Geldanlagen:Die WM-Spiele der Banken

Lesezeit: 3 min

90 Tage vor der Weltmeisterschaft versucht auch die Finanzbranche, mit teilweise kuriosen Produkten von der Fußballbegeisterung der Deutschen zu profitieren. Im Kampf um neue Kunden haben sie vor allem Zertifikate mit WM-Bezug auf den Markt gebracht. Anleger- und Verbraucherschützer sind von den neuen Angeboten aber nur mäßig begeistert.

Thomas Öchsner

Wenn es darum geht, Geld zu verdienen, können Banken durchaus phantasievoll sein. Ob mit Fonds, speziellen Konten oder komplizierten Zertifikaten - einige Finanzhäuser strengen sich mächtig an, um Geldanlage und Sport zu kombinieren.

Schaut man sich die Produkte näher an, zeigt sich aber schnell, dass der Fußball oft nur als Etikett dient, um den Verkauf anzukurbeln - ein Überblick:

Das Geldmarktkonto der Dresdner Bank: Der Chef des Finanzhauses, Herbert Walter, erlebt als Fan von 1860 München derzeit bittere Stunden. Während die Münchner Kicker den Aufstieg in die 1. Bundesliga abschreiben müssen, können die Kunden der Dresdner Bank noch hoffen.

Sollte Deutschland trotz der Italien-Schlappe Weltmeister werden, zahlt ihnen das Kreditinstitut auf dem Geldmarktkonto einen Bonus von 0,75 Prozent, sofern sie neues Geld mitbringen. Den WM-Bonus gibt es aber nur bis zum 31. August. Außerdem ist er begrenzt auf eine Anlagesumme von maximal 20000 Euro. Auch ohne den WM-Titel garantiert die Bank bis 31. August 3,0 Prozent Zinsen.

Bei täglich verfügbaren Anlagen liegt dies weit über dem Marktdurchschnitt. Die Offerte hat aber einen Haken: Läuft die Hochzinsaktion aus, müssen Kunden mit mageren Zinsen rechnen. Auf dem normalen Geldmarktkonto der Dresdner liegt der Zinssatz zwischen 0,50 und 1,10 Prozent.

"Mit Fußball hat das herzlich wenig zu tun"

Der Fonds Deka-KickGarant 2006: Von der Zahl elf - der Spielerzahl in einem Fußballteam - lässt sich die Fondsgesellschaft Deka (Sparkassen) bei ihrem Garantiefonds KickGarant 2006 inspirieren. Der Fonds ist gekoppelt an die Wertentwicklung von elf Aktien-, Renten- und Rohstoffaktienfonds der Deka und ihrer Kooperationspartner wie Templeton oder Merrill Lynch, wobei drei Varianten mit unterschiedlicher Aktienquote (bei der Deka: "Defensive", "Mittelfeld" und "Offensive") gegeneinander antreten.

Am Ende der siebenjährigen Laufzeit wird bei der Auszahlung nur das beste Ergebnis einer der drei Varianten berücksichtigt. Die Chance, von steigenden Kursen zu profitieren, ist allerdings sehr begrenzt. 80 Prozent des Geldes der Anleger wandern in Anleihen, um den Kunden die Rückgabe des eingezahlten Kapitals (minus 4,0 Prozent Ausgabeaufschlag) garantieren zu können.

"Das Produkt kommt deshalb vor allem für Anleger mit geringer Risikobereitschaft in Frage. Mit Fußball hat das Ganze aber herzlich wenig zu tun", sagt Peter Grieble, Finanzexperte der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg.

Das Weltmeister Zertifikat der Postbank: Fußball drauf, aber wenig drin - das gilt auch für das neue Produkt der Postbank. Verlockend ist ein garantierter Zins von sechs Prozent im ersten Anlagejahr, der sich auf sieben Prozent erhöht, wenn das deutsche Team ins Finale kommt. Auch für die Jahre bis 2012 ist eine Rendite von sechs Prozent möglich.

