Gerry Weber:Sale in Halle

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Der Modekonzern Gerry Weber ist Hersteller, Groß- und Einzelhändler. Viele der eigenen Läden hat er schon geschlossen. (Foto: Caroline Seidel/dpa)

Die Lage beim westfälischen Modekonzern spitzt sich zu. Er muss ein Schuldscheindarlehen tilgen.

Von Elisabeth Dostert, München

Im Online-Shop der westfälischen Modefirma Gerry Weber gibt es nichts für weniger als drei Euro, nicht mal im Sale. Nur die Aktie des Konzern ist mittlerweile für weniger zu haben. Am Freitag fiel sie bis auf 2,55 Euro, die Lage bei dem angeschlagenen Unternehmen spitzt sich weiter zu. Beim Amtsantritt von Ralf Weber als Vorstandschef Ende Februar 2015 hatte das Papier noch knapp 37 Euro gekostet. Wenige Monate vorher war sein Vater Gerhard Weber, Mitgründer der Firma, in den Aufsichtsrat gewechselt.

Der Junior erklärte damals flugs, was falsch lief. "Wir waren in Deutschland überdistribuiert", bilanzierte Ralf Weber. In seinen mehr als vier Jahrzehnten als Vorstandschef hatte sein Vater kräftig Läden aufgemacht. Das verärgerte Händler, die Ware aus Halle bezogen. Der Konzern ist nicht nur Hersteller, sondern auch Groß- und Einzelhändler. Ralf Weber reagierte. Im Frühjahr 2016 legte er das Programm "Fit4Growth" auf, zwei Jahre später kündigte er das "Performance-Programm" an. Die Wende gelang Weber nicht. In den ersten neun Monaten 2017/2018 sanken die Erlöse im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um gut sieben Prozent auf 575 Millionen Euro. Nach Steuern steht ein Verlust von 10,7 Millionen Euro. Zahlen für das Gesamtjahr, das Ende Oktober endete, liegen noch nicht vor.

Am 21. September gab Gerry Weber bekannt, ein Sanierungsgutachten in Auftrag gegeben zu haben. Der Aktienhandel an jenem Tag beschäftigt auch die Finanzaufsicht Bafin. Sie hat eine förmliche Untersuchung auf Insiderhandel eingeleitet. Denn kurz vor Xetra-Schluss waren damals ungewöhnlich viele Aktien gehandelt worden. Wenig später berichtete ein Branchendienst über das Gutachten. Der Konzern informierte darüber erst kurz nach 22 Uhr.

Nun gerät Gerry Weber weiter unter Druck. Anfang November wurden Schuldscheindarlehen über 31 Millionen Euro fällig. Einen Stichtag für die Rückzahlung mag ein Konzernsprecher nicht nennen, weil "es Spielraum gebe". Laufen also noch Gespräche mit den Geldgebern? "Rein rechnerisch" könne der Konzern das Darlehen zurückzahlen, so der Sprecher. Er verweist auf Einnahmen aus dem operativen Geschäft im vierten Quartal und den Verkauf des Showrooms "Halle 29" in Düsseldorf an die Bremer Zech-Gruppe für nach eigenen Angaben etwa 36 Millionen Euro.

Ralf Weber ist Ende Oktober aus dem Vorstand ausgeschieden. Sein angekündigter Wechsel in den Aufsichtsrat als Nachfolger seines Vaters ist noch nicht vollzogen. Auf der Internetseite, Stand Freitagabend, wird immer noch der Senior als Aufsichtsrat geführt. In den Vorstand ist mit Florian Frank, Partner der Münchner Unternehmensberatung Wieselhuber, ein Restrukturierungsexperte eingezogen.

© SZ vom 10.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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