritten Mal zeichnet der Wirtschaftsgipfel der Süddeutschen Zeitung mit dem Start-up-Wettbewerb „Gipfelstürmer“ die besten Gründer aus Deutschland aus. Die Ausschreibung läuft bis zum 31. August. Eine Jury aus Mitgliedern der SZ-Wirtschaftsredaktion wählt aus allen Bewerbern die sechs Finalisten aus. Diese dürfen im November am SZ-Wirtschaftsgipfel in Berlin teilnehmen und dort ihre Firma vorstellen. Die Teilnehmer des Gipfels küren den Sieger. Einzelheiten und Bewerbungen: www.sz-wirtschaftsgipfel.de/gipfelstuermer. SZ (Foto: SZ-Grafik)

Das Münchner Start-up Userlane hat einen Navigator für Software entwickelt. Es führt Anwender von Klick zu Klick durch Programme. Der Gedanke dahinter heißt "User-Onboarding": Mitarbeitern und Kunden das digitale Leben leichter zu machen.

Von Katharina Kutsche, München

In wohl hundert Prozent aller Bewerbungslebensläufe in Deutschland sind unter der Rubrik "Kenntnisse" unterschiedliche EDV-Anwendungen aufgezählt: MS Office, SAP, Java. Das Start-up Userlane will solche Formulierungen überflüssig machen, denn mit seiner Technologie sollen Anwender jede Software bedienen können.

Das Gründerteam um Kai Uhlig ließ sich dafür von einer Erfindung inspirieren, die viele kurz "Navi" nennen: Userlane will das Navigationsgerät für Software sein. "Früher hat jemand an einer Weggabelung gelebt und Geld damit verdient, dass er Reisenden sagte, ob sie rechts oder links gehen müssen", sagt Uhlig. "Heute muss niemand mehr wissen, wo es lang geht - das sagt einem das Navi." Genauso soll es mit Userlane laufen: "Wir navigieren die Anwender durch die Software und zeigen ihnen, wo sie klicken müssen."

Für Unternehmen soll das mehrere Probleme lösen. Sie können Mitarbeiter einstellen, auch wenn diese bestimmte Softwarekenntnisse nicht mitbringen - das lernen sie mit der Technologie des Start-ups. Sie müssen weniger Zeit und Geld investieren, um Mitarbeiter zu beschulen, wenn eine neue Software eingeführt wird. Und sie machen ihnen und Unternehmenskunden den Umgang mit Plattformen leichter, ein Prozess, der in der Fachsprache User-Onboarding genannt wird: Mitarbeiter und Kunden an Bord holen, ihnen erklären, wie das Produkt im Wesentlichen funktioniert und warum es ihr Leben verbessern wird.

Die Entwicklung des Start-ups ist eine Anwendung, die über die jeweilige Software gelegt wird. Startet ein Nutzer das Programm, wird er mit kleinen Anleitungen die einzelnen Wege entlang geführt. Fehlklicks und Mausrutscher sind ausgeschlossen, denn der Anwender kann nur dem Navi folgen, sich den Weg nicht selbst suchen. So lernen Mitarbeiter, während sie mit der Software arbeiten. Das passt zur Grundannahme der Gründer, dass es Wissen gibt, das man nur im Moment braucht - wie im Navi: Manche Strecke fährt man nur einmal, sie sich zu merken, ist unnötig.

Die Gründer hatten sich bei einer Bergtour verirrt, und so Navis schätzen gelernt

Mit dem An-Bord-holen beschäftigen sich auch Unternehmen wie Appcues aus Boston und Walkme aus San Francisco. Userlane sieht seine Hauptkonkurrenz aber in Tutorials, Erklärvideos also, und Handbüchern. Beides ist in Unternehmen verbreitet. Doch Handbücher müsse jemand schreiben und anpassen, wenn die Software ein Update bekommt, sagt Uhlig. Und schaut da wirklich jemand hinein? Ähnlich ist es mit Tutorials. Sie zu produzieren, ist teuer, sie aktuell zu halten auch. Zudem sind sie unpraktisch in der Anwendung: links im Bildschirm das Video schauen, rechts im Programm herumklicken.

Ein paar Hundert Kunden hat das Start-up derzeit, darunter die Commerzbank, Allianz und die Stadt München; SAP ist ein Unternehmenspartner. "Wir laufen auf nahezu jeder Software der Welt", so Uhlig. Administratoren in den Unternehmen bekommen auf Wunsch ein Autorenprofil, um selbst die Anleitung für die Software programmieren zu können. Die Kunden sind entweder Softwarehersteller, die ihre Produkte gleich mit dem Userlane-Navi ausliefern wollen, oder Unternehmen, die gerade ihre Software umgestellt haben und nun ihre Mitarbeiter beschulen müssen.

Die drei Gründer Hartmut Hahn, 37, Felix Eichler, 22, und Kai Uhlig, 32, sind alte Freunde, die sich bei einer Bergtour verfuhren und auf eine Orientierungshilfe angewiesen waren. Über die Begeisterung für das, was Navigationsgeräte leisten, entstand die Idee des Software-Navis. Hahn und Uhlig brachten Gründer-Erfahrung mit, Eichler ist ein "Tech-Wunderkind", so Uhlig: "Er ging schon mit 15 Jahren an die Universität." Gegründet 2015 bekam das Start-up eine Anschubfinanzierung unter anderem vom High-Tech-Gründerfonds und dem Main Incubator der Commerzbank. In einer zweiten Finanzierungsrunde sammelten die Gründer im April vier Millionen Euro ein. Mittlerweile hat das Unternehmen mehrere Preise gewonnen, etwa den Digital Award des Bundeswirtschaftsministeriums. Seinen Erfolg misst Userlane nicht nur in Kundenzahlen, sondern auch daran, dass das Start-up als Arbeitgeber interessant ist: Zuletzt haben mehrere Mitarbeiter aus etablierten Tech-Unternehmen an den Unternehmenssitz am Rosenheimer Platz in München gewechselt.

© SZ vom 02.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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