Geldanlage:Nicht mal dem Pfandbrief trauen Investoren noch

Lesezeit: 2 min

Der Pfandbrief gilt als wenig riskant. Nun hat sein Ruf aber durch den Beinahe-Bankrott der Hypo Real Estate gelitten. Politiker wollen das Image retten.

Simone Gröneweg

Die Krise hinterlässt ihre Spuren in jedem Bereich der Finanzwelt. Nun ist sie auch im sicheren Hafen der Anleger angekommen: bei den Pfandbriefen. "Wir bewegen uns in einer Welt, in der Fundamentaldaten nicht mehr zählen", sagt der Pfandbrief-Experte Ralf Burmeister von der Landesbank Baden-Württemberg.

(Foto: Foto: ddp)

Und davon kann sich der Markt für Pfandbriefe nun mal nicht abkoppeln. Seit der schnellen Rettung des Immobilienfinanzierers Hypo Real Estate (HRE) durch den Staat ist er noch einmal stärker in den Fokus gerückt.

Denn mit der Hilfsaktion wollten die Politiker ihn vor allem sichern. Der Markt für deutsche Pfandbriefe hat ein Volumen von etwa 900 Milliarden Euro und ist damit der größte der Welt. Banken, Versicherungen und Fonds sind investiert. Etwa 100 bis 150 Milliarden Euro stammen schätzungsweise von privaten Anlegern.

Kein geregelter Markt

Die HRE gehört mit einem Anteil von zehn Prozent zu den großen Spielern. Sie hat deutsche Pfandbriefe im Wert von mehr als 90 Milliarden Euro ausgegeben. Über ihre irische Tochter Depfa kommen noch einmal Papiere im Wert von 40 Milliarden Euro dazu. Der Zusammenbruch der Bank ist abgewendet, der Ernstfall nicht eingetreten.

Dennoch: Die Umsätze sind gering. An- und Verkaufspreise weichen stark voneinander ab. Ein geregelter Markt ist kaum möglich. "Im Moment geht nicht viel", sagt Andreas Beck, Chef des Münchner Instituts für Vermögensaufbau. "Wer Pfandbriefe hat, will sie nicht unter Wert verkaufen." Entscheidend für die Preisgestaltung ist der außerbörsliche Handel zwischen Banken und institutionellen Investoren. Und keiner will derzeit Abschläge in die Bücher aufnehmen.

Wenn man Pfandbriefe habe, sollte man sie behalten, rät Beck den Anlegern. Denn: Pfandbriefe gelten als besonders sicher. Es gibt sie seit mehr als hundert Jahren. Es gab noch nie einen Ausfall. Ein Pfandbrief muss großzügig durch Sicherheiten gedeckt sein und ist eine mit Hypotheken-, Schiffs- oder Staatskrediten unterlegte Anleihe.

Die Banken müssen bei der Herausgabe strenge Regularien befolgen. Öffentliche Pfandbriefe sind beispielsweise mit Staatsverbindlichkeiten hinterlegt, Hypotheken-Pfandbriefe mit Immobilien. Angesetzt sind dazu 60 Prozent des sogenannten Beleihungswertes.

"Zinsen werden weitergezahlt"

"Der wird aus dem Ertragswert der Substanz und dem Mietwert ermittelt", erklärt Burmeister. Fällt die Bank, die den Pfandbrief ausgegeben hat, aus, sind also in jedem Fall Werte vorhanden. "Die Zinsen werden weitergezahlt", sagt Claudia Vortmüller, Analystin bei der Commerzbank.

Das Geld dazu stammt aus den Einnahmen der Sicherheiten, etwa den Mieten der Immobilien. "Am Ende der Laufzeit bekommt der Anleger auch den Nominalbetrag zurück", erklärt die Analystin. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass die Deckungsmasse ausreichend Wert bietet. Ein Sachverwalter kümmert sich um die Interessen der Gläubiger.

Doch das ist alles Theorie, denn bisher ist noch kein Emittent pleite gegangen. Und die Politik will das auch unbedingt verhindern. Sie fürchtet einen Imageverlust des sicheren, deutschen Pfandbriefs. Daher auch der Eingriff bei der HRE. Die deutschen Pfandbriefe spielen bei der Refinanzierung der Banken eine wichtige Rolle. Sie gehören zu den Refinanzierungsmitteln, die noch am günstigsten sind.

Das Problem sei nur, wenn man der Bank misstraue, kaufe man auch den Pfandbrief nicht - egal wie sicher der sei, so ein Branchenkenner. In normalen Zeiten sind solche Überlegungen kein Thema, doch diese Zeiten sind nicht normal. "Jeder ist in Panik. Der Blick fürs Wesentliche fehlt", sagt ein Finanzfachmann. "Jeder kann in eine Krise geredet und geschrieben werden", sagt ein anderer. Auch der deutsche Pfandbrief.

© SZ vom 02.10.2008/hgn - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: