Gewinnziel offenbar außer Reichweite:Siemens Business Services wird zerlegt

Lesezeit: 2 min

Das Münchner Unternehmen spaltet die Tochter SBS auf: Nach Informationen der "Süddeutschen Zeitung" hat sich der Konzern für einen Teilverkauf an Fujitsu Siemens Computers entschieden.

Markus Balser

Siemens-Chef Klaus Kleinfeld greift bei seinem größten Problemfeld SBS mit weltweit etwa 39.000 Beschäftigten durch. Das Geschäftsfeld Produktnahe Dienstleistungen (PRS) - dazu zählt die Wartung von Großrechnern - gibt Siemens nach Informationen aus SBS-Unternehmenskreisen an den PC-Hersteller Fujitsu Siemens Computers (FSC) ab.

Bereits auf einer für die kommende Woche anberaumten Sitzung des Kontrollgremiums könnte der Aufsichtsrat von Fujitsu Siemens über die Transaktion und die Eingliederung in den größten europäischen Computerkonzern beschließen.

Der Verkauf könnte in der kommenden Woche offiziell bekannt gegeben werden. Das Geschäftsfeld Produktnahe Dienstleistungen zählt zu den drei großen Standbeinen von Siemens Business Services und steht für mehr als eine Milliarde Euro Umsatz der Gesamterlöse von 5,4 Milliarden Euro.

Nach Angaben von Siemens leidet es unter "besonderem Konkurrenz- und Kostendruck". Die beteiligten Unternehmen reagierten am Donnerstag zurückhaltend und hielten sich offiziell bedeckt. Ein Siemens-Sprecher wollte die Informationen nicht kommentieren. Auch eine Sprecherin von Fujitsu Siemens erklärte: "Zu Spekulationen nehmen wir keine Stellung".

Hohe Verluste

Die Probleme der Sparte waren in den vergangenen Wochen immer drängender geworden. Im abgelaufenen Geschäftsjahr war SBS mit 690 Millionen Euro tief in die Verlustzone gerutscht und hatte die Bilanz des gesamten Konzerns belastet. Dies sei unakzeptabel, hatte Siemens-Chef Kleinfeld mehrfach betont.

Auch für das laufende Jahr glaubt Siemens inzwischen nicht mehr, dass SBS die Rückkehr in die Gewinnzone schafft. Nach Angaben aus Managementkreisen rechnet der Konzern für 2005/06 mit einem Verlust in deutlich dreistelliger Millionenhöhe.

Die von Konzernchef Klaus Kleinfeld geforderten Margenziele von fünf bis sechs Prozent, an deren Erreichen bis Mitte 2007 die gesamte Siemens-Führung ihr Schicksal geknüpft hat, rückt damit in weite Ferne.

Siemens müsste innerhalb weniger Monate den Sprung aus einem dreistelligen Millionenverlust in Größenordnungen eines dreistelligen Millionengewinns schaffen - nach Analysteneinschätzung in der gegenwärtigen Branchensituation ein beinahe unmögliches Unterfangen.

Die Vorbereitungen für eine weitere Kooperation sind deshalb offenbar schon weit gediehen. Nach Angaben aus Unternehmenskreisen könnte der Konzern bis Weihnachten über eine weitere Partnerschaft für große Geschäftsteile entscheiden, was eine Auflösung der Sparte in ihrer heutigen Form bedeuten würde.

Viele unattraktive Aufträge

Mit der Radikalkur würde Siemens-Chef Kleinfeld einen drastischen wenngleich konsequenten Schritt gehen. Erst zum 1. Oktober löste er die ebenfalls angeschlagene Logistiksparte L&A auf. Auch hier war ein Erreichen der Margenziele unwahrscheinlich geworden.

Als möglicher Partner für den Bereich Operation Related Services (ORS), bei dem es um die Auslagerung von IT-Dienstleistungen geht, hatte sich zuletzt immer wieder Europas zweitgrößter IT-Dienstleister Atos Origin ins Spiel gebracht.

Atos wolle seinen Umsatz in den nächsten eineinhalb Jahren über externes Wachstum auf zehn Milliarden Euro verdoppeln, hatte Managing Director Gerhard Fercho im SZ-Gespräch im Oktober erklärt. Das Unternehmen mit Sitz in Paris lehnten einen Kommentar zu einer möglichen Kooperation mit SBS am Donnerstag ab. Analysten nannten US-Partner als die wahrscheinliche Lösung. Auch die Volkswagen-IT-Tochter Gedas wurde in Verhandlungskreisen genannt.

Die Sparte SBS ist seit Jahren eines der größten Sorgenkinder von Siemens. Seit mehreren Jahren arbeitet der Konzern an einer Restrukturierung. Siemens-Chef Kleinfeld hatte zuletzt ein radikales Sanierungsprogramm vorgestellt, das den Abbau von 5400 Stellen und Einsparungen von insgesamt 1,5 Milliarden Euro vorsieht.

Die Branche der IT-Dienstleister steckt in einem gewaltigen Umbruch und leidet unter Überkapazitäten. Intern räumen Manager ein, dass SBS in der Vergangenheit zu viele Aufträge an Land gezogen habe, die sich nicht rentiert hätten. Die Folge waren zum Teil hohe Abschreibungen. Erst im September übernahm der Kleinfeld-Vertraute Christoph Kollatz die SBS-Führung vom bisherigen Bereichsvorstand Adrian von Hammerstein.

© SZ vom 9.12.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: