Geldwäsche-Verdacht:"Für uns war der Fall abgeschlossen"

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Nach der zwei Tage dauernden Razzia kämpft Deutsche-Bank-Chef Sewing um seinen Ruf als Aufklärer.

Von Meike Schreiber und Jan Willmroth, Frankfurt

Wie brisant die Lage bei der Deutschen Bank ist, zeigt am deutlichsten eine Mitteilung, die das Institut noch am Freitagabend verschickte. Tags zuvor hatten mehr als 170 Ermittler der Frankfurter Staatsanwaltschaft und des Bundeskriminalamts begonnen, die Geschäftsräume des größten deutschen Kreditinstituts zu durchkämmen. Mitarbeiter der Bank, so der Verdacht der Staatsanwaltschaft, sollen über Jahre vermögenden Kunden geholfen haben, Geld zu waschen oder es zumindest fahrlässig versäumt haben, die Behörden über verdächtige Transaktionen zu informieren. Ein ziemlicher Eklat.

Kaum 24 Stunden später aber versuchten beide Seiten, die Sache herunter zu kochen. In einer gemeinsamen Erklärung versicherten Deutsche Bank und Staatsanwaltschaft Frankfurt, wie gut die Sache laufe. Rechtsvorstand Karl von Rohr sagte, dass man die "Ermittlungen selbstverständlich weiter aktiv" unterstützte. Der Leiter der Staatsanwaltschaft bestätigte, man habe seit Beginn der Durchsuchung "sehr rasche und sehr gute Fortschritte erzielt". Anfragen der Behörden von der Bank würden vorbehaltlos beantwortet.

Die Kurse für Anleihen des Geldhauses fallen, das verteuert die Refinanzierung

Was genau den Schulterschluss ausgelöst hat, blieb unklar. Die Deutsche Bank wollte sich am Wochenende nicht dazu äußern, die Staatsanwaltschaft reagierte nicht auf eine entsprechende Anfrage. Offen blieb auch, ob die Razzia nun abgeschlossen ist. Hat das Institut gar politischen Druck ausgeübt, wie nach einer Durchsuchung im Jahr 2012, als sich der damalige Bankchef Jürgen Fitschen nach Gutsherrenart bei Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier über das Vorgehen der Justiz beschwert hatte? Das ist wohl eher unwahrscheinlich. Bankchef Christian Sewing wird sich gut an die Kritik erinnern, die Fitschen damals für seinen ungewöhnlichen Anruf einstecken musste.

Womöglich aber fürchtet man in der Bank schlicht die schonungslose Reaktion der Märkte. Der Aktienkurs fiel am Freitag um weitere 2,9 Prozent auf nur noch 8,06 Euro. Schwerer noch wiegen die fallenden Kurse für Anleihen des Geldhauses, was die Refinanzierung verteuert. Auch die Preise für Credit Default Swaps, also für jene Wertpapiere, mit denen man sich gegen eine Pleite der Deutschen Bank versichern kann, schnellten hoch. Seit Monaten wetten wieder Hedgefonds gegen die Bank. "Der Reputationsschaden ist schlimm genug. Jetzt kann man nur hoffen, dass das nicht wieder hohe Strafzahlungen nach sich zieht", sagte ein Vertreter eines Großaktionärs, der anonym bleiben wollte.

Da sich die Ermittlungen auf Vorfälle zwischen 2013 und 2018 beziehen, gerät auch das aktuelle Management unter Druck. Bankchef Sewing kämpfte am Wochenende um seinen Ruf als Saubermann. Der 48-Jährige steht erst seit April an der Spitze der Bank. Zuvor war er für die Revision und von 2015 an im Vorstand erst für das Rechtsressort und dann für das Privatkundengeschäft zuständig. Hätte er das Fehlverhalten verhindern können? "Es ist mein persönlicher Wunsch, das alles so schnell wie möglich aufzuklären", sagte er der Bild am Sonntag. "Wir haben seit der Veröffentlichung der Panama Papers 2016 den kompletten Sachverhalt geprüft und dabei eng mit den Aufsichtsbehörden kooperiert. Für uns war der Fall abgeschlossen." Die Ermittlungen beziehen sich auf Offshore-Firmen in Steueroasen und Daten der Panama Papers. Angeführt vom BKA werten die Behörden diese derzeit aus und untersuchen, inwiefern Politiker, Sportfunktionäre und reiche Privatleute in krimineller Absicht Scheinfirmen in Panama genutzt haben, um Geld und Firmenbeteiligungen zu verstecken.

Die beiden Mitarbeiter, auf die sich die Ermittlungen derzeit noch konzentrieren, nahm Sewing in Schutz. "Es gilt hier für mich bis zum Beweis des Gegenteils ganz klar die Unschuldsvermutung", sagte er. "Wenn wir bei der Deutschen Bank unsere eigenen Mitarbeiter vorverurteilen würden - insbesondere diejenigen, die Sachverhalte aufarbeiten -, dann liefe hier etwas ganz gewaltig schief".

Wann immer etwas schief läuft, muss in der Führungsriege jemand dran glauben

Einer, den der Ärger auch kalt erwischt hat, ist Aufsichtsratschef Paul Achleitner. Während die Beamten am Donnerstag die Konzernzentrale durchsuchten, saß er in einer Sondersitzung des Aufsichtsrats von Bayer. Über das Wochenende, hieß es in Bankkreisen, werde er intensiv nachdenken. Seit 2012 führt er den Aufsichtsrat der Deutschen Bank, und seither hat sich eine gewisse Routine im Opfern von Vorständen eingestellt. Wann immer etwas schief läuft, muss in der Führungsriege jemand dran glauben. Manchmal etwas verfrüht (John Cryan), manchmal vielleicht zu spät (Anshu Jain), zumeist aber senkt Achleitner seinen Daumen kurz vor der Hauptversammlung. Ihn selbst, der sich an die Spitze des Aufräumkommandos setzen wollte, trifft es nicht. Auf den Aktionärstreffen kann er sich als Aufklärer positionieren. Bleibt er sich auch diesmal treu?

Das Muster scheint sich zu wiederholen. Treffen wird es wohl Sylvie Matherat, im Vorstand zuständig für Regeltreue, die einzige Frau in der obersten Führungsriege. Achleitner wird sie nicht für alles verantwortlich machen können, schließlich trug sich ein großer Teil der Skandale vor ihrer Amtszeit zu. Sie muss sich aber vorwerfen lassen, dass sich die Dinge unter ihrer Ägide nicht besserten. Ob sie bald ihren Job los ist, wird sich womöglich schon am Donnerstag zeigen. Dann trifft sich der Aufsichtsrat. Es gibt viel zu besprechen.

© SZ vom 03.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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