Gesundheitsrisiken befürchtet:Brauereien warnen vor Gentech-Bier

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Reinheitsgebot hin oder her: Mit dem Einsatz genmanipulierter Gerste wird die Qualität des deutschen Biers aufs Spiel gesetzt.

Silvia Liebrich

Bei den mittelständischen Brauereibetrieben formiert sich der Widerstand gegen die Gentechnologie. Einige Hersteller unterzeichneten am Mittwoch ein Manifest gegen den Einsatz von genmanipulierten Rohstoffen wie Gerste, Hopfen oder Hefe bei der Bierherstellung.

Schon der Anbau genmanipulierter Gerste birgt Risiken, von ihrer Verwendung bei der Bierproduktion ganz zu schweigen. (Foto: Foto: dpa)

Der Zeitpunkt und auch der Ort für die Erklärung waren geschickt gewählt: Das Auftauchen von genmanipuliertem Reis aus den USA in Deutschland hat die Debatte um den umstrittenen Einsatz von Gentechnologie in der Lebensmittelbranche gerade wieder angefacht. Den passenden Rahmen für die Pressekonferenz lieferte München, wo noch bis Anfang nächster Woche das Oktoberfest läuft - das größte Bierfest der Welt.

Qualitätsverlust droht

Nach Feiern war den Unterzeichnern des Manifestes allerdings weniger zumute. Deutsches Bier solle auch in Zukunft gentechnikfrei bleiben, forderten die Chefs der Neumarkter Lammsbräu, des Brauhauses Riegele Augsburg und der Stralsunder Brauerei. "Wir warnen davor, dass bei Verwendung genmanipulierter Zutaten wie Gerste oder Hefe das deutsche Bier seine Qualität verliert und es möglicherweise gesundheitsschädlich für die Verbraucher ist", sagte der Inhaber der Ökobrauerei Neumarkter Lammsbräu, Franz Ehrnsperger.

Markus Berberich, Geschäftsführer der Stralsunder Brauerei, kritisierte, dass die Gefahr, die von der Gentechnologie ausgehe, von vielen Brauern unterschätzt werde. Er sieht vor allem mittelständische Betriebe gefährdet, wenn sich die Gentechnik durchsetzen sollte.

Noch ist Gentech-Bier in Deutschland verboten

So genanntes Gentech-Bier ist in Deutschland, anders als etwa in Japan, Großbritannien oder Brasilien, bislang nicht erlaubt. Damit sich daran nichts ändert, forderten die Manifest-Unterzeichner eine Ergänzung im Gesetz, die den Einsatz von Gentechnologie bei der Bierherstellung ausdrücklich untersagt. Gemäß dem bayerischen Reinheitsgebot, das für alle deutschen Brauereien gilt, darf Bier nur mit Malz aus Getreide, Hopfen, Hefe und Wasser hergestellt werden. Allerdings ist darin bisher nichts über gentechnisch veränderte Zutaten gesagt.

Besorgt zeigten sich die drei Brauereien vor allem darüber, dass auch in Deutschland in diesem Jahr erstmals Freilandversuche mit genmanipulierter Gerste stattfinden - ein Projekt, das von der Universität Gießen geleitet und vom Bundesforschungsministerium gefördert wird. Ziel dieser Versuche ist es den Wissenschaftlern zufolge zwar nur, den Einfluss von transgenen Pflanzen auf die Umwelt zu testen und nicht etwa Brauerei-Gerste zu entwickeln.

Doch für Ehrnsperger birgt schon allein der Anbau erhebliche Risiken. "Man kann nicht verhindern, dass das Erbgut durch Pollenflug auf andere Sorten übergeht. So könnte sich das genveränderte Erbmaterial überall durchsetzen." Sebastian Priller vom Augsburger Brauhauses Riegele, verwies in diesem Zusammenhang auf die jüngsten Erfahrungen mit Reis: "Plötzlich ist der Genreis da, und keiner weiß, woher er kommt." Das Beispiel zeige, dass die Kontamination anderer Flächen unvermeidlich sei.

Dass die Sorgen nicht unberechtigt sind, zeigen Erfahrungen aus den USA und Kanada, wo der Anbau von genveränderten Getreidesorten wie Mais oder Weizen bereits extensiv betrieben wird. Hier klagen Farmer schon seit einigen Jahren über eine zunehmende Verunreinigung ihres Saatgutes, weil sich genveränderte Pflanzen mit traditionell erzeugtem kreuzen - etwa wenn sie auf benachbarten Feldern angebaut werden.

Ertragseinbußen für Öko-Landwirte

Vor allem Öko-Landwirte sehen dadurch ihre wirtschaftliche Grundlage bedroht, weil sie ihre Erzeugnisse schon bei geringsten Verunreinigungen nicht mehr als Bioware verkaufen können und so erhebliche Ertragseinbußen haben.

Dass bislang keine der bekannten Großbrauereien bereit war, sich dem Aufruf der drei mittelständischen Betrieben anzuschließen, bedauerte Ehrnsperger und fügte hinzu: "Das Thema ist nicht für alle Bierhersteller diskussionsfähig, auch der Verband will keine eindeutige Position beziehen." Er begründete die Zurückhaltung unter anderem damit, dass sich viele der großen Brauereien in den Händen von internationalen Konzernen befänden, die der Gentechnik grundsätzlich offen gegenüber stünden.

Schon seit Jahren wird in der Branche mit Gentechnik experimentiert

Tatsächlich wird in der Branche schon seit Jahren mit Gentechnik experimentiert. So wird etwa in Japan und Großbritannien intensiv an gentechnisch veränderter Bierhefe geforscht, um die Gärleistung zu verbessern.

Die britische Nutfield-Brauerei setzte nach Informationen der Verbraucherinitiative Transgen diese Hefe ein, um ein kalorienarmes Bier zu produzieren. Genmanipulierte Braugerste ist dagegen bisher nirgendwo auf der Welt für die Herstellung von Bier zugelassen, doch die Zahl der Freilandversuche bei allen Getreidesorten hat in den vergangenen Jahren zugenommen.

© SZ vom 28.9.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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