Diese hängt aber von der Wertentwicklung eines Aktienkorbes ab, in dem 25 Unternehmen wie Adidas, Deutsche Telekom oder Yahoo stecken. Dabei sind zwei Bemessungsgrundlagen zu beachten: Notieren nicht mehr als drei Aktien unter 90 Prozent ihres Einstandskurses, erhalten die Anleger für dieses Laufzeitjahr sechs Prozent. Wenn dieses Ziel verfehlt wird, greift die nächste Bedingung: Liegen nicht mehr als drei Aktien unter 70 Prozent ihres Einstandskurses, erhalten die Anleger zwei Prozent Zinsen.

Finanzexperte Grieble warnt davor, sich davon blenden zu lassen: "Die Wahrscheinlichkeit, dass beide Bedingungen nicht erfüllt werden, ist sehr hoch." Schließlich seien in dem Aktienkorb Papiere wie Yahoo, deren Kurs schon an einem Tag um zehn Prozent schwanken könne. Auch Markus Straub, Vorstandsmitglied der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK), sieht bei dem Produkt "viel Augenwischerei".

Denn bei einem Ausgabeaufschlag von drei Prozent blieben von den 6,0 Prozent Rendite im ersten Jahr nur 3,0 Prozent übrig. Käme es in den folgenden Jahren zu Nullrunden, hätte der Käufer gerade einmal 0,5 Prozent Plus pro Jahr. "Und von der Dividende, die die Unternehmen ausschütten, sieht der Anleger auch nichts. Die kassiert die Bank", sagt Straub.

Die Champion-Zertifikate der DZ Bank: Auch hier soll die Zahl "elf" den Bezug zur WM herstellen. Das Geld der Anleger wandert in einen Korb aus elf europäischen Aktien. Die Käufer können dabei zwischen drei Varianten wählen: Bei Nummer eins setzen die Kunden auf einen Titelgewinn Brasiliens. Dafür gibt es nach einem Jahr und vier Monaten einen Extra-Bonus von einem Prozent.

"Extrem intransparent und selbst für Profis schwer nachrechenbar"

Bei Nummer zwei, also einem Sieg Argentiniens, fließt ein Extrabonus von zwei Prozent. Wird dagegen Deutschland Fußballweltmeister, gibt es beim Zertifikat drei einen Bonus von drei Prozent. Der Einfluss der Fußballwetten auf den Ertrag ist aber verschwindend gering. Entscheidend für die Rendite sind die Boni, die von der Wertentwicklung des Aktienkorbes abhängen.

Wie auch bei anderen Angeboten wie dem "WM-Select-Zertifikat" der WestLB oder dem "Commerzbank Top 11 Zertifikat" stellt sich dabei die Frage, warum der Anleger gerade auf einen Korb von elf Aktien setzen soll, in deren Kurs ein womöglich positiver Effekt durch die WM längst enthalten ist. SdK-Mann Straub rät deshalb zur Vorsicht. Er hält das Produkt der DZ Bank für "extrem intransparent und selbst für Profis schwer nachrechenbar".

Anleger, meint er, könnten sich selbst einfacher und billiger ein "Fußball-Geldanlage-Kombi-Produkt" zusammenstellen: Sie sollten dann einen Teil des Geldes in ein Indexzertifikat stecken, das einen Aktienindex wie Dax oder Euro Stoxx 50 abbildet und - falls gewünscht - zur Sicherheit einen zweiten Teil als Tagesgeld anlegen.

Mit dem Rest des Geldes könne man besser bei einer Wettbörse wie www.betfair.de auf die Lieblings-Mannschaft wetten. Generell rät Straub, "das emotionale Thema Fußball vom rationalen Thema Geldanlage zu trennen. Die Gefühle sollten bei der Geldanlage keine Rolle spielen."

© SZ vom 11.03.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: